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Biel

Welkende und sich verwurzelnde Kunst

Kunst und Wurzelsuppen am Lagerfeuer, Yoga-Sessions und Performances im Wald – all das bietet die achte Land-Art-Woche zum Thema «Roots» – «Wurzeln». Ab heute wird performt, ab 31. August ausgestellt.

Ein Wurzelstrunk wie eine E-Guitarre: Fotograf Mike Wolff porträtiert Land-Art-Künstler wie hier den Südkoreaner Eung Woo Ri, der in Biel einen traditionellen Steinturm hinterliess. Bild: Mike Wolff/zvg

Clara Gauthey

Kardo Kosta, Vater aller sieben bisher geschlagenen Land-Art-Schlachten in Biel, wird heute Abend zum achten und wohl letzten Mal in dieser Art seine experimentelle Laboratoriums-Woche mit «Naturkunst» eröffnen. Auf dem Programm steht zum Auftakt sein «Initiations-Ritual» als Performance im Bözinger Wald. Auf dem Platz beim Forsthaus der Burgergemeinde Bözingen, oberhalb des Tierparks, werden einerseits Baumwurzeln sichtbar gemacht werden, vor allem aber menschliche Wurzeln im Sinne unterschiedlicher Herkunft.

Babylonisches
Sprach-Wirrwarr zum Auftakt

Die Kommunikationsverantwortliche Marisa Costa-Ripa präzisiert: «Menschen aus verschiedenen Ländern werden Kinderlieder vortragen, um ihre vielschichtigen Vernetzungen in der Welt zu versinnbildlichen.» Italienisch, französisch, brasilianisch, schweizerdeutsch und indisch würden erklingen und sich von einem babylonischen Sprachen-Wirrwarr im Sternenmarsch wieder zu einzelnen Stimmen entwirren.

Wie in jedem Jahr wird es unabhängig vom Wetter die ganze Woche Programm geben – der Tag beginnt um 6 Uhr mit dem indischen Tänzer Vikram Mohan, der seine Yoga-Sessions auf Englisch geben wird. Im Tagesverlauf machen sich dann die Künstlerinnen und Künstler an die Arbeit, um eine Ausstellung aus Natur-Materialien in der sie umgebenden Natur zu installieren, die am Samstag, 31. August, eröffnet wird.

Nach vollbrachter Arbeit ruft der Choreograph, Performer und Filmemacher Vikram aus Neu-Dehli dann um 17 Uhr zur «Meditation im Wald», bevor es zum Abendessen geht. Bei ganz fiesem Regen trifft sich die Mannschaft internationaler Land-Art-Künstler in der Forsthütte, geschlafen wird im Zelt. Und im Schummerlicht trifft man sich schliesslich zu Musik und Tanz und je nachdem einer Wurzelsuppe des Food Performers Andy Hagen am Lagerfeuer, um im Sinne des Welt- und Waldfriedens miteinander anzustossen.

So schön kann Land-Art sein. Gäste sind willkommen, geboten wird sogar ein Shuttle-Service hoch zum Ort des Geschehens. Täglich jeweils um 10 und um 18 Uhr chauffiert Marisa Costa-Ripa Interessierte vom 26. bis 30. August den Berg hinauf, Treffpunkt ist die Solothurnstrasse 79 beziehungsweise die Station «Zollhaus» der Buslinie 2. Morgennachmittag wird es dann eine Labyrinth-Performance der besonderen Art geben, während derer sich die in Biel lebende Brasilianerin Manom aus ihrem sich immer weiter auflösenden Häkelkleid schält, beziehungsweise tanzen wird. Am Abend dann brutzeln «Deep Roots on the Fire» und zu Perkussionen aller Art (Miariana Marin) bewegt sich Profi-Tänzerin Nica Berndt Caccivio.

Der Mittwoch steht im Zeichen der sich treffenden Künstler selbst, sie werden sich im Wald zu einer Photosession mit Mike Wolff treffen, der sie für eine Buchpublikation zur Land-Art ablichten wird. Dafür entstand auch das zu diesem Artikel gezeigte Porträt des südkoreanischen Künstlers Eung Woo Ri, der ebenfalls bereits ein Kunstwerk aus Steinen in Biel hinterlassen hat. Am Donnerstag gibt es zwei weitere Performances, bevor am Freitag alle noch einmal für die «Künstlernacht» und ein buntes Programm (siehe Infobox) zusammenkommen, um sich auf die bevorstehende Vernissage am Samstag einzustimmen.

Neues Ausstellungs-Konzept 
ab 2021

Und dann? Wird diese Land-Art Biel Bienne wohl die letzte in dieser Form gewesen sein? Die Werke in der Natur werden sich wahlweise ent- oder verwurzeln oder vom Wind zerstreut werden. Danach wird sich der Verein neu ausrichten und seine Treffen nur noch alle zwei Jahre abhalten. Ab 2021 will die bis anhin stetig gewachsene Land-Art-Ausstellung als «LandArtBB Biennale» ins Rennen gehen, wobei der Austragungsort variieren wird. Kann sein, dass man dann die Künstler am Ufer des Bielersees antreffen wird – oder sonstwo in der Schweiz. Ausserdem soll zu jeder Biennale eine andere Nation eingeladen werden, die dann besondere Aufmerksamkeit erhält. Alles frei nach dem aztekischen Sprichwort: «Nichts ist für immer auf dieser Erde».

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