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Safnern

Grosse Solidarität mit Menschen im Krieg

Nahrung, Kleider, Hygieneartikel: In einem Lager in Safnern stapeln sich Hilfsgüter, die diese Woche per Lastwagen nach Moldawien gefahren werden. Dort kommen immer mehr Menschen an, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten.

Hanspeter Lehmann (links) nimmt im Lager in Safnern Hilfsgüter entgegen. Bild: Peter Samuel Jaggi

Carmen Stalder

In der grossen Halle stapeln sich die Kartons und Palette meterhoch. «Arbeitskleider Spital» steht mit schwarzem Filzstift auf eine Schachtel geschrieben. Daneben stehen fein säuberlich aufgereihte Dosen mit Gewürzpulver – 140 000 Liter Bouillon lassen sich daraus herstellen. Mit Kleidern und Schuhen vollgestopfte Säcke, Kartons voller Bettwäsche und Decken, in einer Ecke Krücken und Rollstühle. Das Lager des Vereins Aktion für verfolgte Christen und Notleidende (AVC) in Safnern ist zwar nur zur Hälfte gefüllt, bietet aber dennoch einen imposanten Anblick.

Bis Ende Woche wird sich die Halle weiter füllen. Firmen schicken ihre Ware nach Safnern, Privatpersonen bringen sie teils persönlich vorbei. Der Verein plant, noch diese Woche drei bis vier mit Hilfsgütern gefüllte Lastwagen von der Schweiz nach Moldawien zu schicken. Das kleine Land liegt zwischen Rumänien und der Ukraine und ist derzeit mit einem wachsenden Flüchtlingsstrom konfrontiert. Zahlreiche Menschen suchen in Moldawien Schutz vor dem Krieg in der Ukraine. AVC ist schon seit Jahren im osteuropäischen Land tätig und verstärkt nun sein Engagement. Das Missions- und Hilfswerk engagiert sich weltweit in über 60 Ländern auf vier Kontinenten. Gegründet wurde es 1972 in Deutschland, heute ist es auch in Österreich, Tschechien, Italien und der Schweiz vertreten.

 

Rund um die Uhr im Einsatz

Hanspeter Lehmann, Projektleiter für Moldawien, führt gemeinsam mit Eveline Würgler, zuständig für Marketing und Kommunikation, durch die Halle. Sie erzählen von Bettwäsche, die ein Spital gespendet hat. Von Fleecedecken, die sie von der Armee übernehmen konnten. Und von Lebensmitteln, die eigentlich für die Gastronomie gedacht gewesen wären, coronabedingt jedoch zu wenig Absatz fanden. Auf dem Rundgang klingelt Lehmanns Handy alle paar Minuten. Mal sind es Betriebe in der Schweiz, die Hilfsgüter spenden wollen. Mal sind es die Teams im Ausland, die ihren Bedarf angeben. Besonders gefragt seien Windeln, Kleider und Schuhe. Lebensmittel ebenfalls – allerdings nur palettweise.

Die Hilfsgüter werden von externen Speditionsfirmen nach Osteuropa transportiert. Die Lastwagen sind mit Waren beladen in die Schweiz gekommen und würden andernfalls leer zurückfahren. Für das Hilfswerk eine willkommene Gelegenheit: Müsste es selbst Lastwagen mieten, würde dies um die 7000 Franken pro Fahrt kosten. Auf diese Weise ist der Transport nur ungefähr halb so teuer.

Im Zentrum in Moldawien werden die geflüchteten Menschen in einem Behindertenheim und in einer Kirche untergebracht und verpflegt. Innert zwei Wochen soll zudem ein Kindercamp fertig gebaut werden, damit dort ebenfalls Flüchtlinge einziehen können. Alles müsse nun sehr schnell gehen, betont Lehmann. «Es schneit, es windet. Ohne Hilfe erfrieren die Menschen auf der Flucht.»

Die lokalen Mitarbeitenden stehen derzeit Tag und Nacht bei Minustemperaturen an der Grenze und warten mit Bussen auf die Flüchtenden aus der Ukraine. In den letzten Tagen nahmen sie 130 Frauen mit Säuglingen, Kindern und Jugendlichen auf. Da wehrfähige Männer zwischen 19 und 60 Jahren in die Armee eingezogen werden, sind fast keine Männer dabei. Viele Frauen sind vom Geschehen traumatisiert, da sie ihr Land fluchtartig verlassen und dabei ihr ganzes Hab und Gut zurücklassen mussten. Sie wissen nicht, wann und ob sie ihre Männer und Söhne wiedersehen.

 

Grosse Hilfsbereitschaft

Eine emotionale Herausforderung sei die ganze Situation, sagt Eveline Würgler. Videos von Menschen auf der Flucht zu sehen, empfinde sie als sehr belastend. Die Partner vor Ort würden sich in einer Art Schockzustand befinden. Gleichzeitig freuen sich die 25 AVC-Mitarbeitenden über die grosse Hilfsbereitschaft, die aktuell vorherrscht. Dies einerseits bei Spenderinnen und Spendern in der Schweiz. Andererseits bei den Menschen in Moldawien: Im Land, das auch als «Armenhaus Europas» bezeichnet wird, beträgt das Pro-Kopf-Einkommen gerade einmal 200 Franken im Monat. «Und trotzdem sind die Menschen dort sehr solidarisch», sagt Würgler.

Spitäler würden umsonst Verletzte versorgen, Kirchen und Private würden ihre Türen öffnen. «Dabei haben sie selbst nicht viel.» Diese Grosszügigkeit wünscht sich Lehmann auch von seinen Landsleuten in der Schweiz. Ein Grossteil der hiesigen Bevölkerung könne es sich leisten, 100 oder gar 1000 Franken zu spenden. In einer solchen Situation dürfe man nicht zu sehr an sein eigenes Portemonnaie denken.

Link: www.avc-ch.org

 

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Kleider gegen die Kälte und Schmerzmittel fürs Spital

Sprach- und hilflos angesichts eines Kriegs in Europa, wollten sie irgendwie helfen: «Biu Donations» heisst die Instagram-Seite, die vier Bielerinnen am vergangenen Wochenende ins Leben gerufen haben. Die Gruppe sammelt Hilfsgüter für ukrainische Flüchtlinge, die dann von einer polnischen Organisation verteilt werden sollen. Gesucht sind medizinische Güter wie Verbandmaterial, Desinfektions- oder Schmerzmittel. Die polnische Organisation, mit der sie zusammenarbeiten, liefere zum Teil direkt in die Ukraine und könne Spitäler versorgen, sagte Janine Schlachter, gestern gegenüber «Canal 3». Sie ist eine der Initiantinnen von «Biu Donations». Die Gruppe nimmt ausserdem Winterkleidung, Isoliermatten, Schlafsäcke und Lebensmittel entgegen sowie Malbücher und Farbstifte für Kinder.

Wer Güter spenden wolle, solle sich über den Instagram-Account oder die angegebene
E-Mail-Adresse melden. Janine Schlachter und ihre Kollegen würden dann mitteilen, wohin man das Material bringen oder schicken kann. Ende dieser Woche soll dieses nach Warschau gefahren werden. Den Transport finanziert die Gruppe mit Spenden, die sie im freundschaftlichen und familiären Umfeld gesammelt hat.

«Was wir tun, ist nur ein kleiner Tropfen auf den heissen Stein. Wir hoffen aber, dass wir so das Leid der Geflüchteten wenigstens ein bisschen lindern können», so Schlachter. Offenbar sind die vier Bieler mit ihrem Wunsch zu helfen nicht alleine. Die Resonanz auf den Spendenaufruf ist laut Schlachter riesig: «Wir erhalten minütlich Anrufe von Personen, die fragen, was sie spenden können.» mrs

 

Wie kann man helfen?

In den kommenden Tagen sind mehrere Transporte mit Hilfsgütern aus der Schweiz nach Moldawien und Rumänien geplant.

  • Gefragt sind Geldspenden für Transporte, Lebensmittel, Duvets, Matratzen und Hygieneprodukte für die Flüchtlinge im Zentrum in Sarata Galbena, Moldawien.
  • Kleiderspenden für Erwachsene, Kinder und Babys: An der Industriestrasse 21, 2553 Safnern steht ein Gitter dafür bereit. Spenden können auch per Post geschickt werden. Kleider und Schuhe müssen in reissfeste Kehrichtsäcke (nicht Kleidersammelsäcke oder offene Taschen) oder stabile Bananenschachteln verpackt werden.
  • Sachspenden: Bettwäsche (Leintücher, Fixleintücher, Kissen- und Bettbezüge) sowie Frotteewäsche und Duvets (nur synthetische Duvets).
  • Die Waren sollten sauber, gewaschen, ohne Flecken oder Löcher abgegeben werden.

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