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Sonceboz

Zweites Leben für einen ausgedienten Bunker

Ehemalige militärische Verteidigungsanlagen werden zunehmend in Museen umgewandelt. Auch das Fort von Vignerolle oberhalb von Sonceboz soll für ein historisches Projekt genutzt werden. Dafür haben die Behörden der Militärhistorischen Gesellschaft Biel-Seeland grünes Licht gegeben.

  • 1/5 Sichtbar sind in Sonceboz nur die Eingänge der Bunker. Unterirdisch sind sie durch ein weitverzeigtes Netz aus Tunneln und Räumen verbunden. Auch die Panzersperre datiert aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Bilder: Sarah Bittel
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Alicia Richon/pl

Die Militärhistorische Gesellschaft Biel-Seeland will das stillgelegte Fort von La Vignerolle oberhalb von Sonceboz in ein Museum umwandeln. Das Vorhaben kommt gut voran. Ende Januar gab der Gemeinderat von Sonceboz grünes Licht und stellt die Bunkeranlage kostenlos für das historische Projekt zur Verfügung. Die Initiatoren möchten darin Ausrüstungen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges ausstellen. Als Grundlage dafür dient das damalige Konzept «Armee 61» mit seiner Organisation und seinen Festungsbauten.

Vom Bunker zum Museum

Der 41-jährige Marc Balmer ist einer der Gründer des Museumsprojekts. Der ehemalige Generalstabsoffizier hat viele Jahre  bei der Armee gedient und kennt sich demgemäss in Fragen der technischen Ausstattung gut aus. Besuche anderer militärischer Befestigungsanlagen und Anregungen von Bekannten, die in militärhistorischen Vereinen aktiv sind, bestärkten Balmer in seinem Willen, den Bunker von Vignerolle wieder für Publikumsführungen herzurichten.

Vor anderthalb Jahren wurde das Projekt aufgegleist. Mit der Nutzungsgenehmigung durch die Standortgemeinde ist eine erste Etappe erreicht. Nun gilt es, beim Kanton Bern die Anerkennung als Kulturinstitution zu erwirken. Je nach Einstufung durch die Behörden könnte das Museum mit kantonaler Unterstützung rechnen.  Danach müssen die verschiedenen Baubewilligungen eingeholt werden, die zur Herrichtung der Anlage notwendig sind. Später muss mit der Gemeinde über die Nutzung des Geländes vor dem Bunker verhandelt werden. Die Weide ist nämlich ein beliebter Picknickplatz. Für Marc Balmer steht heute schon fest: Auch nach der Eröffnung des Museums, die spätestens im Frühling 2017 stattfinden soll, bleibt der bisherige Rastplatz erhalten. «Die Möglichkeit, eine gesellige Mahlzeit in freier Natur einzunehmen, lässt sich gut mit dem Museumsbesuch kombinieren», sagt Balmer. Die Führung durch das militärische Baudenkmal werden Freiwillige aus dem Verein oder aus der Region übernehmen.

Stahlbeton wird Besuchermagnet

Überall in der Schweiz werden ausgediente Verteidigungsanlagen zu Museen umgebaut. Seit Jahren verkauft die Armee ihre Bunker zu Schleuderpreisen. So konnte der 2010 gegründete Verein zum Erhalt des Forts von Frinvillier das umfangreiche militärische Baudenkmal in gutem baulichem Zustand für rund 8000 Franken kaufen.  Das Festungswerk steht an der Autobahn A16 und soll künftig dem Publikum enthüllen, wie es während des Zweiten Weltkriegs in den hochgeheimen Kavernen der Landesverteidigung zu und herging (es stand im BT). Dabei ist die Verteidigungsanlage von Frivillier nur eine von 200 Festungen im Jurabogen. Weitere Bollwerke in privater Hand finden sich bei Delémont (Soyhières und Les Rangiers). Auch im Kanton Neuenburg stehen noch unzählige militärische Bunkeranlagen.

Tausende Militäranlagen

Claude Jeanbourquin, der Präsident des Vereins von Frinvillier schätzt die Zahl der militärischen Baudenkmäler in der Schweiz auf mehrere Tausend. Die kleineren Anlagen dienen heute als Museen; einige grössere Bauwerke wurden in Hotels umgewandelt. Ein besonders gelungenes Beispiel ist das Vierstern-Hotel La Claustra in der Gotthardregion.  Das grösste Schweizer Festungsgebäude liegt übrigens in Beatenberg: Die Besatzung betrug 600 Personen.

Armeematerial entdecken

Die Stiftung Historisches Material der Schweizer Armee betreibt die systematische Sammlung des historischen Armeematerials.
Die Sammlungen sind auf die Standorte Bern, Thun und Burgdorf aufgeteilt. Geführte Besichtigungen werden auf Anfrage durchgeführt. In Burgdorf finden sich rund 600 historische Fahrzeuge, in Thun Uniformen sowie Artilleriegeschütze, in Bern in der ehemaligen Eidgenössischen Militärpferdeanstalt sind Fuhrwerke und Geschirre ausgestellt. ari/pl

Link: www.stiftung-ham.ch

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Ein 80 Kiloschweres Ding

La Heutte War es ein Katapult? Ein Folter-instrument? Ein Gewicht-stein? Der behauene Stein, der in La Heutte gefunden wurde, stellt Fachleute vor ein Rätsel.

Lotti Teuscher

Die Fakten sind rasch erklärt: Der Gegenstand ist aus gelbem Jurastein, er ist behauen, symmetrisch, etwa 80 Kilogramm schwer, gut einen halben Meter lang, er hat links und rechts je einen Griff und wurde auf dem Dachboden eines Restaurants gefunden.

Dies ist das gesicherte Wissen über den Stein, den Gartenbauer Heinz Peter in La Heutte entdeckt hat. Seither fragt sich Peter: Wozu diente dieser Stein?

Die Mitarbeiterin des Neuen Museum Biel (NMB) muss passen: Sie kann den Gegenstand partout nicht einordnen. «Ein solcher Stein ist mir nie begegnet. Und auch aus der Literatur kann ich mich nicht erinnern, so etwas gesehen zu haben» sagt Bernard A. Schüle, Leiter Objektzentrum und Kurator am Schweizerischen Nationalmuseum, auf Anfrage des «Bieler Tagblatt».

«Ein tolles Stück!»

Begeistert vom Fund ist die Historikerin Margrit Wick-Werder: «Gewaltig! Ein tolles Stück! Noch nie gesehen», sagt die Bielerin. «Spontan denke ich an das Steinstossen.» Der Unspunnenstein wiegt 83,5 Kilogramm, was in etwa dem Gewicht des Fundes aus La Heutte entspricht. Steinstossen war auch in der alten Eidgenossenschaft sehr beliebt und wurde bei jeder sich bietenden Gelegenheit ausgeübt.

Trotzdem könne die These, der Stein sei ein altertümliches Sportgerät, nicht bestehen, so Wick-Werder weiter: «Zum Steinstossen wurden immer grosse oval-runde Natursteine ohne Bearbeitung benutzt und schon gar nicht Steine mit seltsamen Griffen.» Denn die Steine wurden über die Schulter gestossen und nicht aus der Hocke geworfen.

Als zweite und plausiblere Möglichkeit erinnert der Gegenstand Wick-Werder an einen Gewichtsstein, zum Beispiel zum Wägen von schweren Gütern wie Eisen. Diese These scheint sinnvoll, da im Jura während Jahrhunderten Eisenerz abgebaut wurde. Margrit Wick-Werder erinnert deshalb an die Erzwaage aus Olbernhau (DE) im Erzgebirge: An einer Art Galgen waren Ketten mit Plattformen befestigt. Auf die eine Plattform wurde das Gewicht gelegt, auf die andere wurden Erzbarren geschichtet, bis sich beide Plattformen die Waage hielten und somit gleich schwer waren. Gegen diese Theorie spricht die ovalrunde Form des Steins: Hätte man ihn als Gewicht zum Wägen benutzt, wäre er davongerollt, sobald sich die Plattform neigte.

Heimatforscher und Heimwehbieler Hannes Hübner stellt gleich mehrere Theorien auf. Als Erstes überlegt er, ob der Brocken Munition für ein Katapult war: «Vielleicht dienten die Kerben als Führungsrille für ein Tribock-Katapult?» Doch diese These verwirft er gleich wieder: «Eher nicht, meist wurden runde Geschosse benutzt, ausserdem waren diese um die 30 Kilo schwer.» Doch ganz mag Hübner die Waffenthese nicht fallen lassen: «Möglicherweise wurde der Stein als Gegengewicht für Bliden oder andere Katapulte benutzt.»

Unabhängig von Historikerin Wick-Werder prüft auch Hübner die Waage-Theorie: Der Stein ist schwer; Griffe erleichtern den Transport. Dagegen spreche: «Eigentlich ist der Stein mit 80 Kilo sinnlos schwer, da bei den gebräuchlichen Balkenwaagen wegen der Hebelkräfte keine so grossen Gegengewichte benutzt werden mussten.»

Und dennoch, so rätselt Hübner, könnte der Stein benutzt worden sein, um Abgaben der Bauern an die Obrigkeit zu wägen. Dies im Sinne von: «Ein Mehl- oder Getreidesack musste so schwer wie dieser Stein sein.»

Ein Folterstein?

Die nächste These, die Hübner aufgrund seiner Recherchen aufstellt, ist schauerlich. Der Stein aus La Heutte könnte ein Folterinstrument gewesen sein. Denn in der Chronik des nahe gelegenen Orvin steht: «La torture quon appliquait en pareils cas consistait à suspendre l’accusée par les bras à la voûte du cachot et à lui attacher des poids aux pieds.» Um das Jahr 1650 herum wurden Angeklagte an den Armen aufgehängt, danach befestigte man ein schweres Gewicht an ihren Füssen – eine schreckliche Folter.

Zum Glück findet Hübner Indizien, die diese Theorie entkräften: Wäre im Stein ein Loch statt Griffe, wäre es wesentlich einfacher, ihn mit einem Seil an den Füssen des Gefangenen zu befestigen. Denn die Griffe müssten an einer aufwendigen Holzkonstruktion befestigt werden.

Naheliegender ist die Idee, dass der Bocken ein Mühlestein war. Denn die Griffe ermöglichen das Anbringen einer Fassung in Form von Holzbalken oder einem Gestänge. So hätte der Stein in eine Maschine eingespannt werden können. «Generell gilt aber», so Hübner, «Walzen sind eher flach und zylinderförmig, nicht gewölbt und oval.» Womit auch diese These in den Hintergrund rückt.

Es bleibt die Frage, ob ein Hobby-Steinhauer den Brocken aus Spass in Form gebracht haben könnte. Diese Frage sei natürlich berechtigt, sagt Pietro Scandola, 14 Jahre lang Direktor des NMB und Kenner der regionalen Vergangenheit: «Dass der Stein aus Spass behauen wurde, ist eine Möglichkeit, die man nicht ausschliessen kann.» Irgendwie scheint ihm die Form aber doch zu funktional. Auch Scandola muss passen.

Dennoch ist er nicht frustriert: «So oder so, es ist doch ganz gut, dass es noch Rätsel gibt, bei denen die Antwort nicht gegoogelt werden kann – in der Fantasie lassen sich dadurch wilde und weniger wilde Hypothesen aufstellen.» Und manchmal stosse man per Zufall auf eine Antwort.

Info: Wer eine Ahnung hat, wozu der Stein gedient haben könnte, kann folgende Nummer anrufen: 032 321 90 91 (nach Lotti Teuscher fragen) oder schreiben an: lteuscher@bielertagblatt.ch


Das Ding: 80 Kilogramm schwer, sorgfältig behauen, oval, mit zwei Griffen. Tanja Lander

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Stichwörter: Bunker, Schweiz, Sonceboz, La Heute

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