Sie sind hier

Abo

Biel

Vielleicht musiziert das Orchester in der Halbzeitpause

Der FC Biel und das Theater Orchester Biel Solothurn spielen sich gegenseitig den Ball zu: Die beiden Institutionen gehen eine Kooperation ein. Sie wollen neues Publikum gewinnen – und die Region stärken.

Bassist und Fussballer, respektive umgekehrt: François Affolter, Innenverteidiger des FC Biel (links) und Witold Moniewski, Stimmführer Kontrabass des Sinfonieorchesters, haben die Arbeitsinstrumente getauscht.  zvg/joel schweizer
Tobias Graden
 
Dieter Kaegi schaut gerne ab und zu einen Fussballmatch. Wenn er im Tessin ist, besucht er oft die Heimspiele des FC Lugano. Bei Gelegenheit war er auch schon an Spielen des FC Basel, man findet ihn im Berner Wankdorf bei YB, früher war er auch auf der Tribüne beim FC Zürich anzutreffen. Kaegi würde sich zwar nicht als Fussballkenner bezeichnen, durchaus aber als Fussball-affin: «Ich bin keinem Team verpflichtet, aber gerne an den Spielen. Es ist ein spannender Sport, und ich mag die Atmosphäre im Stadion.» 
Es ist eine Aussage, die auf viele Fussballzuschauer zutrifft. Aber bei jemandem wie Kaegi würde man sie vielleicht nicht erwarten:Er ist Intendant und Operndirektor des Tobs, also von Theater Orchester Biel Solothurn.
 
Wichtig für die ganze Region
Aber darum geht es ja gerade bei dieser neuen Kooperation, bei der Tobs und der FCBiel zusammenspannen. Wobei, wenn man ehrlich ist, sagen muss, dass sich  bei Kaegis Pendant das genreüberschreitende Interesse bislang eher in gewissen Grenzen hielt: Ein Konzert des Sinfonieorchesters habe er «eigentlich noch nie» besucht, sagt Dietmar Faes, der Präsident des FC Biel, das Theater hat er letztmals «vor zwei oder drei Jahren» von innen gesehen, bei einer Aufführung der Liebhaberbühne. Faes sagt aber auch mit Nachdruck: «Es ist super für Biel, dass wir hier ein professionelles Theater und Orchester haben!»
Jedenfalls: Mit dem FC Biel und dem Tobs finden zwei Partner zusammen, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben – und die mutmasslich eine kleine Schnittmenge haben, was das Publikum betrifft. Und doch gibt es Gemeinsamkeiten. Faes spricht beispielsweise von der Bedeutung für die ganze Region und der Strahlkraft darüber hinaus, die beide Institutionen aufwiesen. Und Kaegi zitiert einen Ausspruch des früheren FC-Basel-Präsidenten Bernhard Heusler, der sagte: «Wir spielen nicht nur miteinander, sondern auch füreinander.» Das sei ein «tolles Leitmotiv für die Beteiligten in einer Kulturinstitution und in einem Sportklub», so Kaegi. 
 
Vorbild Werner Düggelin
Die Inspiration für die Zusammenarbeit kommt denn laut Kaegi auch aus Basel. Es war in den frühen 1970er-Jahren, als der FC Basel und das Theater Basel eine Kooperation eingingen, in der Ära des Trainers Helmut Benthaus respektive des Intendanten Werner Düggelin. «Diese Kooperation hat lange nachgewirkt», sagt Kaegi, «so etwas wollen wir im kleineren Rahmen in Biel versuchen.» Sport und Kultur würden gerade seitens der Politik bisweilen gegeneinander ausgespielt, dem gelte es entgegenzuwirken. Denn gerade die Pandemie hätten beide Sphären ähnliche Nöte gehabt: «Also können wir auch in vielen Bereichen am gleichen Strang ziehen.»
Ein erstes Treffen hat auf der Theaterbühne stattgefunden: Für das Shooting der ersten Sujets haben Innenverteidiger François Affolter und Witold Moniewski, Stimmfüher Bass im Orchester, spielerisch und mit sichtlich Spass an der Sache die Arbeitsgeräte getauscht. Die Sujets werden nun für eine gegenseitige Kampagne verwendet: Tobs wirbt in der Matchzeitung, der FC Biel im Programmheft. 
 
Eine Hymne für den FC Biel?
Als erstes konkretes Projekt wird es Gewinnspiele für die beiden Zuschauergruppen geben. Weitere Aktionen sind noch nicht spruchreif, doch an Ideen dürfte es nicht mangeln. «In den USA wird jedes wichtige Baseballspiel mit der Hymne oder einem populären klassischen Werk eröffnet», sagt Dieter Kaegi, «in solche Richtungen wollen wir denken.» Gut möglich also, dass dereinst an wichtigen Partien das Sinfonieorchester in der Halbzeitpause aufspielt. 
Heute Abend jedoch müssen beide Institutionen alleine auskommen, und das Publikum muss sich für Kongresshaus oder Fussballstadion entscheiden: Der FC Biel spielt seinen Cup-Viertelfinal gegen den FC Luzern, das Orchester widmet sich in seinem Abonnementskonzert unter anderem Werken aus Skandinavien. Vielleicht besucht Dietmar Faes zur Feier des Halbfinaleinzugs wieder mal das Theater? «Ich sträube mich nicht», sagt er, jedenfalls, «immer, wenn ich gegangen bin, hat es mir Freude gemacht.»

Nachrichten zu Kultur »