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Métairies

Hier wünschen sich Fuchs und Hase gute Nacht

Wenn es im Seeland heiss ist und sich auf dem Chasseral viele Leute tummeln, bietet sich ein Besuch der Métairie de la Grande Maison auf dem Mont Sujet an: Rund um die Alp ist es still, einsam und kühl. Das geniessen auch zwei sehr freundliche Schweine.

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Lotti Teuscher


Eine leichte Brise streichelt die Bäume, die Gustis, die Menschen. Die Augen ruhen auf vielfältigem Grün: Mittelgrüne Weiden, mit einem leichten Stich ins herbstliche Gelbbraun; der heisse Sommer fordert seinen Tribut. Tannen mit dunkelgrünen Nadeln, Eichen, Bergahorn in hellerem Grün. Darüber ein Himmel, blau wie das Mittelmeer, durchzogen von weissen Schlieren. Ab und zu das Surren eines Flugzeugs, träges Glockengebimmel. Ansonsten: nichts.
Hier steht die Métairie de la Grande Maison, 1284 Meter über Meer. Geführt wird die Sennerei von Claude-Alain und Gerdien Bettex in der sechsten Saison. Beide sprechen gut Deutsch, wie sich dies im Berner Jura gehört. Er mit einem französischen, sie mit einem schwer definierbaren Akzent. Die Herkunft von Gerdien Bettex lassen ein Brett mit Holzzoggeli und das Bild einer Windmühle in der dunklen Gaststube erahnen: Sie ist Holländerin.


Kochen nur mit Holz
Kennengelernt hat sich das Sennenpaar während Claude-Alain Bettex‘ Wanderzeit. Der gelernte Landwirt arbeitete in England, Italien und Holland, um Neues zu lernen. Nun sind die beiden 57-Jährigen nach länger dauernden Einsätzen auf dem Mont Tendre und im Seeland, auf dem Mont Sujet angekommen, wo sie Gustis sömmern und eine Alpwirtschaft betreiben. Mit einfachsten Mitteln: Gekocht wird auf einem kleinen Holzherd, in dem während der ganzen Saison ein Feuer brennt.
Der Jura rund um die Métairie ist so perfekt, dass er wie ein Cliché wirkt; fast kitschig, hätte ihn jemand als Bild gemalt - doch die Umgebung ist echt. Geformt von der Natur mit Unterstützung der Sennen, die seit Jahrhunderten auf dem Mont Sujet ihre Rinder weiden lassen. Wytweiden mit Baumgruppen, die Schatten spenden und Brennholz liefern, gesäumt von schattigen Wäldern.
Während im Seeland die Hitze drückt, ist es 900 Höhenmeter weiter oben angenehm sommerlich. Während auf dem Chasseral die Ausflügler wimmeln, ist es auf seinem kleinen Bruder, dem Mont Sujet, einsam – Ruhe statt Rummel.
Das Haus aus grob verputztem Kalkstein ist im typischen Jurastil gebaut – keine Verzierung, keine Ornamente, alles funktional. Es ergänzt in seiner Kargheit die üppige Umgebung. Der Hof ist auffallend lang, daher sein Name De la Grande Maison, gebaut zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Davon zeugt eine Jahreszahl auf der Zisterne: 1904.
Nur etwa ein Fünftel des Gebäudes dient als Gastraum, Küche und Schlafstube; viel Platz nimmt der grosse Stall ein, in dem es nach Heu duftet sowie das Holzlager. Rund zehn Ster Holz werden pro Saison verfeuert, was viel Arbeit bedeutet: gefällte Stämme aus dem Wald holen, Holz sägen, spalten, hacken, etwa 4000 Kilo pro Saison.
180 Gustis aus dem Plateau die Diesse sömmert Jean-Claude Bettex. Rinder kontrollieren, Zäune ablaufen, Tiere tränken – wenn es heiss ist, säuft ein Rind bis 70 Liter Wasser, das sind 1200 Liter pro Tag. Auf der Métairie de la Grande Maison geht das Wasser dennoch nie aus: Sie wird durch eine Leitung versorgt. Claude-Alain Bettex bezeichnet die Ingenieurskunst, die dies möglich macht, als «grosse Chance» angesichts des Hitzesommers.


Bobby, Mann für alles
Der dritte im Bund auf der Métairie ist «Bobby» Erhard Egger. 67-jährig, muskulöse Arme, braun gebrannt. Der Pensionierte suchte einen Job: «Was söu i dehei hocke, am Morge i dr Landi es Kafi näh und nächär am Compi sitze?»
«Bei uns gibt es immer Arbeit, aber die Chemie muss stimmen», sagt Claude-Alain Bettex. Dass die Chemie zwischen dem Dreigestirn stimmt, merkt man rasch; es versteht sich ohne viele Worte. «Bobby» packt an, wo immer nötig – aber auch die Geografie stimmt: Bettex‘ haben in Erlach ein Haus, Egger wohnt in Ins und kann somit Besorgungen machen, wo es auch Gerdien Bettex tut: in der Region. Sie übernachtet jeweils in Erlach: «Darauf freue ich mich immer. Und am Morgen freue ich mich, wieder auf dem Spitzberg anzukommen.»


Die Glücklichsten
Zur Gemeinschaft auf dem Mont Sujet gehören noch zwei weitere Lebewesen; im Moment sind die beiden Schweinchen leider abwesend, irgendwo im Wald im Schatten dösend. Die ersten acht Tage verbringen sie im Gehege, damit sie wissen, wo sie wohnen. Danach geniessen die Schweine unbegrenzte Freiheit. Liegen vor dem Haus, lassen sich von Gästen kraulen wie Hunde, streifen herum. Zwischen 17 und 18 Uhr bekommen sie Wasser, am Morgen um 7.15 Uhr gibt es Frühstück. Schweine sind intelligente Tiere, die Zeiten haben sie im Griff. Eine Einschränkung gibt es allerdings selbst in diesem Schweineparadies: Die beiden Eber sind kastriert, damit sie sich nicht mit Wildschweinen paaren.


Ungewöhnliches Panorama
Wenn das Ehepaar Bettex durch eine Waldschneise nach Süden schaut, streift der Blick nach einer Reise von 100 Kilometern das blauweisse Alpenpanorama. Der Blick nach Norden prallt bereits nach wenigen 100 Metern auf die langgezogene, sanft ansteigende Südflanke des Chasseral. Aus dieser Perspektive ein mächtiger Berg mit dem imposanten Felsenhang Les Roches; darunter bewaldet, gekrönt von grosszügigen Weiden.
Eine fantastische Aussicht und dennoch – Claude-Alain Bettex führt lieber die Sennerei auf dem kleinen Spitzberg: «Mir gefällt, dass es hier keine Waldgrenze gibt und die Métairie von alten Bäumen umgeben ist.» Riesen mit dickem Stamm, die im Herbst die Familie Bettex mit buntem Laub verzaubern.
Für Bobby Egger bedeutet die Arbeit auf der Métairie Freiheit. Jean-Claude und Gerdien Bettex schätzen das vergleichsweise milde Klima auf dem Spitzberg, der vom Schutz durch den 250 Meter höheren Chasseral profitiert: Stürme und Gewitter sind weniger heftig, im Frühling und Herbst ist das Klima milder.
Wenn sie Musse hat, setzt sich Gardien Bettex in den Schatten der Lärche vor dem Berghof. Claude-Alain Bettex geniesst den Feierabend in einem Schaukelstuhl vor dem Haus und sinniert. Manchmal hört er ein Flugzeug, ab und zu taucht ein Fuchs auf oder ein Hase hoppelt vorbei. Wenn der letzte Gast gegangen ist, wird die Métairie zum Ort, wo sich Fuchs und Hase tatsächlich «gute Nacht» sagen.

 

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Métairie de la Grande Maison

- Essen: Dreierlei Rösti, Käseschnitte à la mode du Chef, kalte Plättli, Beinschinken.

- Da die Platzzahl beschränkt ist, sollten sich Gäste anmelden unter: 032 315 13 22/079 705 75 09.

- Wanderung: Mit dem Postauto bis Diesse, Skulpturenweg, Métairie du Bas, Métairie de la Grande Maison, Nods, Postauto. 400 Höhenmeter, 3.30 Stunden. LT

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