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Windpark

Windparkgegner befürchten Gefahr für Trinkwasser

Das Projekt Windpark Grenchen missachte Grundwasserschutzzonen, sagt der Verein Pro Grenchen. Bei Schwertransportenfür den Bau des Windparks auf der Bergstrasse könnten Schadstoffe ins Trinkwasser gelangen. Die SWG bestreiten dies.

Elias Meier beim Bettlachrank. Hier haben die SWG selber eine Gewässerschutzzone markiert. Bild: Brigitte Jeckelmann
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Aus Sicht der Städtischen Werke Grenchen droht dem Trinkwasser durch das Windparkprojekt keine Gefahr. Ist dies vertretbar?



Brigitte Jeckelmann


Der Verein Pro Grenchen lässt bei seinem Kampf gegen den geplanten Windpark auf dem Grenchenberg nicht locker. Präsident Elias Meier hat gestern über eine mögliche Gefahr für das Trinkwasser informiert. Das Grossprojekt Windpark tangiert offenbar eine heikle Grundwasserschutzzone der Quellen im Grenchenbergtunnel. Diese versorgen rund 40000 Menschen in Grenchen und weiteren Gemeinden mit Trinkwasser. Die Gewässerschutzverordnung des Bundes teilt Schutzgebiete in drei Zonen ein. Diese sollen das Trinkwasser vor Verschmutzungen schützen. Die in diesem Fall vorliegende Zone S1 ist besonders sensibel und sollte laut Bundesgesetz eingezäunt sein. Somit besteht ein totales Nutzungsverbot. «Pro Grenchen» stellt der Bauherrin, den Städtischen Werken Grenchen SWG deshalb einige Fragen: «Warum haben die SWG im Umweltverträglichkeitsbericht S1 nirgends erwähnt?», so Präsident Elisas Meier. Mehr noch: Obwohl es sichtbare Markierungen für solche S1-Schutzzonen gibt, zum Beispiel an der Bergstrasse im Bereich Bettlachrank, seien diese auf den Karten der Projektunterlagen nicht sichtbar, warum nicht?


«Interessenskonflikt»
Für Per Just, Geschäftsleiter der SWG, sind bereits alle offenen Fragen beantwortet: «Ich muss dazu eigentlich gar nichts mehr sagen, das Verwaltungsgericht hat einen Entscheid getroffen.» Die Gewässerschutzzonen habe man entsprechend dem verschärften Gesetz neu ausgeschieden und seien so, wie sie heute sind, von allen Instanzen bestätigt worden. Im Windparkprojekt habe der Trinkwasserschutz erste Priorität. Just: «Die SWG als Wasserversorgerin hat sicher kein Interesse daran, das Trinkwasser zu schädigen.» Einzig beim Bettlachrank, wo die SWG selber mit einer Tafel auf eine besonders heikle Gewässerschutzzone aufmerksam machen, macht er ein Zugeständnis.
Wohl sei dort gemäss Regierungsratsbeschluss eine Wasserschutzzone S1. Streng genommen dürfte die Bergstrasse dort gar nicht durchführen, geschweige denn tausende Schwertransporte durchdonnern, die für den Bau des Windparks nötig sein werden. Just: «Hier haben wir einen so genannten Interessenskonflikt.» Der Bau der Strasse geht auf das Jahr 1930 zurück, die Schutzbestimmungen stammen von 1999. Damals schenkte man dem Gewässerschutz nicht dieselbe Beachtung, wie das heute der Fall ist. Wollte man der geltenden Bestimmung entsprechen, müsste man die Bergstrasse verlegen, zumindest im Bereich Bettlachrank wie auch weiter oben beim Bützenschwang. Denn dort quert die Bergstrasse zwei geschützte Reihen von Dolinen, also Senkungen im Boden, bedingt durch das lockere Karstgestein. Darin sickert Flüssigkeit noch schneller durch bis in die Trinkwasserquellen- und die Fassungen, als auf anderem Boden.
Doch was geschieht, wenn gerade im Bettlachrank ein Schwertransportfahrzeug verunfallt, Maschinenöl ausläuft und so die Trinkwasserquellen verunreinigt? Just wiegelt ab, indem er auf spezielle Vorschriften für solche Transporte hinweist. Zum Beispiel seien biologisch abbaubare Treibstoffe vorgeschrieben. Zudem würden schon jetzt immer mal wieder Schwertransporte auf den Grenchenberg fahren. «Bis jetzt ist ja noch nie etwas passiert.» Auch wenn durch die Bautätigkeiten tausende schwere Lastwagen den Berg hinauffahren, hält er das für vertretbar. «Schauen Sie mal, wieviele Autos an einem nebligen Sonntag, wenn auf dem Berg die Sonne scheint, auf dem Parkplatz oben beim Untergrenchenberg stehen.»
Der Verein Pro Grenchen hingegen führt weiter aus, dass die Strasse beim Bettlachrank für die Schwertransporte möglicherweise einer Sanierung bedürfte. Auch dies sei für die sensible Gewässerschutzzone absolut unzulässig. Per Just widerspricht. Die Strasse sei breit genug, ein Ausbau sei nicht nötig. Elias Meier indes verweist weiter auf widersprüchliche Aussagen des Kantons und der SWG: Beide hätten in den 90er-Jahren Färbeuntersuchungen beim Bettlachrank vorgenommen, um festzustellen, wie schnell Wasser von oben in die Quellfassungen gelangt. Während der Kanton zum Schluss gekommen ist, dass die Flüssigkeit neben den Fassungen durchläuft, haben die SWG das Gegenteil festgehalten: Die Färbelösung soll direkt in die Quellen gelangt sein. Daher haben die SWG auch beim Bettlachrank eine Gewässerschutzzone ausgeschieden. Auf den Projektplänen des Windparks steht davon aber nichts.
Dies ist aus Dokumenten ersichtlich, die der Verein Birdlife Schweiz bei seiner Einsprache beim Solothurner Verwaltungsgericht eingereicht hat. In einer ersten Anwort hat das Gericht diese zwar abgeschmettert. «Birdlife» gibt aber nicht auf und fordert jetzt in einer weiteren Eingabe, alle Dokumente offen zu legen, damit sich die Widersprüche klären. Das bestätigt die stellvertretende Geschäftsführerin, Christa Glauser.


«Bin überfordert»
Per Just kann sich die unterschiedlichen Befunde des Kantons und der SWG nicht erklären: «Ehrlich gesagt, bin ich damit überfordert.» Er wisse nicht, wer vor Jahren was gesagt habe. «Alle Dokumente haben wir an das kantonale Amt für Umwelt für die Festlegung der Schutzzonen geschickt», sagt er. Eine weitere Frage von «Pro Grenchen» lautet: Auf den Karten in den Projektunterlagen sind die Symbole der Tunnelquellen so gewählt worden, dass die S1 nicht sichtbar waren, warum? Kommt dazu: Der damals verantwortliche Experte für die Schutzzonen sei der spätere Projektgeologe des Windparks Grenchen. Darüber regt sich Per Just auf: «Ich habe keine Zeit, um solche abstrusen Unterstellungen zu entkräften.» Mit dem betreffenden Geologen arbeiteten die SWG schon seit Jahren bestens zusammen, sagt er. Für besondere Untersuchungen habe auch dieser zusätzliche Experten beigezogen. Just hält darum eine weitere externe Einschätzung für überflüssig. Der betroffene Geologe war telefonisch nicht erreichbar, weil er ferienhalber abwesend war, lautet die Auskunft auf Anfrage bei dessen Arbeitgeber.
Das letzte Wort zum Windpark Grenchenberg ist noch lange nicht gesprochen. Je nach Entscheid des Verwaltungsgerichts erwägt «Birdlife» einen Weiterzug ans Bundesgericht. Dass diese Strategie nicht aussichtslos ist, beweist ein Entscheid dieser Instanz. Vor ziemlich genau einem Jahr hat das Bundesgericht einen Windpark auf dem Schwyberg im Kanton Freiburg gestoppt.
«Pro Grenchen» wird auf jeden Fall nicht aufhören, der Gegnerin SWG Widerstand zu leisten. Der Verein hat derzeit eine weitere Klage beim Bundesgericht hängig.

Stichwörter: Windpark, Meier, Grenchenberg

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