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Die Schmerzgrenze ist erreicht

Der Euro-Wechselkurs hat die Schallmauer von unter 1.40 Franken durchbrochen. Für die Exportwirtschaft, im Seeland und Berner Jura stark vertreten, bedeutet dies schwierige Zeiten.

(lt) «Wir werden lernen müssen, mit einem Wechselkurs von 1.40 Franken zu leben», sagte Johann N. Schneider Ammann, Unternehmer und Swissmem-Präsident, vor einigen Tagen. Sollte der Euro unter diesen Wert fallen, werde es schwierig für die Schweizer Exportwirtschaft.<br>Inzwischen ist der Euro-Wechselkurs noch tiefer getaucht. Ganze 1.3951 Franken war ein Euro gestern wert. Grund: Die Furcht, dass nach Griechenland auch Ungarn zahlungsunfähig werden könnte. Und Besserung scheint kaum in Sicht: «Die Schweizer Exportwirtschaft muss sich mit einem zur Schwäche neigenden Euro abfinden. Eine schnelle Aufwertung ist nicht in Sicht», sagt Rudolf Minsch, Chefökonom bei Economiesuisse.<br><br><span style="font-weight: bold;">Rohstoffe günstiger</span><br>Das Management von Tornos ging bereits zu Beginn dieses Jahres davon aus, dass die Einheitswährung der EU an Wert verlieren könnte. Der Maschinenhersteller aus Moutier hat sich deshalb gegen Debitorenverluste abgesichert. Zugleich können Rohstoffe aus EU-Ländern nun günstiger gekauft werden.<br>Tornos steckt dennoch in einer schwierigen Situation: Der Konzern muss nach wie vor auf Kurzarbeit setzen. «Wir sehen allerdings anhand der Bestellungseingänge, dass der Aufschwung einsetzen könnte», erklärt der Personalverantwortliche Thierry Berger. Dennoch muss Tornos mit den Ungewissheiten des schwachen Euro leben.<br>Für Manfred Laubscher, Direktor der Laubscher AG aus Täuffelen, ist mit dem aktuellen Wechselkurs die Schmerzgrenze erreicht. «Wenn der Euro nicht härter wird, riskieren wir, gewisse Produkte an Konkurrenten in EU-Ländern zu verlieren.»<br>Auch das Umgekehrte könnte laut Ruedi Christen, Mediensprecher von Swissmem, der Fall sein: «Um günstiger zu produzieren, werden Schweizer Unternehmer vermehrt im Euro-Raum einkaufen, was auf Kosten der Zulieferanten aus der Schweiz geht.»<br>Ein düsteres Szenario, dem Niklaus J. Lüthi, Präsident des Handels- und Industrievereins (HIV) des Kantons Bern, nicht widerspricht. Auch er geht davon aus, dass sich der Euro nicht so bald erholen wird. Dies auch deshalb, weil Lüthi überzeugt ist, dass die Schweizer Nationalbank (SNB) kaum in der Lage ist, den Euro zu stärken: «Früher kaufte die SNB Lira, wenn die italienische Währung zu schwach wurde. Doch heute steht sie einem sehr viel grösseren Währungsraum gegenüber.» Selbst wenn die Nationalbank erneut 50 Milliarden Euro kaufen würde, geht Lüthi davon aus, dass dies den Wechselkurs nicht wesentlich beeinflussen würde. Allerdings sind laut Bak Basel-Economics nicht alle Exportfirmen gleich stark vom ungünstigen Wechselkurs betroffen. Die chemische Industrie leidet laut Mediensprecher Alexis Körber kaum, weil sie Produkte anbietet, die nicht von anderen Produzenten ersetzt werden können. Gleiches gilt laut Körber für die Medizinaltechnik. «Nicht wirklich angenehm» sei der Wechselkurs hingegen für die Maschinenindustrie: «Produkte, die in anderen Ländern wegen des Wechselkurses günstiger sind, müssen Schweizer Hersteller irgendwann ohne Gewinn anbieten.»<br><br style="font-weight: bold;"><span style="font-weight: bold;">Auf Swissness setzen</span><br>Auch HIV-Präsident Lüthi differenziert: «Denn schlussendlich muss auf den Weltmärkten das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen.» Trotz des schwachen Euro, Chancen haben qualitativ konkurrenzlos gute Produkte. Dies ganz besonders, wenn sie für Swissness stehen. «Denn Swissness ist nach wie vor ein Trumpf», sagt Lüthi. Als Beispiel nennt der HIV-Präsident die Swatch Group, die trotz lahmender Konjunktur und schwachem Euro erneut zu einem absoluten Rekordjahr ansetzt.<br><br><span style="font-weight: bold;">«Ein Drama»</span><br>Schwierig wird es gemäss Lüthi für Firmen, deren Produkte sich nur wenig von jenen der EU- Konkurrenten unterscheiden. Sie können nur darauf hoffen, dass der Euro bald wieder stärker wird. Eine Hoffnung allerdings, die sich nicht so rasch erfüllen dürfte: Ernst Baltensperger, Ökonomieprofessor an der Universität Bern, geht in einem BT-Interview im letzten März davon aus, dass der Wechselkurs auf 1.30 Franken sinken könnte. «Und das», sagt Lüthi, «wäre ein Drama.»

Stichwörter: Euro

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