Sie sind hier

Abo

Ergonomie

Die Statik ist das Problem

Viele, die am Bildschirm arbeiten, leiden unter Verspannungen oder gar Schmerzen. Der Ergonom Carlo Schmuki sagt, was Betroffene dagegen tun können.

Öfter mal die Position wechseln: Wer am Bildschirm arbeitet, verharrt lange in derselben Position. Das kann zu Verspannungen führen. Keystone

von Sarah Zurbuchen

Eigentlich sollte Bildschirmarbeit an sich keine Beschwerden verursachen. Es wird nichts Schweres gehoben oder mit lauten und gefährlichen Maschinen gearbeitet. Und trotzdem klagen viele Menschen, die vor dem Computer arbeiten, über Beschwerden wie Augenbrennen, Nacken- oder Kopfschmerzen, Schmerzen in Schultern, Armen und Händen sowie im Lendenwirbelbereich (Kreuz).

«Treten solche Probleme auf, liegt die Ursache häufig in einer Fehlhaltung», sagt Carlo Schmuki, Spezialist für betriebliche Gesundheitsförderung. Im Spitalzentrum Biel leitet er eine Fachstelle für ergonomische Arbeitsplatzgestaltung.

Natürlich gebe es auch andere Gründe für Schmerzen, wie etwa Arthrose, Verletzungen, Bandscheibenprobleme oder andere Erkrankungen. «Trotzdem liegt der Grund für Schmerzen oft in einer falschen, statischen Haltung.»

 

Verspannte Muskeln

Doch wo sind die Ursachen einer falschen Körperhaltung zu suchen? «Zuerst müssen die Verhältnisse des Bildschirmarbeitsplatzes unter die Lupe genommen werden», so Schmuki. Sind Stuhl, Tisch und Bildschirm richtig eingestellt, wie gut ist die Beleuchtung oder welches Zubehör wird benutzt. Das zweite wichtige Stichwort ist das Bewegungsverhalten. «Sitzt der Betreffende stundenlang, oder wie oft steht er auf und geht ein paar Schritte.» Steht der Drucker gleich neben dem Arbeitsplatz, oder müssen die Angestellten sich von diesem entfernen, um Dokumente auszudrucken? Letzteres ist laut Schmuki empfehlenswert. «Das bringt Abwechslung, der Körper kann sich zwischendurch bewegen.» Eine passive Haltung während Stunden fördert Beschwerden, so Schmuki. «Alles was statisch ist über längere Zeit, ist schlecht für die Muskulatur, insbesondere bei der sitzenden Tätigkeit für die Nacken- und Lendenregion.» Denn bleibt man lange in derselben (Fehl-)Position, können sich die Muskeln verspannen. Verspannte Muskulatur wird schlechter durchblutet, der Stoffwechsel ist vermindert, und dies führt zu Schmerzen.

Wie also können Betroffene Abwechslung in ihren Arbeitsalltag bringen? Schmuki rät zu regelmässigen Positionswechseln. Bewegung und Haltungswechsel sind vorteilhaft für den Rücken. Durch das Bewegen der Wirbelsäule werden die Bandscheiben besser mit Nährstoffen versorgt.

Ideal sind Pulte, an denen man sowohl sitzen als auch stehen kann. Doch Vorsicht: Ständiges Arbeiten im Stehen kann ebenso Beschwerden auslösen, hauptsächlich in den Beinen. Eine gute Sitz-Steh-Aufteilung sieht laut Suva wie folgt aus: Zirka 60 Prozent Arbeiten im Sitzen, zirka 30 Prozent Arbeiten im Stehen, zirka 10 Prozent gezieltes Umhergehen. Auch Dehn- und Bewegungsübungen sind empfehlenswert. «Viele Menschen neigen mit der Zeit zu einer Nussgipfelhaltung, das heisst, der Oberkörper ist gekrümmt.» Deshalb seien die Dehnungsübungen des Oberkörpers ganz besonders wichtig. Carlo Schmuki beobachtet, dass es nicht immer einfach ist, die Angestellten zu solchen Übungen zu motivieren. «Die Hemmschwelle ist relativ hoch, sie sinkt aber, sobald alle denselben Wissensstand haben.»

Ausserdem sei das betriebliche Gesundheitsmanagement Chef-sache. «Die Geschäftsleitung muss dahinterstehen und mit gutem Vorbild vorangehen.» Nur gelebte Ergonomie sei nachhaltig, ist er überzeugt. Dies betreffe auch die Themen Sport und Ernährung. Der Betriebsanlass dürfe ruhig einmal bewegt stattfinden, und gesunde Ernährung solle - statt gepredigt - zur Verfügung gestellt werden (Früchte und Gemüse in Schalen, in der Kantine, im Automaten).

 

Produktivere Mitarbeiter

Schliesslich profitiere nicht zuletzt auch der Arbeitgeber von gesünderen und beschwerdefreieren Mitarbeitern, ist Schmuki überzeugt. Dies zeigt eindrücklich eine Studie der Hochschule Luzern (SBiB-Studie April 2010). Laut dieser Studie leiden zwischen 50 und 68 Prozent der Befragten unter muskuloskeletalen Beschwerden in den Bereichen Rücken, Schultern und Nacken. Die (subjektive) Einschränkung der eigenen Produktivität durch diese Beschwerden beträgt zwischen 25 und 30 Prozent. Das müsste den Arbeitgebern eigentlich zu denken geben.

 

Link: www.ergonlife.ch

Hier finden Sie weitere Informationen für Ihr Wohlbefinden.

Nachrichten zu Vermischtes »