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Erneuerbare Energie

Jetzt soll die Ausschreibung starten

Auf dem Grenchenberg dürfen nur an vier der sechs geplanten Standorte Windräder gebaut werden. 
Das Projekt ist trotzdem rentabel, meint nun die SWG. Und plant an anderen Standorten weitere Turbinen.

Technischer Fortschritt: Auf dem Grenchenberg sollen leistungs-
fähigere 
Windturbinen zum Einsatz kommen. Bild: Anne Camille-Vaucher

Manuela Habegger

Die Städtischen Werke Grenchen (SWG) wollen am Windpark auf dem Grenchenberg festhalten, auch wenn nur vier der geplanten sechs Windräder gebaut werden dürfen. Durch die lange Verfahrensdauer beim Projekt sei inzwischen eine neue Generation von Windenergieanlagen mit rund 30 Prozent höherer Leistung erhältlich, teilte die SWG gestern mit. Dadurch könne mit vier Windrädern annähernd gleich viel erneuerbaren Strom produziert werden wie mit den ursprünglich geplanten sechs Windrädern. Konkret bedeutet dies rund 30 Gigawattstunden pro Jahr, was etwa einem Drittel der Stromversorgung von Grenchen entspricht.

Die erneute Überprüfung des Projekts gründet auf einem Gerichtsurteil. Gegen das ursprüngliche Projekt regte sich grosser Widerstand, neben dem Landschaftsschutz insbesondere auch von Vogelschutzorganisationen. Unweit des geplanten Standorts befindet sich ein Wanderfalkenhorst. Aber auch die dort ansässigen Heidelerchen und andere bedrohte Vogelarten sowie Fledermäuse sind durch den Betrieb der Windräder gefährdet. Birdlife Schweiz und der Vogelschutzverband des Kantons Solothurn hatten deshalb eine Beschwerde eingereicht und diese bis ans Bundesgericht weitergezogen.

 

Andere Standorte geplant

Gemäss der Energiestrategie 2050 muss der Anteil der erneuerbaren Energien in der Schweiz ausgebaut werden. Der geplante Windpark auf dem Grenchenberg leistet in dieser Sicht einen wertvollen Beitrag. Andererseits besteht aber auch für den Erhalt der Biodiversität und der Schutz gefährdeter Tierarten ein nationales Interesse. Zu berücksichtigen ist auch der Landschaftsschutz. Das Bundesgericht versuchte, diesem Interessenskonflikt gerecht zu werden, wie aus dem Urteil vom 24. November hervorgeht – und suchte nach einem Kompromiss. Das Resultat: Jene Anlagen, die zu nahe am Wanderfalkenhorst geplant wurden, sprich innerhalb von 1000 Metern, dürfen nicht gebaut werden. Durch den Verzicht auf die beiden Anlagen verringere sich denn auch der Konflikt mit dem Landschaftsschutz.

Die übrigen Standorte könnten mit ergänzten Schutz- und Kompensationsmassnahmen genehmigt werden. Dabei geht es beispielsweise darum, Ersatzlebensräume für Heidelerche zu errichten oder darum, das Abschaltsystem der Windanlagen zu verfeinern, sodass die Rotoren nicht laufen, wenn Zugvögel und Fledermäuse aktiv sind. Weiter soll genügend Personal und Gelder für die Ortung der totgeschlagenen Vögel aufgewendet werden. So dürfen nicht mehr als zehn Zugvögel oder zehn Fledermäuse pro Jahr den Rotoren zum Opfer fallen. Das soll überwacht werden.

Der SWG hat nun geprüft, ob mit diesen Einschränkungen der Windpark noch wirtschaftlich betrieben werden kann. Die Analyse hat ergeben, dass die heute auf dem Markt erhältlichen Windturbinen deutlich leistungsfähiger sind. Zudem soll an anderen Standorten im Nutzungsplan der Bau von mindestens zwei weiteren Windturbinen möglich sein: «Für die zusätzlichen Windanlagen müssen wir jedoch separate und neue Bewilligungsverfahren einleiten», betont SWG-Geschäftsführer Per Just.

 

Für 34 Millionen Franken

Das hängige Baugesuch wird nun also auf einen Windpark mit den vom Bundesgericht genehmigten vier Windturbinen angepasst und nochmals neu zur Prüfung eingereicht. Parallel dazu soll die Ausschreibung der Windanlagen mit anstatt 2,7 neu 4 Megawatt erfolgen. Rund 34 Millionen Franken werden diese leistungsfähigeren Turbinen kosten, also rund acht Millionen pro Windanlage.

Birdlife Schweiz zeigt sich überrascht: «Wir müssten nun erst einmal wissen, welche Windanlagetypen die SWG verwenden möchte. Windanlagen mit fünf Megawatt haben nicht die gleichen Ausmasse wie Windanlagen mit zwei bis drei Megawatt», sagt stellvertretende Geschäftsführerin Christa Glauser. In einem ersten Schritt müsse somit die Vereinbarkeit des Projektes mit der Gefährdung der bedrohten Arten geprüft werden, insbesondere auch für allfällig neue Standorte von Windanlagen.

Elias Meier vom Verein Pro Grenchen ist derweil empört: Es sei nicht nachvollziehbar, dass die SWG neuerdings «modernere Anlagen» planen, die angeblich mehr produzieren könnten. Die SWG dürfe einzig und allein vier Anlagen des Typs «AL-STOM Eco 122» mit 
2,7 Megawatt aufstellen – so sei es im Nutzungsplan vorgesehen, sagt er. «Sollten die SWG tatsächlich eine andere Anlage planen, müsste die ganze Windpark-Planung von vorne beginnen.» Mit den zusätzlichen geplanten Windanlagen weise das Projekt zudem extrem hohe Risiken auf. Das Bundesgericht habe festgelegt, dass nicht mehr als 10 Fledermäuse pro Jahr getötet werden dürfen, so Meier.

SWG-Geschäftsleiter Per Just hält derweil fest, dass die neuen Windturbinen den im Nutzungsplan festgelegten Dimensionen entsprechen.

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