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Literatur

Weltbetrachtung per Teleskop

Fast 40 Jahre lebte Friedrich Dürrenmatt (1921–1990) in Neuenburg und blieb dabei auf Distanz zu seinem Wohnort. In der Villa des Autors residiert heute das Centre Dürrenmatt, das eine Gedenkfeier zum 25. Todestag des Dichters von Weltrang ausrichtet.

  • 1/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 2/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 3/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 4/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 5/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 6/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 7/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 8/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 9/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 10/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 11/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 12/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 13/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 14/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
  • 15/15 Sammlung Centre Dürrenmatt Neuchâtel. Bild: cnd/schweizerische eidgenossenschaft/zvg
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von Alice Henkes

«Schon das erste Mädchen, in das ich mich verliebte, kam aus Neuchâtel. Es hiess Claudine, oder vielleicht ganz anders, und war schön.» Mit launigen Worten leitet Friedrich Dürrenmatt den Text «Vallon de l’Ermitage» ein, in dem er seine Beziehung zu Neuchâtel untersucht, dem Ort, an dem er fast 40 Jahre lebte und der ihm und dem er, der Berner Autor mit Weltgeltung, doch immer fremd bleiben sollte. Wenn Autoren über sich, ihr inneres Leben, ihr Denken und Fühlen schreiben, ist grundsätzlich Vorsicht angebracht, denn wer sein Brot verdient, indem er Welten aus Wörtern erbauen und die Wirklichkeit mit Begriffen sezieren kann, der äussert sich nicht unbedacht, wenn es ums eigene Eingemachte geht. Erst recht nicht einer wie Dürrenmatt, der es wohl verstand, sich hinter augenzwinkernder Gemütlichkeit vor den Zudringlichkeiten der Aussenwelt zu schützen.

Per Fernrohr zu Sport und Familie

Wer nach dem Rundgang durch die Ausstellung auf die Terrasse hinaustritt – und das sollten Besucher des Centre Dürrenmatt, egal bei welcher Witterung, unbedingt tun – der ahnt, dass es wohl weniger einer Claudine oder irgendeiner anderen hübschen Kindheitserinnerung zu verdanken war, dass Dürrenmatt 1952 die schlichte weisse Villa über dem Vallon de l‘Ermitage kaufte und bezog. Der Ausblick über Neuchâtel, den See, die Landschaft ist grandios. Ein Anblick, bei dem die Brust sich weitet und die Sinne sich öffnen. Dürrenmatt soll von seiner Terrasse aus mit einem Teleskop die Spiele im Stadion La Maladière mitverfolgt haben. Auch das ist eine der vielen heiteren Legenden, die der berühmte Autor und Theaterdichter über sich selbst ausgestreut hat.

Von dem gleichen Fernrohr, mit dem er die Fussballspiele im Stadion mit angesehen haben will, erzählt Dürrenmatt in «Vallon de l’Ermitage» er könne damit bis nach Guggisberg schauen, woher seine Vorfahren kamen. Friedrich Dürrenmatt verbrachte seine Kindheit in Konolfingen, seine Jugend in Bern. Früh wusste er, dass er Schriftsteller werden wollte. Das Studium der Literatur und der Philosophie brach er nach einigen Semestern ab. Früh hatte er Erfolg. Die Uraufführung seines ersten Stücks «Es steht geschrieben» 1947 am Schaupielhaus Zürich mündete in einem veritablen Theaterskandal, der Dürrenmatt schlagartig bekannt machte. Ein Jahr später zog Dürrenmatt an den Bielersee nach Ligerz. Nur wenige Jahre später zog er noch einen See weiter nach Westen.

Höfliche Distanz

In Neuchâtel, in der heiter-weissen Villa hoch über der Stadt, schrieb Dürrenmatt seine Komödien mit Widerhaken, die ihn zu einer gewichtigen Stimme in der deutschsprachigen Literatur- und Theaterlandschaft wachsen liessen. Stücke wie «Der Besuch der alten Dame» und «Die Physiker» sind heute moderne Klassiker. 1962 galt Dürrenmatt als meistgespielter Autor auf deutschsprachigen Bühnen. In seinem Schreib-Refugium über dem Neuenburgersee ging er indes auf Distanz – zur deutschsprachigen Theaterwelt, aber auch zum selbst gewählten Wohnort, den er stets Neuchâtel nannte. «Könnte ich ‹Neuenburg› sagen, hätte ich die Stadt akzeptiert, aber als ‹Neuchâtel› halte ich sie höflich auf Distanz», notierte Dürrenmatt in «Vallon de l’Ermitage». Und da darf man ihn denn wohl doch beim Wort nehmen.

Inszenierungen: «Der Besuch der alten Dame» ist aktuellim Theater Orchester Biel Solothurn und im Schauspielhaus Zürich zu sehen. Infos: www.tobs.ch und www.schauspielhaus.ch

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Aktuelle Anlässe

Gedenkfeier im Centre Dürrenmatt.11 Uhr: «Salon Dürrenmatt» (auf Französisch) Diskussionsveranstaltung.

14 Uhr: «Balladen zum Nachdenken», Konzert mit Ruth Dürrenmatt und Femmusicale (Brigitte Sahi: Cello, Patrizio Mazzola: Klavier). Ruth Dürrenmatt ist Komponistin, Opernsängerin, Malerin und Autorin. Sie ist die jüngste Tochter von Lotti und Friedrich Dürrenmatt.

Sonntag, 13. Dezember, Centre Dürrenmatt. www.cdn.ch

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