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Pflanzenheilkunde

Der Natur abpressen, was geht

Die Aromatherapie nutzt die Kraft ätherischer Öle. Ihre Wirkung ist unterschiedlich: Öle aus Lavendel oder Zitrusfrüchten etwa steigern das Wohlbefinden. Beim Umgang mit den Ölen ist jedoch Vorsicht geboten.

Was in einer Zitrone alles stecken soll: Antiseptisch, entzündungshemmend und fiebersenkend soll sie sein, die psychische Wirkung soll angstlösend, stimmungsaufhellend und konzentrationsfördernd sein. Bild: Creativ Collection

Susanne Wagener

Der Duft einer Rose, der Geruch einer heissen Schokolade oder von Cheminéefeuer - Düfte können viel zu einer guten Atmosphäre und zum persönlichen Wohlbefinden beitragen. Düfte wirken jedoch auf jeden Menschen unterschiedlich. Die einen verbinden Lavendelgeruch mit schönen Frankreichferien. Die anderen erinnern sich dabei an die unfreundliche Nachbarin mit dem Lavendelparfum. Unbestritten ist jedoch, dass Düfte die Kraft haben, besonders intensiv Erinnerungen an Gefühle hervorzurufen und den gesamten Körper zu beeinflussen.

Dies macht sich die Aromatherapie zunutze. «Aromatherapie ist der medizinisch-therapeutische Einsatz von ätherischen Ölen und natürlichen Duftstoffen», erklärt Erika Haussener. Es gehe um die Erhaltung der Gesundheit, die Linderung von Beschwerden und die Unterstützung der Heilung, so die Dozentin und Leiterin der Schweizerischen Schule für Aromatherapie SfA in Belp. Die Schule bietet Grundkurse für Laien und den Lehrgang Ausbildung zum diplomierten Aromatherapeuten SfA an.

Wirkung variiert stark

Die enorme Wirkung von Düften erklärt sich so: Duftreize werden von den Riechzellen in der Nasenschleimhaut aufgenommen und als Nervenimpuls an das Hirn weitergeleitet. Die Informationen gelangen ins limbische System, wo sich die «Schaltzentrale» für Emotionen befindet. Deshalb können Gerüche angstlösend, beruhigend, stimmungsaufhellend oder besänftigend wirken. Etwa das ätherische Öl der Mandarine, das beruhigende Inhaltsstoffe enthält und sich gemäss Haussener gut für eine Anwendung bei Kindern eignet.

Darüber hinaus sind ätherische Öle in der Lage, schmerzlindernd, krampflösend und blutdrucksenkend zu wirken. Denn die verdünnten Öle werden - etwa beim Einmassieren - direkt über die Haut aufgenommen und sind sogar im Blut nachweisbar. Ätherische Öle können auf das Nerven- und das Immunsystem Einfluss nehmen, die Verdauung anregen oder den Schlaf fördern, eine antibakterielle oder schleimverflüssigende Wirkung entfalten. Die Aromatherapie darf man gemäss der Fachfrau jedoch nicht verallgemeinern: «Die Wirkung eines Duftes auf Körper und Seele ist sehr individuell und hängt davon ab, was ein Mensch an Vorgeschichte und körperlichen Voraussetzungen mitbringt.» Deshalb sei es ratsam, sich von Fachleuten beraten zu lassen.

Gegen, Erkältungen

Die Anwendungsformen der Therapie reichen von Massagen über Einreibungen bis zu Wickeln, Bädern und Kompressen. Das Inhalieren von Wasserdampf mit einem bis zwei Tropfen ätherischem Öl aus Eukalyptus oder Cajeput hilft bei Erkältung, den Schleim zu lösen. Cajeput-Öl stammt aus der gleichen Pflanzenfamilie wie Teebaumöl und wirkt schmerzlindernd. Kompressen mit Öl aus süssem Fenchel lindern Blähungen. Bei Entzündungen der Haut wie etwa Akne kann das Einreiben mit verdünntem Rosengeranienöl hilfreich sein. Und Lavendel hat dank seiner «zentrierenden Kraft» eine schlaffördernde Wirkung.

Bereits die alten Ägypter benutzten fein duftende Pflanzenteile für therapeutische und rituelle Zwecke. Als Begründer der Aromatherapie gilt der Franzose René-Maurice Gattefossé. Der Chemiker stellte Kosmetika und Parfum her und entdeckte die Wirkung von Lavendelöl per Zufall: Nach einer Explosion im Labor im Jahr 1910 behandelte er seine Brandwunden mit Lavendelöl und war begeistert, dass die Wunden rasch heilten und keine Narben zurückblieben.

Trösten und Beruhigen

Erika Haussener ist auf Psychoaromatherapie spezialisiert und arbeitet oft mit Menschen in psychisch schwierigen Situationen, etwa beim Tod eines Ehepartners. Hier werden ätherische Öle zum Stabilisieren, Trösten und Angstlösen eingesetzt.

Der Umgang mit ätherischen Ölen erfordert besonderes Fachwissen. Das Bundesamt für Gesundheit warnt im Zusammenhang mit ätherischen Ölen oder Raumbeduftungsvarianten vor Hautreizungen, Kontaktallergien und Reizungen der Atemwege und Schleimhäute. Bestimmte Öle wie Bergamottenöl oder einige Zitrusdüfte verursachen Flecken auf der Haut, wenn man sie der Sonne aussetzt. Erika Haussener empfiehlt zudem, auf eine gute Qualität der Öle zu achten und wenn möglich nur natürliche Öle in Bioqualität oder aus kontrolliertem Anbau zu kaufen: «Ist ein Fläschchen mit Duftöl angeschrieben, ist es ein synthetisches Produkt. Ein ätherisches Öl aus grünem Apfel gibt es in der Natur nicht.»

Ob identische Duftstoffe natürlichen oder künstlichen Ursprungs sind, macht aber für die menschliche Gesundheit keinen Unterschied, erklärt das Bundesamt für Gesundheit.

 

Macht der Dufterinnerung
Schlagartig ist sie da, die Kindheitserinnerung. Man steht in der Bäckerei und riecht den Duft nach frischem Brot. Urplötzlich wird man in die Kindheit zurückversetzt, denkt daran, wie es war, als man von der netten Bäckerfrau jeweils ein ofenfrisches Brötchen zugesteckt bekam.

Die Macht der Dufterinnerungen hat ihren Grund: Bei Kindern ist die Nase besonders aufnahmefähig. Mit zunehmendem Alter verändert sich der Geruchssinn: Mit 25 verfügt man über 60 000 Nervenzellen, im alter von 90 nur noch über 14 000. Die gesunde Nase kann bis zu 300 verschiedene Duftstoffe unterscheiden.

Info: Weitere Informationen bei der Schweizerischen Schule für Aromatherapie SfA www.aromatherapieschule.ch

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