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Bieler Filmpodium

Wenn ich es nur "richtig" mache

Die nächsten vier Wochen im Bieler Filmpodium gehören dem italienischen Film. Altbekannte treffen auf Neulinge – und ein Mädchen versucht, ihre Eltern wieder zusammenzubringen.

Leichtigkeit für einen Moment: Alma ist für einmal einfach eine unbeschwerte Jugendliche.

von Raphael Amstutz

Magisches Denken. Zum Beispiel so: Wenn ich einen Becher Urin trinke, werden meine Eltern wieder zusammenkommen.

Alma denkt so – und tut es auch. Die Situation ist kompliziert: Sie lebt mit ihren zwei Brüdern bei ihrer Mutter und ihrem Freund in Paris. Ihr Vater ist in Rom und versucht mit zunehmender Verzweiflung, ein Drehbuch zu schreiben.
Dass er eine Geliebte hat und ihre Mutter schwanger ist, dass er ein Freigeist ist mit einigem Wankelmut und sie streng religiös und angetan von starren Regeln, dass sie nach Kanada auswandern will und ihm davon nichts sagt, macht alles noch vertrackter.

Die Kinder schauen verwundert auf die Launen der Erwachsenen, denen sie praktisch schutzlos ausgeliefert sind und so versuchen die drei während der Ferien in Rom, ihren eigenen Weg zu finden. Gleichzeitig … Genau: der Becher mit Urin. Dieser starke Wunsch von Alma, dass alles wieder gut wird – sich die Eltern also wieder versöhnen werden, wenn ich es nur «richtig» mache, wenn ich nur «richtig» bin.

«Tutti insieme – Magari» das solide Regiedebüt von Ginevra Elkann ist der dritte Film, der im Zyklus Cinema italiano im Bieler Filmpodium zu sehen sein wird. Eine Filmreihe, die traditionell in Zusammenarbeit mit Made in Italy und Cinélibre entsteht. Es ist der Verdienst des Kinos an der Seevorstadt, dass das italienische Filmschaffen hier in der Region seinen fixen Platz bekommt und nicht vergessen geht. Immer im Oktober ermöglicht der Zyklus einen thematisch breiten Überblick über die Produktion in unserem südlichen Nachbarland, zeigt Altbekannte (in diesem Jahr zum Beispiel Roberto Benigni in «Pinocchio») und macht Entdeckungen möglich (zum Beispiel «Palazzo di giustizia» von Chiara Bellosi).

Zurück zu «Tutti insieme»: In den Ferien in Italien spitzt sich die Situation zu – Tiere sterben, Menschen kommen ins Krankenhaus, es wird gestritten und geschrien. Und Alma kommt zu einer wichtigen Erkenntnis.

Die Filme in der Übersicht

25. September bis 3. Oktober:
· «Pinocchio»
Die Neuverfilmung der Kultgeschichte aus Italien, mit Roberto Benigni in der Hauptrolle.

26. September bis 5. Oktober:
· «Cittadini del mondo»
Drei Rentner aus Rom planen den Wegzug aus Italien. Doch das ist einfacher gesagt als getan.

27. September bis 10. Oktober:
· «Tutti insieme – Magari»
Eine Patchworkfamilie mit all den damit verbundenen Herausforderungen (siehe Haupttext).

4. bis 12. Oktober:
· «Palazzo di giustizia»
Der Blick auf den Alltag in einem grossen Gericht in Italien. Drinnen finden komplizierte Prozesse statt, draussen warten die Familien der Opfer und Angeklagten.

9. bis 23. Oktober:
· «Favolacce»
Das Leben in einer Vorstadtsiedlung von Rom. Grosse und kleine Dramen spielen sich dort ab. Eines Tages kommt es, auch aufgrund der sengenden Hitze, zur Explosion.

16. bis 26. Oktober:
· «Il colpo del cane»
Zwei Freundinnen verdienen mit Hundesitting etwas Geld. Als sie im Park von einem vermeintlichen Tierarzt angesprochen werden, geraten die Dinge aus dem Ruder.

· 18. bis 27. Oktober:
«Bangla»
Phaim, ein junger Muslim, schlägt sich in Rom durch. Eigentlich müsste er eine Inderin heiraten, doch dann verliebt er sich in Asia, eine Frau aus einer wilden Künstlerfamilie.

19. bis 27. Oktober:
· «La scomparsa di mia madre»
Benedetta Barzini war Model, Muse von Andy Warhol und später scharfzüngige Kritikerin der Modebranche. Mit 75 Jahren will sie sich zurückziehen. Doch ihr Sohn will eine Doku drehen.

Info: Mehr zu den Filmen und die Spielzeiten unter www.filmpodiumbiel.ch

Was sonst noch läuft

Ausserdem finden in den nächsten Wochen auch diese drei Anlässe im Filmpodium statt.

25. September bis 6. Oktober:
Auf «vielseitigen Wunsch», wie das Filmpodium mitteilt, wird der Schweizer Dokumentarfilm «Zwischenwelten», der von der Arbeit der Heilerinnen und Heilern im Appenzellischen und ihrer Sicht auf die Welt und die Gesundheit berichtet, noch fünfmal gezeigt.

4. bis 18. Oktober:
In Zusammenarbeit mit dem Kunstverein Biel ist ein eindrückliches Porträt von Christoph Schlingensief («Schlingensief – in das Schweigen hineinschreien») zu sehen.

20. Oktober:
Wiedersehen mit «Hors normes», der den Umgang mit psychisch kranken Menschen hinterfragt. In Zusammenarbeit mit dem Verein Autismus Bern.

Sterbende Olivenbäume

Am 11., 12. und 18. Oktober (10.30 Uhr und zweimal 18 Uhr) gibt es innerhalb des Zyklus’ einen einheimischen Blick auf Italien («Regard suisse sur l’Italie»). Auf dem Programm steht das dokumentarische Werk «Spiel mir das Lied vomOlivenbaum» des in Biel lebenden Journalisten und Filmemachers René Worni (das BT berichtete im April mit einer Titelgeschichte). Worni zeigt, wie eine ökologische Katastrophe die bis zu 1000-jährigen Olivenbäume ganz im Süden von Italien sterben lässt. Wie konnte es so weit kommen? Wer trägt die Schuld?Und ist noch etwas zu retten? Diesen Fragen geht derFilm, der Beklemmung auslöst, nach. Damit anschliessend ein direkter Austausch entstehen kann, wird Worni bei den Vorstellungen anwesend sein.
 

Stichwörter: Bieler Filmpodium

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