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Rapperswil

Nach 37 Jahren ein zweiter Anlauf

Nach dem Scheitern des Bohrprojektes in Hermrigen will dasselbe Konsortium nun bei Ruppoldsried nach Erdgas suchen. Der Rapperswiler Gemeinderat nennt seine Haltung dazu «offen».

Nur scheinbar unberührt ist diese Wiese bei Ruppoldsried. Denn hier wurde 1977 ein über 900 Meter tiefes Loch in die Erde gebohrt. Im Hintergrund ist der Betrieb von Hühnerzüchter Werner Ritz zu sehen. copyright: olivier gresset/bielertagblatt

Beat Kuhn

Wegen Sicherheitsüberlegungen im Zusammenhang mit giftigem Schwefelgas wird in Hermrigen definitiv nicht nach Erdgas gebohrt werden. Das hatte das Konsortium Peos-Seag (siehe Infobox) Ende April bekanntgegeben. Nun hat dieses publik gemacht, dass stattdessen bei Ruppoldsried eine Sondierbohrung gemacht werden soll. So steht es in einem Informationsblatt, das gestern an die Haushalte der Gemeinden Rapperswil und Messen sowie an die Medien ging.

1977 ging es ums Speichern
Wie Patrick Lahusen, Verwaltungsratsvizepräsident des Konsortiums, darin schreibt, soll die Sondierbohrung bei der Hauptstrasse in der Nähe der Hühnerzucht von Werner Ritz an der Grenze zu Messen erfolgen.

An genau derselben Stelle war 1977 schon einmal gebohrt worden. Das damalige Konsortium hatte bis in eine Tiefe von 936 Metern abgeteuft – so lautet der Fachausdruck für «senkrecht in die Tiefe bohren». Dabei hatte abgeklärt werden sollen, ob die gefundene Struktur als Gasspeicher geeignet sei. «Diese Frage wurde durch die vorgefundene Dichte des Gesteins aber verneint», so Lahusen.

Auf Anfrage stellte er gestern klar, dass es damals nicht um das Finden, sondern nur um das Speichern von Gas gegangen sei. Man habe «eine Art natürlichen Gasometer» gesucht, der im Sommer gefüllt und im Winter genutzt werden könne, «um weniger vom Ausland abhängig zu sein». Dieses Mal gehe es dagegen «primär darum, Gas zu finden». Deshalb werde nun viel tiefer gebohrt, nämlich bis auf etwa 3000 Meter.

«Nur 90 mal 90 Meter»
«Warum kommen wir nach Ruppoldsried zurück?», heisst es in dem Info-Blatt weiter. 2012 und 2013 habe das Konsortium in der Waadt «eine grössere Seismikkampagne durchgeführt» und auch in Ruppoldsried «mit Vibratoren eine seismische Linie aufgenommen». Resultat seien vier Bohrstandorte in der Waadt sowie «ermutigende Ergebnisse bezüglich der Struktur in Ruppoldsried» gewesen.

Die Fläche für den Bohrplatz beträgt laut Lahusen «nur rund 90 mal 90 Meter». Als reine Bohrzeit seien «lediglich 90 Tage» vorgesehen. Zusammen mit dem Bau des Bohrplatzes und der Renaturierung nach der Bohrung wird mit einer Gesamtzeit von sechs bis acht Monaten gerechnet. Das finanzielle Gesamtbudget beträgt rund fünf Millionen Franken.

Mit den Bauarbeiten soll nach Abschluss der landwirtschaftlichen Saison im Oktober oder November dieses Jahres begonnen werden. Der Bohrturm steht gemäss Zeitplan ab Anfang 2015 zur Verfügung.

Neuartiges Bohrgerät
Zum Bohren wird erstmals in der Schweiz ein sogenanntes  Slim-Hole-Gerät eingesetzt, das eine Bohrung mit kleinem Durchmesser erlaubt. An der Erdoberfläche beginnt man mit einem Durchmesser von rund 25 Zentimetern und endet in einer Bohrtiefe von 3000 Metern mit einem Durchmesser von nur wenigen Zentimetern.

Der Vorteil: Es geht viel schneller, und man braucht weniger Platz sowie wesentlich weniger Wasser, wodurch auch viel weniger Abwasser anfällt. Der Nachteil: Bei einem Gasfund kann man «nicht aus dem Bohrloch Gas produzieren», so Lahusen. Sollte tatsächlich Gas gefunden werden, ist mit Tests herauszufunden, ob die gefundene Menge kommerziell verwertbar ist oder nicht. Wird diese Frage bejaht, muss laut Lahusen «gleichenorts eine normale Tiefbohrung mit allen notwendigen Bewilligungen abgeteuft werden». Die koste dann zwar einiges mehr, doch kenne man das Resultat schon. Mit dem umstrittenen Fracking-Verfahren habe das geplante Vorhaben in Ruppoldsried nichts zu tun, betont er.

Zu Lastwagenverkehr mit entsprechenden Immissionen werde es praktisch nur in der Bauphase und bei der Demontage kommen, schreibt Lahusen. Und: «Wir werden mit der Gemeinde und dem Kanton ein Konzept für die Verkehrsregelung  erarbeiten, um die Quartierstrassen zu schonen.»
Nach Beendigung der Bohrung werde «im Fündigkeitsfall» eine kurze Pipeline zur nächsten Gasleitung des Gasverbundes Mittelland gebaut, kündigt er an. Auf dem Bohrplatz werde dann nur noch ein aufsteigendes Rohr mit Ventilen zu sehen sein.

Der Kanton entscheidet
Bewilligungsinstanz ist nach Angaben der Rapperswiler Gemeindeschreiberin Sandra Guggisberg das kantonale Amt für Wasser und Abfall. Der Rapperswiler Gemeinderat werde jedoch Stellung zu dem Vorhaben nehmen können. Zur Frage, ob die Gemeinde das Projekt unterstützen oder bekämpfen werde, meint Guggisberg: «Dieser Punkt ist noch offen.»
 


INFOBOX:

Konsortium mit US- und CH-Beteiligung

• Hinter dem Projekt steht ein Konsortium aus den Schweizer Firmen Peos AG und AG für schweizerisches Erdöl (Seag). Erstere hat einen Anteil von 90 Prozent daran, Letztere einen von 10 Prozent.
• Geplant und durchgeführt wird die Bohrung von der Peos. Sie ist zu 100 Prozent eine Tochtergesellschaft des amerikanischen Konzerns Ecorp international in Houston/Texas. Dieser gehört zu den führenden US-Gaskonzernen und ist seit 2009 auch in einigen Ländern Europas aktiv.
• Die Konzession gehört der  1956 gegründeten Seag, die mehrere Schürfbewilligungen in der Schweiz hat.
• Zum Konsortium von 1977 hatten unter anderem die nicht mehr existierende Bernische Erdöl AG, die Nagra und der Elektrowatt-Konzern gehört.

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