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Mondlandung

Ein grosser kleiner Schritt

Am 21. Juli 1969 hörte eine halbe Milliarde Menschen Neil Armstrongs legendären ersten Satz vom Mond: «Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein grosser Sprung für die Menschheit.» Alle drei Astronauten von Apollo 11 trugen eine Omega aus Biel.

Eine Omega Speedmaster Professional am rechten Arm von Buzz Aldrin (Bild) war die erste Uhr auf dem Mond. Keystone

Von Beat Kuhn

Am Mittwoch, 16. Juli 1969, steht auf der Startrampe von Cape Canaveral in Florida eine Rakete vom Typ Saturn V (fünf) bereit: 110 Meter hoch ist sie, also höher als ein Wolkenkratzer mit 30 Etagen, und 3000 Tonnen schwer, so viel wie 500 Elefanten. Gespannt warten die drei Astronauten auf den Start: Neil Armstrong, Michael Collins und Buzz Aldrin. Letzerer ist eigentlich auf den Vornamen Edwin getauft. Aber er wird schon als Kind Buzz genannt, weil ihn seine Schwester immer Buzzer rief – weil sie «Brother» («Bruder») nicht schaffte. Dann erfolgt die Zündung, und wie in Zeitlupe hebt die Rakete ab. 13,5 Tonnen Treibstoff verbraucht sie, und zwar pro Sekunde – ökologisch also ein Super-GAU, aber damals kennt noch niemand auch nur das Wort «ökologisch».

Drei Minuten nach dem Start ist die unterste Raketenstufe abgebrannt, wird abgetrennt und fällt in den Atlantik. Neun Minuten später ist die zweite Raketenstufe dran. Nun ist eine Höhe von 180 Kilometern erreicht. Mit einer Geschwindigkeit von 24000 Kilometern pro Stunde umkreist die Rakekte anderthalbmal die Erde. Dann beschleunigt die dritte Stufe die Saturn V auf 37000 Kilometer pro Stunde und bringt sie auf Kurs zum Mond. Nachdem die dritte Stufe abgesprengt ist, wird die Rakete zum Raumschiff, bestehend aus Kommandokapsel und Mondlandefähre.

Damit das Raumschiff nicht einseitig von der Sonne erhitzt wird, dreht es sich mit drei Umdrehungen pro Stunde um die eigene Achse, wie ein Brathähnchen – die Nasa nennt dieses Verfahren selbst «Barbecue-Technik». Der Hinflug zum 384000 Kilometer entfernten Mond dauert gut drei Tage und verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Nach 76 Stunden Flug bremst die Crew am Samstag, 19. Juli, ab und schwenkt in eine Mondumlaufbahn ein.

Am Sonntag, 20. Juli, steigen Armstrong und Aldrin von der Kommandokapsel, die den Namen Columbia hat, in die Landefähre Eagle («Adler») um. Ihrer bizarren Form wegen wird Letzere Nasa-intern auch «fliegendes Bettgestell» genannt. Collins bleibt in der Kommandokapsel. Er wird auf einer Umlaufbahn in 111 Kilometern Höhe über dem Mond auf seine Kollegen warten.

Drei Schreckensmomente
Die Landefähre dockt ab und startet zum Anflug auf den Mond. Da gibt der Bordcomputer mehrfach Alarm. In der Bodenstation in Houston wird fieberhaft darüber diskutiert, was da los sein könnte. Schliesslich gibt «Houston» die Anweisung, die Fehlermeldungen zu ignorieren. Später wird sich eine Überlastung des Systems als Ursache herausstellen.

Kurz darauf ein zweiter Schreckensmoment: Der Autopilot steuert Eagle direkt auf einen Ort voller Abhänge und Felsen zu. «Diese Hänge waren steil, die Felsen so gross wie Autos», wird Armstrong Jahre später in einem seiner seltenen Interviews sagen. «Das war kein Ort, an dem ich landen wollte, also schaltete ich auf manuelle Steuerung.» Er versucht, einen flacheren Ort zu finden.

Da stellt sich ein drittes Problem: «Mir ging der Treibstoff aus, ich hatte nur noch für weniger als zwei Minuten Treibstoff», so Armstrong. Er sucht weiter nach einer geeigneten Stelle für eine Landung. Da ertönt die 30-Sekunden-Warnung. «Ich musste ziemlich schnell runter auf den Boden, ehe der Tank leer war.»

Doch der Kommandant von Apollo 11 findet grade noch rechtzeitig eine geeignete Stelle, im Mare Tranquillitatis, dem «Meer der Ruhe» – als Meere werden auf dem Mond dunkle Tiefebenen bezeichnet. Nur knapp einer Katastrophe entgangen, erfindet Armstrong für den Landeort den Namen «Basis der Ruhe» und meldet der Bodenstation: «Der Adler ist gelandet». Nach mitteleuropäischer Zeit (MEZ), wie sie in der Schweiz gilt, ist zu diesem Zeitpunkt Sonntag, 20. Juli, 21.17 Uhr. Nach der Landung essen Armstrong und Aldrin etwas und ruhen sich aus.

Sechseinhalb Stunden danach öffnet Armstrong die Luke von Eagle. Die Oberfläche des Mondes sei von feinem, geradezu puderartigen Sand bedeckt, berichtet er von der Leiter aus. Dann, als er den Erdtrabanten als erster Mensch betritt, sagt er es: «Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein riesiger Sprung für die Menschheit.» In der Schweiz ist da Montag, 21. Juli, 3.56 Uhr – in den USA noch Sonntag, weswegen dort der 20. Juli als Jahrestag gilt.

Experiment der Uni Bern
15 Minuten später folgt Buzz Aldrin. Nach dem Ausstieg entrollt er als Erstes das sogenannte Sonnenwindsegel aus einer speziellen Alufolie, das an der Uni Bern entwickelt worden ist. Sonnenwind ist ein Strom von Ionen und Elektronen, der ständig von der Sonne ausgeht. Die Auswertung der Messwerte in Bern wird neue Rückschlüsse auf die Entstehung des Sonnensystems und den Urknall erlauben.

Nach weiteren Experimenten und dem Einsammeln von 21,6 Kilo Gesteinsproben steigen die Astronauten nach zweieinhalb Stunden wieder in die Landefähre ein. Sie verstauen die Proben und das wieder eingerollte Sonnenwindsegel, werfen unnötig gewordene Ausrüstung aus der Kabine und ruhen sich aus.

Landung im Pazifik
Dann startet der obere Teil von Eagle – der untere Teil bleibt zurück. An einem der vier Standbeine ist eine Gedenktafel angebracht, auf der steht: «Hier haben Menschen vom Planeten Erde erstmals ihren Fuss auf den Mond gesetzt, im Jahre des Herrn 1969 im Juli.» Die Landefähre dockt an der Kommandokapsel an, dann wird sie wieder abgedockt und im All zurückgelassen.

Am Donnerstag, 24. Juli, erreicht Columbia die vorgesehene Erdumlaufbahn. Dann wird auch noch ein Teil der Kapsel abgesprengt. Von der riesigen Rakete ist nun nur noch ein drei Meter hoher und vier Meter breiter Rest der Kapsel übrig. Plangemäss erfolgt die Landung südwestlich von Hawaii im Pazifik. Die Astronauten werden an Bord des Flugzeugträgers USS Hornet geholt. Mission erfüllt.
 

 

ZWEITTEXT 1:

Jahrelang haben die Sowjets die Nase vorn

Die Eroberung des Weltraums war während des Kalten Kriegs ein Prestige-Wettstreit der kapitalistischen USAgegen die kommunistische Sowjetunion. Dieser begann schon 1955, als US-Präsident Dwight D. Eisenhower ankündigte, man werde einen erdumkreisenden Satelliten ins All schiessen – worauf eine gleichlautenden Absichtserklärung der Sowjetunion folgte.

Im Oktober 1957 schreckte ein Piepen aus dem Universum die USA auf. Gesendet wurde es von der russischen Raumsonde Sputnik 1. Nur einen Monat später folgte ein nächster Schock für die Amerikaner: Sputnik 2 mit der Hündin Laika –übrigens das russische Wort für «Kläffer» – wird in die Erdumlaufbahn gebracht. Damit konnte die russische Seite auch das erste Lebewesen im All verbuchen. Wie erst 2002 bekannt wurde, starb Laika schon wenige Stunden nach dem Start.
Nach diesem Doppelsieg des Klassenfeindes rief Präsident Eisenhower 1958 eilends die National Aeronautics and Space Administration (Nasa) ins Leben, die US-Bundesbehörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft. Im September 1959 gelang es den Sowjets mit Lunik 2 erstmals, eine Raumsonde zum Mond zu schiessen und dort kontrolliert zum Absturz zu bringen.

Auch der Triumph des ersten bemannten Raumfluges ging an die Russen: Am 12. April 1961 umrundete Juri Gagarin mit dem Raumschiff Wostok 1 einmal die Erde. Der erste Amerikaner, John Glenn, sollte erst zehn Monate später, im Februar 1962, in einer Mercury-Raumkapsel folgen, wobei er die Erde gleich dreimal umrundete. Gleichwohl hatte das Mercury-Programm, das von 1958 bis 1963 dauerte, damit sein Ziel erreicht, nämlich, einen Menschen in eine Erdumlaufbahn zu bringen.

In der Folge setzten die Russen noch eins drauf – beziehungsweise zwei: Mit Wostok 6 flog im Juni 1963 erstmals eine Frau in den Weltraum, und mit Woschod 2 gelang im März 1965 der erste Ausstieg ins All. Der erste amerikanische Ausstieg erfolgte mit einem Rückstand von drei Monaten – der erste Einsatz einer Frau mit Rückstand von 20 Jahren: 1983 in einem Space Shuttle. bk


ZWEITEXT 2:

Das Apollo-Programm bringt die Wende im Kalten Krieg im All

Nur sechs Wochen nachdem die Sowjets im April 1961 mit Juri Gagarin den ersten Menschen ins All gebracht hatten, sagte der neue US-Präsident John F. Kennedy in einer Rede vor dem Kongress: «Es ist an der Zeit, dass unsere Nation eine klare Führungsrolle im Weltraum einnimmt.» Und er wurde sehr konkret: Noch vor Ablauf der 60er-Jahre solle ein Amerikaner den Mond betreten und gesund wieder auf die Erde zurückkehren.

Die Rede war gleichzeitig der Auftakt zum Apollo-Programm. Anfangs lief parallel das Gemini-Programm dazu. Mit den Gemini-Kapseln sollten Erkenntnisse für die Mondlandung gewonnen werden, etwa für die Navigation oder das Arbeiten im Weltall. Zwischen 1964 und 1966 kam es zu zwei unbemannten und zehn bemannten Gemini-Flügen.

Am 27. Januar 1967 erlitt das Apollo-Programm einen schweren Rückschlag: Bei einem Test auf der Erde brach in der Kommandokapsel Feuer aus – alle drei Astronauten starben. Daraufhin wurden umfangreiche, zeitraubende Änderungen an der Kommandokapsel vorgenommen. Zu Ehren der Toten wurde dem Test nachträglich die Bezeichnung Apollo 1 verliehen, die eigentlich realen Missionen vorbehalten war.

Bis April 1968 folgten als Apollo 2 bis 6 unbemannte Testflüge, zum Teil schon mit der Saturn-V-Rakete. Gebaut wurde diese unter der Leitung von Wernher von Braun, der im Zweiten Weltkrieg das Raketenprogramm Hitlers geleitet hatte. Mit der V2 hatte er damals die erste funktionsfähige Rakete entwickelt. Unter anderem wurde mit sprengstoffbeladenen Exemplaren London beschossen.

Apollo 7 im Oktober 1968 war der erste bemannte Testflug. Er beschränkte sich allerdings auf Erdumrundungen. Im Dezember 1968 startete Apollo 8 zur ersten Umkreisung des Mondes. Im März 1969 testete Apollo 9 auf einer Erdumrundung das Mondlandemodul. Und im Mai 1969 nahm Apollo 10 Kurs auf den Erdtrabanten, um die Landefähre in der Mondumlaufbahn zu testen.

Mit Apollo 11 wurde Kennedys Ziel des Apollo-Programms zwar erreicht. Trotzdem wurde dieses danach weitergeführt. Im November 1969 gelang mit Apollo 12 eine zweite Mondlandung. Die Mission von Apollo 13 im April 1970 endete um ein Haar in einer Katastrophe: Während des Fluges zum Mond explodierte ein Sauerstofftank. «Houston, wir haben ein Problem», funkte Kommandant Jim Lovell damals zur Bodenstation. Durch einen Umstieg von der Kommandokapsel in die Mondfähre konnten sich die Astronauten aber retten. Im Januar 1971 erfolgte mit Apollo 14 die vierte Mondlandemission. Sie verlief ebenso erfolgreich wie jene von Apollo 15 im Juli 1971 und jene von Apollo 16 im April 1972. Mit der Rückkehr der Apollo-17-Crew endete im Dezember 1972 das Nasa-Programm zur bemannten Erkundung des Mondes.

Nachdem im Weltraum zunächst jahrelang die Russen als Erste Etappenziele erreicht hatten, konnten die Amerikaner mit der ersten Landung auf dem Mond das Blatt wenden. Der Preis dafür war indes buchstäblich hoch: Mitte der 60er-Jahre arbeiteten über 400000 Personen für das Apollo-Projekt, dessen Gesamtkosten beliefen sich nach heutiger Kaufkraft auf 112 Milliarden Dollar. Die Nasa hatte zeitweise über vier Prozent des US-Haushalts zur Verfügung. bk/sda
 

 


ZWEITER ARTIKEL:

Die erste Uhr auf dem Mond wurde zum Diebesgut

Die Omega Speedmaster Professional von Buzz Aldrin wurde Anfang der 70er-Jahre gestohlen. Bis heute ist sie nicht wieder aufgetaucht.

Die Apollo-11-Mission mit der erstmaligen Mondlandung war sicher der spektakulärste Einsatz einer Omega Speedmaster Professional. Die gemeinsame Geschichte von Nasa und Omega begann aber schon lange davor: Dank ihres robusten, zuverlässigen und leicht lesbaren Designs wählten die US-Militärpiloten die 1957 auf dem Markt gebrachte Speedmaster bald zur Uhr der Air Force. Viele wurden später Astronauten der Mercury-Missionen, des ersten bemannten Raumfahrtprogramms der Nasa. 1962 nahm Walter Schirra seine Speedmaster mit auf den Raumflug der Mercury-Atlas 8. Sie war die erste, die im Weltraum getragen wurde.

Extreme Tests
1964 wurde das Raumfahrtprogramm der Nasa intensiviert, und man begann nach einer Uhr zu suchen, auf die man sich verlassen konnte. Es wurden diverse Hersteller in aller Welt kontaktiert. Gesucht wurde ein Chronograph, der am Handgelenk getragen werden konnte. Ein Chronograph ist eine Uhr, die auch als Stoppuhr verwendet werden kann. Dafür hat sie zusätzlich drei kleine Zifferblätter, zur Messung von Stunden, Minuten und Sekunden. Es gibt auch Exemplare mit nur zwei Stoppuhr-Zifferblättern – oder aber deren vier, mit einem Hundertstelsekunden-Zähler.

Mehrere Unternehmen, darunter die Omega SA, die heute eine Tochtergesellschaft der Swatch Group ist, reichten Modelle ein. Diese wurden harten Tests unterzogen. So wurden sie der Hitze von 93 Grad ausgesetzt und dann schockartig auf arktische 18 Grad minus gekühlt – und dies 15 mal hintereinander. Zum «Folterprogramm» gehörten ferner Funktionsprüfungen in Schwerelosigkeit, in magnetischen Feldern, unter massiven Erschütterungen oder bei brutalen Beschleunigungen. Nur eine Uhr überstand dieses Martyrium schadlos: die Omega Speedmaster Professional. Diese mechanische Uhr mit Handaufzug wurde im März 1965 als einzige für «flugtauglich für alle bemannten Raumfahrtmissionen» erklärt.

Viel mehr als ein Accessoire im All
Von da an war Omega der einzige Uhrenlieferant für das Raumfahrtprogramm der Nasa, erst beim Gemini-Programm, dann bei allen Apollo-Expeditionen. Genaugenommen war die Speedmaster allerdings nicht die einzige Uhr, die auf dem Mond war. So musste ein Astronaut von Apollo 15 beim dritten Ausstieg auf seine Ersatzuhr zurückgreifen, weil seine Speedmaster beschädigt war – und das war ein Modell der Marke Bulova.

Laut James Ragan, jenem Nasa-Ingenieur, der 1965 die Prüfung aller Uhren vornahm, waren die Armbanduhren der Astronauten nicht einfach ein Accessoires: «Wenn die digitalen Zeitmesser nicht funktionierten oder der Funkkontakt zur Bodenstation unterbrochen war, dann blieb als Einziges die Armbanduhr, die sie am Handgelenk trugen.» Bei der Beinahe-Katastrophe von Apollo 13 hatte die Speedmaster gar einen überlebenswichtigen Einsatz: Kurz vor dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre mussten die Antriebsraketen exakt 14 Sekunden lang gezündet werden, um die Kapsel auf Kurs zu bringen.

Aber auch bei Apollo 11 gab es ein Problem: Weil die elektrische Uhr der Landefähre ausfiel, liess Neil Armstrong seine Speedmaster als Ersatz dort zurück. So wurde das Exemplar des zweitens Mannes auf dem Mond, Buzz Aldrin, zur ersten Uhr auf dem Mond.

Mit dieser passierte Anfang der 70er-Jahre Mysteriöses: Buzz Aldrin wollte seine Speedmaster dem Nationalen Luft- und Raumfahrtmuseum in Washington zum dauerhaften Ausstellen überlassen. Den Versand besorgte ein Team von Spediteuren im Spezialauftrag der Nasa. Doch unterwegs wurde die Uhr gestohlen. Bis heute ist dieses unersetzliche Exemplar nicht zum Vorschein gekommen.    Beat Kuhn

 

Stichwörter: Mondlandung, Apollo 11, Omega

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