Sie sind hier

Abo

Übrigens

Wagen wir es, raus zu gehen

Ich weiss noch, wie sich die nasse, klebrige Haut eines wild Tanzenden anfühlt.

Hannah Frei, Redaktorin Region. Peter Samuel Jaggi
  • Dossier

Hannah Frei

Wie unschuldig eine innige Umarmung nach einer gewonnenen Partie Kubb sein kann. Wie das Getränk im Glas meiner Freunde geschmeckt hat. Wie wir in kleinstem Raum zusammensassen und das Geschehen auf der Bühne verfolgten, ohne uns zu sorgen, nicht genügend Sauerstoff abzubekommen. Wie die heisse Luft in der Bieler «Coupole» aufsteigt, sich an der Kuppel sammelt, abkühlt und kondensiert auf das Partyvolk niederrieselt.

Aber ich weiss nicht, wie rasch all dies für mich wieder zu etwas Selbstverständlichem werden kann. Innenräume wirken während der Pandemie noch enger, bedrückender, schwerer als sie es bei schönem Sommerwetter ohnehin schon tun. Und die Nähe zu Fremden betrachten wir immer noch skeptisch. Doch genau jetzt brauchen sie uns, die Sängerinnen, die Tänzer, die DJs, die Veranstalterinnen – diejenigen, die in diesen Tagen praktisch nach einem Jahr aus dem Wachkoma geweckt werden. Ich war bisher an keinem Konzert drinnen, kaum auf der Terrasse einer Bar, nur selten im Museum.

Nicht, weil ich ängstlich wär, sondern, weil die Abwesenheit von Veranstaltungen zur Gewohnheit wurde. Das ändert sich aber nun, und zwar rasch. Das Leben erhält wieder einen neuen Anstrich: wild, aufregend, reizvoll, warm. Nun liegt es an uns, die neue Farbe zuzulassen. Denn ein farbiges Leben gibt deutlich mehr her. Wir müssen ja nicht gleich ganz in den Farbtopf springen, aber können zumindest die Füsse darin baden. Ich denke, sobald uns die Musik, der Tanz, das Zusammensein an der Ferse packen kann, wird es uns ohnehin wieder tief in die Kulturwelt reinziehen. Gebt ihr die Möglichkeit, reicht ihr den Finger. Wagen wir es, gemeinsam.

 

Stichwörter: Kultur, Tanz

Nachrichten zu Kultur »