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Katzen

Der Tod kommt auf samtenen Pfoten

Sie bilden die grösste Haustierpopulation der Schweiz, aber Hauskatzen werden hierzulande zur Plage: Denn sie töten Millionen Tiere. Sie streunen in der Stadt und vermehren sich auf gewissen Bauernhöfen ungezügelt.

Samtpfötchen tötet alles, was ihm unterlegen ist. og/a
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Lotti Teuscher

Was haben die asiatische Tigermücke, die grosse Achatschnecke und der nordpazifische Seestern mit der Hauskatze gemeinsam? Sie alle figurieren auf der Liste der 100 schlimmsten Neobioten der Welt. Die Katze nimmt Rang 37 ein.

Bis zu 3,7 Milliarden Vögel und 20,7 Milliarden Säugetiere sterben jährlich allein in den USA durch Klauen und Zähne der Samtpfoten. Dies hat Scott Loss vom Smithsonian Conservation Biology Institute in Washington nach Auswertung Dutzender Studien aus den USA und Europa kalkuliert.

Dem Jagdtrieb der Katzen fallen nicht nur Ratten und Mäuse zum Opfer, sondern auch zahlreiche bedrohte Arten wie Hüttenlaubsänger, Eichhörnchen, Hasenartige, Spitzmäuse und kleinere Raubtiere. Kurz, ins Beuteschema der Hauskatze fallen sämtliche Tiere, die ihr körperlich unterlegen sind.

Viel zu viele Katzen

Die Gebäudeversicherung schätzt, dass in der Schweiz 1,5 Millionen Katzen leben – eine Zahl, die Ernest Schweizer, Tierinspektor des Tierschutzvereins Biel-Seeland-Berner-Jura, stark anzweifelt. «Wir sagen, diese Zahl stimmt nicht», erklärt Schweizer dezidiert: «Meines Erachtens leben in der Schweiz deutlich mehr Hauskatzen.»

In Biel zum Beispiel streunen laut Schweizer sehr viele herrenlose Katzen herum; so wie in allen Schweizer Städten. Denn in Städten finden die Katzen ein reiches Nahrungsangebot, oft werden sie auch von gutmeinenden Leuten gefüttert.

Aber auch Bauern sind verantwortlich dafür, dass es hierzulande zu viele Katzen gibt: Dieser Tage hat Schweizer auf einem Bauernhof 20 nicht kastrierte Katzen eingefangen. «Der Landwirt sagte mir, es sei ihm egal, was die Katzen so treiben würden.» Angeführt wird Schweizers Rangliste der verwilderten Katzen von einem Hof in der Region, auf dem er 40 Exemplare entdeckte. Viele der Streuner waren krank und mussten eingeschläfert werden.

Der Tierschutzverein betreibe einen enormen Aufwand, um Katzen zu kastrieren, sagt Schweizer: «Es wäre für alle gut, wenn es weniger Katzen geben würde.» Denn angesichts der zahlreichen Katzen sei das Gleichgewicht zwischen den domestizierten Raubtieren und den Vögeln gestört, so der Tierinspektor.

Zum Problem für Kleintiere werden indes nicht nur herrenlose Katzen – jedes Büsi, egal, wie viel Futter es zu Hause erhält, ist eine fleissige Jägerin. Oder, wie Schweizer sagt: «Katzen sind verspielte Tiere. Sie jagen, weil sie spielen wollen.»

Katzen sind im Vorteil

Hauskatzen haben gegenüber Wildtieren zudem einen enormen Vorteil. Sie werden meist von Menschen gepflegt, medizinisch versorgt und gefüttert. Und selbst wenn sie verwildert in Ex-Hauskatzenkolonien leben, werden sie oft von Privatpersonen gefüttert. Wildtiere hingegen kämpfen tagtäglich um ihre Existenz.

Ein weiterer Vorteil der Hauskatzen ist, dass sie kaum Feinde haben: In der Schweiz werden ihnen lediglich Wolf, Adler, Luchs und der grosse Uhu gefährlich; Raubtiere also, von denen es nicht genug gibt, um die Katzenpopulationen nachhaltig zu dezimieren.

Bis 430 Katzen

In Mitteleuropa werden seit dem 12. Jahrhundert Hauskatzen zum Bekämpfen von Mäusen und Ratten gehalten. Mit der industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert erhielten Katzen zunehmend den Status eines Haustieres im heutigen Sinn; entsprechend vermehrten sie sich. Die Hauskatze gehört nicht zur einheimischen Fauna. Sie zeigt laut der Vogelwarte Sempach bis heute wesentliche Merkmale ihrer wildlebenden Stammform, der nordafrikanischen Falbkatze.

Im Mittelland leben durchschnittlich 50 bis 60 Katzen pro Quadratkilometer. In Agglomerationen grosser Städte gibt es bis 430 Tiere pro Quadratkilometer. So dichte Populationen könnten Wildtiere angesichts des Überlebenskampfs nicht bilden: Die Europäische Wildkatze zum Beispiel beansprucht ein Revier von zwei bis drei Quadratkilometern, wenn der Lebensraum optimal ist. Sind die Jagdbedingungen schwierig, benötigt sie neun und mehr Quadratkilometer.

Wenn die Beutetiere der Hauskatzen in ihrem Lebensraum genügend Nahrung, Verstecke und geschützte Plätze für die Fortpflanzung finden und auch die übrigen Umweltbedingungen wie das Klima stimmen, verkraften die Populationen laut der Vogelwarte Sempach selbst beträchtliche Verluste. Wenn ihre Bestände aber bereits geschwächt sind, können Katzen zum Auslöschen lokaler Populationen führen.

Etwas, das Markus G. (Name der Redaktion bekannt) persönlich erlebt hat. Vor über zehn Jahren hat er in seinem Garten eine Trockenmauer gebaut, die wenig später von Eidechsen besiedelt wurde. Seit zwei Jahren leben Katzen in der Nachbarschaft. Im Mäuerchen findet er keine einzige Eidechse mehr.

Lange Liste der Beutetiere

Es ist eine lange Liste, die Wildhüter Louis Tschanz aufstellt, wenn er gefragt wird, was Katzen in seinem Revier rund um Moutier jagen. Tschanz’ Aufzählung beginnt mit Schmetterlingen und Libellen, führt über Blindschleichen, Molche, Frösche und Vögel bis hin zu Siebenschläfern, Haselmäusen und der Wasserspitzmaus, dem Tier des Jahres 2016 von Pro Natura. Tschanz’ Fazit nach vielen Jahren als Wildhüter: «Katzen töten alles, was sie überwältigen können.»

Sie rupfen die runden Nester der Siebenschläfer von Tannästen, erklimmen pfeilschnell einen Baumstamm, um das Vogelnest in sieben Metern Höhe zu leeren oder angeln Fische aus dem Wasser.

Dennoch kann der Wildhüter den Schaden nicht beziffern, den Katzen in seinem Revier anrichten: «Denn wir können nicht wissen, welche und wie viele Tiere hier leben würden, wenn es nie Hauskatzen gegeben hätte.»

Im Berner Jura halten sich die meisten Katzen in der Nähe der Häuser und Dörfer auf, durch die weiten Wälder streifen nur wenige verwilderte Katzen. Früher, sagt Tschanz, seien verwilderte Katzen von Jägern geschossen worden. Für die Jäger seien diese gut erkennbar, und zwar nicht nur, weil sie sich meist weitab von Häusern aufhalten: «Während eine menschengewöhnte Katze ruhig sitzen bleibt, wenn sich jemand nähert, drückt sich eine verwilderte Katze flach auf den Boden oder springt davon.» Dennoch wurden im letzten Jahr im ganzen Kanton Bern lediglich 18 verwilderte Katzen geschossen. Denn die Jäger befürchten negative Schlagzeilen oder gar einen Prozess.

Katzen mit Kulleraugen haben eine starke Lobby. Glubschäugige Molche hingegen weniger.

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Tiere schützen

  • Schaffen Sie sich nur dann eine Katze an, wenn Sie über genügend Zeit und Platz verfügen.
  • Erschweren Sie den Katzen den Zugang zu Nistplätzen von Vögeln sowie zu Amphibien- und Reptilienstandorten: Eine auf geeigneter Höhe am Stammfuss von Bäumen angebrachte Manschette verhindert, dass Katzen am Baum hochklettern.
  • Ein 20 cm über dem Boden gespannter Viehhüterdraht kann Katzen von empfindlichen Bereichen (etwa einer Trockenmauer mit Eidechsen) fernhalten.
  • Hängen Sie Nisthilfen an Seitenästen oder an Fassaden ausserhalb der Reichweite von Katzen auf.
  • Verwenden Sie Nistkästen mit steilen und glatten Dächern, auf denen eine Katze keinen Halt findet.
  • Sorgen Sie für optimale Kleintier-Lebensräume mit vielen Verstecken (Ast- und Steinhaufen, hohl liegende Bretter, Trockenmauern). mt

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Brauchen Sie eine Katze?

Kommentar

Lotti Teuscher, Redaktorin Region

Stellen Sie sich mal vor: Ihr Nachbar lässt seinen Hund täglich in Ihrem Garten gassigehen, die Hinterlassenschaften zu entfernen, bleibt Ihnen überlassen. Eine absurde Vorstellung? Nicht, wenn man statt von Hunden von Katzen spricht. Wer seinen Garten betritt, muss ihn nach Katzenkot absuchen, um nicht mit einem Fuss in einen stinkenden Haufen zu trampeln. Sie als Katzenhalterin entgegnen natürlich, Katzen würden ihren Kot vergraben, weil sie reinlich seien. Mitnichten. Das tun sie lediglich, wenn sich ein frisch umgestochenes Gemüsebeet anbietet.

Sie als Katzenhalter kontern, es gebe Schlimmeres als Katzenkot im Garten? Da haben Sie Recht. Leider. Aufgeschlitzte Frösche, Blindschleichen mit Löchern oder zerbissene Jungvögel sind tatsächlich schlimmer. Dass Ihr Samtpfötchen die Krallen ausfährt, kann man ihm natürlich nicht abgewöhnen. Und auch nicht, dass es kleine Tiere quält, bevor es sie tötet. Etwas, was europäische Wildkatzen übrigens kaum je tun. Sie töten ihre Beute mit einem effizienten Nackenbiss.

1,5 Millionen Katzen streunen durch die Schweiz – viel zu viele, betrachtet aus der Sicht der kleinen Tiere. Erbeutet jede Katze im Schnitt nur ein einziges Kleintier pro Woche, ergibt dies gut rund 76 Millionen tote Tiere pro Jahr. Wer sich eine Katze anschaffen möchte, sollte sich deshalb überlegen: Brauche ich tatsächlich eine, um mein Glück zu steigern? Will ich mir viel Mühe machen für eine Katze, die entweder schläft oder streunt? Brauche ich eine Katze als Co-Erzieherin, oder kann ich meinen Kindern Verantwortungsbewusstsein und Rücksicht selber beibringen? Man könnte sich und den Kindern erklären: Nein, wir wollen keine Katze, weil wir alle Tiere lieben. Die Natur wird es Ihnen danken. Und der Nachbar auch.

E-Mail: lteuscher@bielertagblatt.ch

 

Stichwörter: Katze, Tiere, Tierschutz

Kommentare

resu21

Selten so einen dummen Bericht gelesen! Ich schätze Frau Teuscher hat ihn im Sommerloch gefunden. Es sind ja wohl nicht die Katzen, welche die Ursache des Übels sind, sondern wieder einmal wir Menschen. Wenn Frau Teuscher schon einen Killer auf diesem Planeten suchen will, so soll sie mal beim Menschen anfangen. Wie viele Spezies haben wir schon ausgerottet? Wie gehen wir z.B. mit Walen und Delphinen um? Wer erschlägt auf brutalste Weise Robbenbabies? Wie manches Tier muss sein Leben auf unseren Strassen lassen? Die Aufzählungen könnten noch endlos weiter gehen. Also Frau Teuscher, bevor sie wieder einmal den Zweihänder gegen ein Geschöpf auspacken sollten, welches sich nicht wehren kann, bitte zuerst das gebrauchen, von dem wir behaupten es mache uns zum Herrscher auf diesem Planeten! Danke!


tn

Das darf doch wohl nicht wahr sein, schon wieder ein "Objekt" des Hasses mehr, wisst ihr eigentlich wie viel Gutes die Katzen uns Menschen tun - sie sind für viele Leute der letzte Halt in ihrem langen Leben. Und wenn man sagt , die Katzen haben keine Feinde, ....was ist mit den Autos, den Mähmaschinen etc. - ich bin enttäuscht so etwas in einer Zeitung zu lesen !!!!!! T.N.


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