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Biel/Grenchen

Wenn der
 Dschungel rockt

Das Dschungelbuch besucht die Region. Grosse und kleine Kinder tauchen ein in die abenteuerliche Welt von Mogli, Balu und Kaa. Dabei lernen sie viel über Freundschaft und Vertrauen.

Mogli und
 seine Freunde kennt jede. Was sie singen aber nicht. Bild: zvg
  • Dossier

Vera Urweider

«Probier’s mal ... mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit ...», oder gleich mit ganz anderen Songs. Denn das Bochumer Musical-Theater «Liberi» interpretiert Märchenklassiker ganz neu. Das heisst, die Grundgeschichte bleibt zwar, die Figuren auch, aber wie beispielsweise in der aktuellen Produktion des Dschungelbuchs wird Bär Balu seinen weltberühmten Hit aus der Disneyadaption nicht zum Besten geben. Er und die anderen Dschungeltiere singen in der Familienmusicalversion ganz neue, eigens komponierte Songs und tanzen sich durch ihr Abenteuer.

Doch warum sucht das Theater Liberi nach neuen Wegen und bleibt musikalisch nicht am altbekannten Disneyklassiker? «Wir inszenieren die Geschichte von A bis Z selbst. Also nicht nur die Musik, sondern auch das Bühnenbild, die Kostüme und das Skript», so Tamina Reiff von der Musicalproduktion. «Dadurch können wir die Geschichte ganz nach unseren Wünschen und Vorstellungen interpretieren und auf die Bühne bringen. Der Film ist nun auch schon 60 Jahre alt, es wurde also Zeit, das Dschungelbuch ins Heute zu holen.»

Doch keine Angst! Der Kern bleibe derselbe, so Reiff weiter. Das Schöne an Kinderbuchklassikern sei ja, dass Motive und Botschaften über Generationen bestehen blieben. Namentlich im Dschungelbuch sind dies Freundschaft, Zugehörigkeit, innere Zerrissenheit. Grosse Gefühle, die der kleine Mogli kennenlernen muss. «Das ist bei uns genauso deutlich da wie im Original, aber Sprache und Musik sind im Hier und Jetzt.»

Umso älter ist dafür der Name des Musicaltheaters. «Liberi» – ist Lateinisch und bedeutet «Kinder». Bei der Gründung 2008 war dies auch der Grundgedanke: Theater für Kinder. «Wir wollten Kinder an das Theatererlebnis heranführen, ihnen einen Einstieg in die Bühnenwelt bieten, der sie auf Augenhöhe abholt und sie trotzdem für voll nimmt», so Reiff wieder. Doch auch Liberi ist gewachsen und der Anspruch entstand, dass ihre Musicals auch für erwachsene Augen spannend bleiben.

Morgen wird das Musical im Parktheater in Grenchen aufgeführt, am Samstag dann im Bieler Kongresshaus. Mit dabei sein wird Anna Lucy Dekker. Sie ist eine Schlange. Nicht irgendeine. Sie ist Kaa. Die junge Deutsch-Holländerin stand im Alter von neun Jahren zum ersten Mal auf einer Theaterbühne und verliebte sich in die Welt des Schauspiels. In ihrer ersten grossen Musicalproduktion spielt sie neben Kaa noch drei weitere bekannte Dschungelbuchcharaktere. Im Interview erzählt sie, wie das alles zusammen geht. 

 

Anna Lucy Dekker, Sie spielen Dschungelbuchs Hypnoseschlange Kaa. Ein Tier ohne Beine und ohne Arme. Wie macht man das als Mensch?

Anna Lucy Dekker: (lacht) Ich krieche natürlich nicht am Boden herum. Aber durch mein fantastisch designtes Kostüm, ich habe einen unfassbar langen Schwanz, als eigentlichen Teil des Schlangenkörpers, braucht es das auch gar nicht. Und dazu kommen noch elegante Bewegungen und schon ist die Illusion einer Schlange geschaffen.

 

Sie nennen es nun selber «Illusion einer Schlange» – wie sind die Reaktionen der Kinder im Publikum? Sagen sie Dinge wie «eine Schlange hat doch gar keine Beine!»?

Ich würde jetzt mal behaupten, dass die Kinder tatsächlich so sehr in der Geschichte drin sind, dass das für sie keine Rolle spielt, dass meine Version der Kaa Beine und Arme hat. Eher sogar im Gegenteil. Was ich mitbekommen: Wenn ich auftrete, sind sie jeweils sehr gespannt und machen schon zischende Schlangengeräusche. Sie erkennen die Schlange wirklich direkt.

 

Sie spielen neben der Schlange Kaa auch noch drei weitere Figuren, den Wolfsrudelanführer Akela, einen Geier und einen Affen. Das sind doch sehr unterschiedliche Figuren. Wie ist das, immer zwischen den Rollen zu switchen? Kostümtechnisch wohl nicht ganz einfach?

Es kann schon sehr hektisch werden hinter der Bühne, mit dem schnellen Kostümtausch und Make-Up-Wechsel, was die ganze Sache aber auch umso spannender macht.

 

Und wie ist es spielerisch? Ist man denn immer sofort und voll und ganz in der jeweiligen Figur drin?

Ich bin tatsächlich in den jeweiligen Figuren immer sofort voll drin... Was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass es Tiere sind. Weil man jeweils direkt eine andere, zu dem jeweiligen Tier passende, Körpersprache annimmt, eine jeweils andere Körperhaltung. Dadurch fällt es, mir persönlich, sehr leicht, schnell in die Rollen rein zu kommen.

 

Wie sehr unterstützt hier das jeweilige Kostüm, um sich wieder in der anderen Figur zu Hause zu fühlen?

Klar, die Kostüme tragen natürlich auch noch sehr viel dazu bei, das stimmt.

 

Für Sie ist das «Dschungelbuch» die erste grössere Tournee, Sie haben mit 20 Jahren die Musicalausbildung 2018 angefangen und also noch gar nicht so lange abgeschlossen. Wie empfinden Sie dieses Abenteuer? Ist es das, was Sie sich erträumt hatten, als Sie die Ausbildung angefangen hatten?

Ich bin unfassbar dankbar, dass ich mit dem «Dschungelbuch – das Musical» auf diese grosse Tournee gehen darf. Dankbar, da es mein allererstes professionelles Musical ist. Und es macht mich auch etwas stolz, dass man mir das so früh zutraut.

 

Über Generationen sind wohl fast alle Kinder dem Dschungelbuch in irgendeiner Form begegnet – sind auch Sie mit diesem Dschungelabenteuer aufgewachsen?

Ich bin mit dem Dschungelbuch in vielerlei Hinsicht aufgewachsen. Den Disneyfilm hab ich als Kind regelrecht inhaliert!

 

Und was sind die anderen Hinsichten?

Es ist tatsächlich gar nicht meine erste Dschungelbuch-Produktion. Ich stand auch schon in jungen Jahren mit einer Version des Dschungelbuchs auf der Bühne und nun folgt wieder eine ganz neue Inszenierung.

 

Und wie war das im Vergleich zu heute? Beziehungsweise, wie ist es heute für Sie, Teil dieser uralten Dschungelgeschichte zu sein?

Da ich eben schon so früh mit dem Dschungelbuch auf der Bühne stand, freut es mich jetzt natürlich umso mehr, mit meiner ersten professionellen Grossproduktion, meinen heutigen Hauptberuf mit dem Dschungelbuch ausüben und in verschiedensten Charakteren auf der Bühne stehe zu dürfen.

Info: Dschungelbuch – das Musical. Morgen, 17 Uhr, im Parktheater Grenchen. Samstag, 15 Uhr, im Kongresshaus Biel. Weitere Infos und Tickets unter www.theater-liberi.de

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