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Kleine Betrachtung

Vertrauen in die Schöpfer des Legomännchens

Kanada und seine beiden Himmelsstürmer: Mehr als bloss cool. Ein Lego-Männchen und der Anspruch des Spielerischen. Wem die Zukunft der Erde gehören sollte.

Die Kamera filmte die kleine Figur mit der kanadischen Flagge in der Hand. Bild: zvg

Christophe Pochon

Ihre Altersgenossen werden sie als «cool» bezeichnen, aber dieses Wort wird Mathew Ho und Asad Muhammad nicht voll gerecht. Besser ist eine ganze Palette von Wörtern, die nicht undifferenziert an der Oberfläche eines Charakters kleben bleiben. Sie sind blitzgescheit, einfallsreich, geschickt als Bastler und Techniker, ausdauernd und mit einem gesunden Mass an Selbstvertrauen ausgestattet, ohne das es nicht geht. Sie sind kleine Improvisationsgenies.

Den beiden 17-jährigen Kanadiern aus Toronto ist zu gratulieren zu ihrer Meisterleistung. Die glücklicherweise doch inmitten all der traurigen und dramatischen Nachrichten über Kriege und Gewalttaten, Schiffskatastrophen und finanzielle Desaster weltweit Beachtung gefunden hat.

Die zwei Burschen haben ein Lego-Männchen mit einem selbstfabrizierten Gerät in eine die Erde umgebende Schicht der Atmosphäre geschickt, die keineswegs die unterste, nächstgelegene ist, sondern die zweitunterste und also für ein solches, mit einfachen Mitteln auszuführendes Vorhaben gewisse Ansprüche stellt. Sie katapultierten das Männchen in 24 Kilometer Höhe in die Stratosphäre, brachten es nach 97 Minuten Flug auch heil wieder zu Boden und bargen es höchstpersönlich selber.

Obwohl der Weltraum gemäss Definition erst in 80 bis 100 Kilometern Höhe beginnt, gilt ihre Aktion ehrenhalber zu Recht als Vorstoss ins All, ist das Lego-Männchen also ein Lego-Astronaut h.c. Einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde haben Mathew und Asad auf jeden Fall verdient.

Das Duo funktionierte wie die grosse Nasa samt Zulieferfirmen. Mathew Ho und Asad Muhammad hatten analog zu einer Raumsonde die verschiedensten Elemente zu kombinieren. Die Flugroute war zu bestimmen, die Navigation auszutüfteln, das Transportvehikel auszuwählen (ein Wetterballon, von der Mutter des einen genäht), die Frage des Antriebs zu klären, die geeigneten Instrumente auch zur Bilddokumentation zu platzieren, das Wetter zu berücksichtigen. Und die Kosten durften nicht explodieren (total unter 500 Franken), genau wie bei Planetenmissionen der US-Weltraumbehörde. Alles klappte zum Schluss wie am Schnürchen.

Übellaunige werden jetzt eine Kosten-Nutzen-Rechnung machen und fragen, was dieses Unternehmen der Menschheit bringe. Oder von einem billigen Werbegag für Lego sprechen. Das wäre ungerecht und kurzsichtig. Einen weiten Blick gab die Kamera frei, welche die kleine Figur mit der kanadischen Flagge in der Hand während des Flugs filmte: Die Erdkrümmung zeigte sich, die Kugelgestalt unseres Planeten war zu erraten. Und damit ist die Richtung angezeigt, in der sich die beiden Schüler entwickeln und ihren Beitrag in Forschung und Praxis leisten dürften: irgendwo in den Bereichen der Naturwissenschaften, der Mathematik, der Luftfahrt und/oder des Ingenieurwesens. Das sind Jungtalente, auf welche die Universitäten und Konzerne nun aufmerksam geworden sind.

Aber abgesehen von den ernsthaften professionellen Möglichkeiten für die beiden beinhaltet ihr Husarenstück noch eine andere Komponente: Es muss auch Spiel sein auf dieser Welt. Das spielerische Moment bei Fähigkeiten zu probieren und es auch zu geniessen: Das soll für Jugendliche möglich sein. Ihre Ausbildung darf nicht nur an kalter Wissenschaftlichkeit ausgerichtet sein, sondern benötigt auch die Emotion, das Herz. Braucht die Verspieltheit einen Überfluss an Gedanken, ohne beständig nach dem Ertrag zu fragen. Das darf so sein, macht das Leben erst richtig lebenswert.

Bezeichnenderweise haben Mathew und Asad Legomaterial für ihr Abenteuer verwendet. Lego: Das heisst für Buben und Mädchen Spiel, Spiel mit unerschöpflicher Phantasie. Unvergessen ist in eigener Erinnerung geblieben, wie ganze Legoställe mit Tieren gebaut und dazu die unglaublichsten Geschichten erfunden wurden. Der Spielzeugklassiker stammt aus Dänemark. Das Wort «Lego» leitet sich vom dänischen «Leg godt» - «spiel gut» ab. Generationen von Kindern haben gut gespielt.

Mathew und Asad verstärken die Zuversicht, dieser Planet habe trotz allen Problemen eine Zukunft. Habe sie dank vielen jungen Menschen wie ihnen.

 

 

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