Sie sind hier

Abo

Festival du Film Français d'Helvétie

So viel Festival wie machbar

Bis gestern war unklar, wie sich die Coronakrise auf das Festival du Film Français d’Helvétie auswirkt. Nun steht aber fest: Die 16. Ausgabe des Filmfestivals soll im September in Biel stattfinden.

So voll dürfen die Säle in diesem Jahr nicht sein. © FFFH /Guillaume Perret

von Raphael Amstutz

Die Erleichterung ist Christian Kellenberger, dem Direktor des Festivals du Film Français d’Helvétie (FFFH), anzumerken. Das BT erreicht ihn per Skype in Frankreich, wo Kellenberger Filme visioniert und Menschen virtuell trifft, weil das Festival von Cannes, einer der wichtigsten Anlässe für das FFFH, abgesagt wurde. «Alles ist anders in diesem Jahr», so Kellenberger, der das FFFH seit seinen Anfängen vor 17 Jahren leitet und zu einem der grössten kulturellen Anlässe der Stadt Biel gemacht hat.

Seit Mitte März befinden sich die Verantwortlichen, wie praktisch alle Veranstalter von Festivals, im Ausnahmezustand. Kellenberger erinnert sich: «Wir wurden praktisch täglich mit neuen Fragen konfrontiert: Werden die Grenzen offen sein? Werden wir genügend Filme haben? Wann können wir Verträge abschliessen, neue Mitarbeiter engagieren? Und vor allem: Werden sich die Menschen unter diesen Umständen überhaupt auf ein Festival einlassen?»

Die Unsicherheit war ein ständiger Begleiter, die Planung so schwierig wie noch nie. Konzepte wurden geschrieben, nur um sie gleich wieder verwerfen zu müssen. «Eine enorm herausfordernde Zeit war es», sagt Kellenberger und schiebt im gleichen Atemzug hinterher: «Obwohl wir wissen, dass das Virus im September nicht verschwunden sein wird, sind wir positiv geblieben und haben die Hoffnung nie aufgegeben, im Herbst den Seeländerinnen und Seeländern unser Festival bieten können.» Selbstverständlich stehe aber die Gesundheit an oberster Stelle. «Für uns ist klar: Wir erzwingen nichts, wir riskieren nichts. Es gibt kein Festival um des Festivals willen.» Das heisst konkret: Die Ansteckungszahlen würden laufend beobachtet. «Wenn sich die Lage verschlechtert, werden wir das FFFH absagen», so Kellenberger.

Momentan allerdings sieht vieles erfreulich aus. Nach langen Gesprächen mit allen Beteiligten ist nämlich klar: Die Finanzierung steht, das Festival soll stattfinden. Um zusätzlich den Puls zu fühlen, haben Kellenberger und sein Team in den letzten Tagen eine Umfrage unter den über 200 Freundinnen und Freunden des Festivals durchgeführt. Das Resultat ist deutlich: 87,5 Prozent haben erklärt, dass sie das Festival besuchen wollen. Selbst wenn in den Sälen Maskenpflicht bestehen sollte, würden noch immer über 72 Prozent teilnehmen. «Für uns ist das ein wichtiges und starkes Zeichen», sagt der Direktor. «Trotz erschwerten Bedingungen, Unsicherheiten und Einschränkungen wünschen sich fast neun von zehn Befragten das Festival.»

Wie zu erwarten war, sind wegen der Coronakrise einige Veränderungen nötig. Das sind die vier wichtigsten.

Die Säle
Weil die Schutzmassnahmen es verlangen, Abstand zu halten, können nicht alle Sitze belegt werden. Um dennoch möglichst vielen Menschen Tickets anbieten zu können, kommt in diesem Jahr möglicherweise ein vierter Saal dazu. Die etwas mehr als 60 Vorstellungen würden also auf die beiden Säle im Rex und im Lido verteilt. Die rund 30 Filme sollen zum Teil zwei- oder gar dreimal gezeigt werden. Die Zahl der freiwilligen Mitarbeitenden wird erhöht, um die Sicherheitsmassnahmen in den Kinos (Eingang, Rückverfolgbarkeit, Platzierung) zu erfüllen. Die besetzten Sitzplätze liegen weit auseinander. «Wir rechnen mit einer Auslastung von rund 50 Prozent in allen Sälen», sagt Kellenberger.

Die Gäste
Natürlich lebt das FFFH von den Gästen – den Begegnungen und den Gesprächen mit den Regisseurinnen und Filmemachern aus der Schweiz und aus Frankreich. «Es scheint möglich, dass einige Filmschaffende nach Biel kommen werden», so Kellenberger. Die Festivalleitung sei sich allerdings bewusst, dass ab September die Dreharbeiten nach und nach wieder aufgenommen werden. «Das Ziel ist aber», sagt der Festivalchef, «jeden Tag mindestens ein Filmteam in den Kinos zu haben. Besonders schön in diesen schwierigen Zeiten wäre es natürlich, Gäste zu haben, zu denen wir bereits viele Jahr einen engen Kontakt haben.»

Die Podiumsgespräche
Untrennbar damit verknüpft sind die Podien. Hier werden zurzeit zwei Möglichkeiten diskutiert: Die erste besteht darin, dass Moderator Vincent Adatte die Gäste interviewt und die Gespräche live auf die Leinwand des Rex 1 projiziert werden. Bei der zweiten wird das Interview vorher aufgezeichnet und am Ende der Vorstellung eingespielt.

Die Finanzen
Zwangsläufig stellt sich die Frage nach den Finanzen. «Das FFFH kann auf seine Partner sowie auf die kommunalen und kantonalen Behörden zählen», sagt Kellenberger. «Wir sind dankbar, dass die überwiegende Mehrheit der Partner der Veranstaltung treu bleibt.» Die langjährigen Partnerschaften, die seriöse Arbeit, der gegenseitige Respekt – das alles zahle sich nun aus. Das Organisationskomitee habe zudem mehrere Massnahmen ergriffen, um das Budget auszugleichen. So wird das Programm ausnahmsweise nur online publiziert. Der Trailer wird in reduzierter Form erstellt. Der Eröffnungscocktail im Duo Club findet nicht statt, dasselbe gilt für alle Stehveranstaltungen mit mehr als 300 Personen. «Auch für die Transporte, Übernachtungen und die Verpflegung der Gäste fallen weniger Kosten an», so Kellenberger. Dank diesen Massnahmen könne das finanzielle Gleichgewicht gewahrt werden.

Kellenberger und seine Crew setzen auf ein Dreieck: So viel Festival wie machbar, so viele Schutzmassnahmen wie nötig, so wenig Risiko wie möglich. «Es muss für alle stimmen: für das Publikum, die Partner, die Gäste und die Mitarbeitenden», sagt der Festivalchef. «Es wird anders, aber es wird trotzdem ein FFFH sein. Wir bleiben unseren Werten treu.»

Info: Die 16. Ausgabe des Festival du Film Français d’Helvétie findet vom 16. bis 20. September statt. Gestartet wird am Mittwoch, 16. September, mit dem traditionellen Tag der Kinder und dem Voreröffnungsfilm, der parallel in zwei Sälen gezeigt wird. Alle Infos unter www.fffh.ch

Das Festival auf Reisen
Das Festival Offf im Bieler Farelbistro wird in diesem Jahr nicht stattfinden. Die meisten Workshops hätten in kleinen Räumen stattgefunden. Die Sitzplätze im grossen Saal sind nicht nummeriert, und mit dem gleichzeitigen Barbetrieb im Farelbistro wäre es unmöglich, die Namen aller Personen aufzunehmen, die das Gebäude betreten. Zudem sind viele Aktivitäten nur ohne Maske durchführbar (Make-up-Kurs, Schauspiel-Workshops, Virtual-Reality-Stationen mit Helmen). «Ein harter Schlag», so Kellenberger, «denn das Festival hat sich in kurzer Zeit etabliert und das diesjährige Programm stand bereits fest. Dieses wird aber zum Glück im nächsten Jahr durchgeführt.» Die Verantwortlichen haben stattdessen ein neues Projekt lanciert: «Das FFFH auf Reisen.» Konzipiert in Zusammenarbeit mit dem Forum für die Zweisprachigkeit, soll Schulen und einem breiteren Publikum die Möglichkeit geboten werden, das französischsprachige Filmschaffen kennenzulernen. Und so macht das FFFH von Mitte Oktober bis Mitte November während eines Monats siebenmal im Kanton Bern Halt (einmal auch in der Region; in Aarberg), zeigt 14 Filme – und setzt sich damit gleichzeitig für die Zweisprachigkeit ein. Hauptpartnerin ist die Berner Kantonalbank, die sich über ihren Förderfonds für eine Dauer von drei Jahren engagiert.

Info: So ist das FFFH auf Tour: Donnerstag, 15. Oktober, Aarberg, Kino Royal; Freitag, 16. Oktober, Bern, Cine Club; Freitag, 23. Oktober, Meiringen, Kino Meiringen; Donnerstag, 29. Oktober, Thun, Kino Rex, Saal 3; Freitag, 30. Oktober, Interlaken, Kino Rex; Montag, 2. November, Langnau, Kupferschmiede; Freitag, 6. November, Langenthal, Kino Scala 1.

Nachrichten zu Kultur »