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Gals

Dass die Burger nicht aussterben

Die Burgergemeinde Gals wird immer kleiner. Ein neues Reglement soll dem entgegenwirken. Mit Erfolg: Drei Personen wurden bereits eingeburgert.

Vor 25 Jahren lebten in Gals noch 120 Burgerinnen und Burger. Heute sind noch 63 übrig geblieben. Bild: Patrick Weyeneth

Hannah Frei

Das neue Eherecht 2013 hat die Burgergemeinden vor neue Herausforderungen gestellt. Zuvor war klar: Wenn Frauen heiraten, können sie den Heimatort ihres Mannes übernehmen – so auch die gemeinsamen Kinder. Das neue Eherecht macht es jedoch möglich, dass Frauen ihren eigenen Namen und dementsprechend auch ihren Heimatort behalten. Der Heimatort kann folglich gewählt werden. In der Burgergemeinde Gals ist dieser Wechsel einer der Gründe, weshalb sich die Anzahl der Burgerinnen und Burger in den letzten 25 Jahren halbiert hat. Waren es 1994 120, sind es heute noch knapp 63, so Burgerschreiberin Renate Schwab. «Wir befürchten, dass die Galser Burger langsam aussterben», sagt sie.

Deshalb hat die Burgergemeinde letzten November ein eigenes Einburgerungsreglement geschaffen. Dieses orientiert sich am Musterreglement des Verbands der bernischen Burgergemeinden. Es ermöglicht Personen, die zwar in Gals leben, aber einen anderen Heimatort haben, sich einburgern zu lassen. Und so konnten dieses Jahr in Gals zum ersten Mal drei Personen eingeburgert werden: Laurence Cardoit, Ehefrau des Burgers Raphael Schwab, und ihre gemeinsamen Kinder Aroha Aliena und Naél Evan. Sie haben nun Galser Heimatrecht, dementsprechend auch einen neuen Heimatort.

Auch Männer einburgern
Laut Renate Schwab sind es auch heute noch meist die Frauen, die zu ihren Ehemännern ziehen, und damit auch weg aus der Gemeinde. «So haben wir viele Burgerinnen und ihre Kinder verloren», sagt Schwab. Durch das neue Reglement dürfen nun auch Männer einen Antrag auf eine Einburgerung stellen. Wichtig sei jedoch, dass man in der Gemeinde verankert sei und eine Beziehung zum Dorf habe. Beispielsweise, wenn jemand schon seit langer Zeit in der Gemeinde wohnt oder die Vorfahren bereits Galser Burger waren.

Eine solche Einburgerung kostet in Gals 200 Franken pro Person. Davon gehen laut Schwab 80 Franken an den Kanton, der den Antrag bewilligen muss. Für Kinder unter 18 Jahren ist die Einburgerung gratis. Den definitiven Entscheid fällt dann die Burgergemeinde selbst, indem sie über das Gesuch abstimmt. Und an der letzten Burgergemeindeversammlung im Juni sei das erste Gesuch diskussionslos durchgewunken worden, wie Ortskorrespondent Heinz Schwab mitteilt.

In Gals sei die Burgergemeinde mehr als eine Tradition, so Schwab. «Unter den Burgerinnen und Burgern besteht ein Gemeinschaftsgefühl. Es sind die Eingeborenen, die in der Gemeinde am stärksten verankert sind.» Deshalb sei es umso wichtiger, dass die Burger nicht aussterben.

Bellmund erneuert Reglement
Die Burgergemeinde Bellmund hat ihr Einburgerungsreglement bereits kurz vor den Änderungen des Eherechts 2013 angepasst. Im vergangenen Jahr wurden laut Burgerratsschreiber Martin Wälti-Stolz vier Personen eingeburgert. Hierbei handle es sich um einen Vater und seine drei Söhne, die alle in Bellmund geboren und aufgewachsen sind, jedoch anders als die Mutter der Kinder Bellmund nicht als Heimatort hatten. Mit den vier Neuen zählt die Gemeinde nun 85 Burger, die alle in Bellmund wohnhaft sind, davon sind 76 stimmberechtigt.

Anders als in Gals sei die Anzahl Burger in Bellmund in den letzten Jahren stabil geblieben. Doch laut Wälti-Stolz habe die Burgergemeinde mit Überalterung zu kämpfen. Auch deshalb werde das Einburgerungsreglement nächstes Jahr nochmals überarbeitet, um die Einburgerung weiter zu erleichtern und dadurch wieder mehr Junge in der Burgergemeinde aufnehmen zu können.

Für Wälti-Stolz sind die Burgerinnen und Burger «die Bewahrer der Tradition und der Landschaft». Wenn es sie nicht gäbe, wäre in der Vergangenheit viel mehr Kulturland überbaut worden, sagt er. Die Burgergemeinde setze sich für den Erhalt ihrer Waldungen und ihres Kulturlandes ein. So hätten die Burger beispielsweise 2014 eine Industriezone wieder zur Landwirtschaftszone umgewandelt.

Erleichtertes Verfahren
In der Burgergemeinde Kallnach wurden in den letzten fünf Jahren vier Personen eingeburgert, davon zwei Kinder. Laut Burgergemeindeschreiberin Bettina Eggimann sei die Anzahl der Burger in den letzten Jahren grundsätzlich stabil geblieben. Rund 300 Stimmberechtigte zählt die Gemeinde heute. Das Einburgerreglement ist in Kallnach offen gehalten: Wer in Kallnach lebt und eine enge Verbundenheit zur Burgergemeinde hat, kann eine Einburgerung beantragen. Das heisst, dass auch Nachkommen von Burgerinnen und Burgern eingeburgert werden können, die selbst einen anderen Heimatort haben. Dies gilt dementsprechend auch für Ehepartner. Sie profitieren zudem von einem erleichterten Verfahren ohne Einkaufsgebühren.

Die Kallnacher Burger beschäftigt laut Eggimann zurzeit besonders eines: die Kiesgrube. Die Burgergemeinde setze sich dafür ein, dass der Kiesabbau dort massvoll vonstattengeht und die Kulturlandschaft so weit als möglich erhalten bleibt. «Auch deshalb haben die Burger in Kallnach einen grossen Stellenwert», sagt Eggimann.

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Die Burger
Während die Burgergemeinden bis Ende 19. Jahrhundert für die Armen, die die Gemeinde als Heimatort hatten, aufkommen mussten, sind sie heute für die aus dem Ancien Régime übernommenen Bürgergüter wie Wald oder Alpen zuständig.

Die Burgergeschlechter:

  • Gals: Schwab, Schreyer, Tribolet, Neuhaus, Tschampion, Weissbrodt.
  • Kallnach: Bötschi, Brauen, Brunner, Bucher, Hurni, Köhli, Marti, Mori, Pflugshaupt, Scheurer, Schwab, Stebler, Tüscher.
  • Bellmund: Christen, Gnägi, Kessi, Läng, Hartmann, Wälti. haf

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