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Minimal-invasive Chirurgie

Operation durchs Schlüsselloch

Sie ist noch relativ jung, die sogenannte Schlüsselloch-Chirurgie. Ihre Vorteile sind einleuchtend: Kleinere Narben, ein rascherer Heilungsprozess, weniger Schmerzen.

Das Körperinnere in Grossaufnahme: Ärzte bei einer Laparoskopie. Bild: Spitalzentrum Biel/zvg

Sarah Zurbuchen

Die Idee ist bestechend: Statt den Bauchraum für eine Operation zu öffnen, werden nur ein paar kleine Schnitte gemacht. Durch diese Zugänge werden eine kleine Kamera sowie sehr feine Instrumente eingeführt. Von ausserhalb des Körpers steuert der Chirurg die Instrumente. Diese Technik nennt man «minimal-invasive Chirurgie» (MIC) oder Schlüsselloch-Chirurgie.

Die MIC im Bauchraum wird seit etwas mehr als 20 Jahren in grösserem Rahmen praktiziert. Ihre Anfänge hatte sie in der Gynäkologie, wo sie zuerst hauptsächlich für diagnostische Bauchspiegelungen eingesetzt wurde. Danach etablierte sich die laparoskopische Chirurgie zunächst zur operativen Entfernung der Gallenblase, später auch zur Durchführung komplexerer Operationen im Bauchraum.

 

Das Vorgehen

Carsten Viehl, Chefarzt Chirurgie am Spitalzentrum Biel, erklärt das Vorgehen: «Es werden drei bis vier kleine Schnitte von bis zu einem Zentimeter gemacht. Diese werden als Arbeitskanäle für die Einführung der Instrumente und der Kamera genutzt.» In die Öffnungen werden Hül- sen, sogenannte Trokaren, eingebracht. Dies, damit die Zugänge offen bleiben. Zusätzlich sind die Trokaren mit Ventilen versehen. Bei einer Laparoskopie des Bauchraums muss der Bauch nämlich mit CO aufgeblasen werden. Die Ventile verhindern, dass das COwieder entweicht. Mit zirka 30 Zentimeter langen Instrumenten kann der Chirurg anschliessend den gesamten Bauchraum erreichen. Zuvorderst befinden sich miniaturisierte Vorrichtungen (zwischen drei und zehn Millimeter gross), etwa Scheren, Klemmen, Tupfer oder auch Präparierinstrumente. «Diese können dank elektrischer Energie oder Ultraschall schneiden und gleichzeitig das Gewebe versiegeln», führt der Chefchirurg aus. Dank der eingebrachten Kamera wird alles, was jetzt innerhalb des Körpers passiert, auf einem Bildschirm dargestellt, und falls nötig auch stark vergrössert. Carsten Viehl: «Das ist ein grosser Vorteil. So erhalte ich ein gutes Bild, sogar von sonst schwer zugänglichen Stellen.» Allerdings: Ein Bild zeigt immer nur zwei Dimensionen, der Chirurg muss also «im Kopf auf 3D umschalten», so Viehl. Doch auch hier wird die Technik in den nächsten Jahren Fortschritte machen: Die 3D-Laparoskopie ist in Entwicklung.

 

Die Bereiche

Die minimal-invasive Chirurgie eignet sich für verschiedenste Eingriffe. So wird die Methode unter anderem auch in der Thorax-Chirurgie (Brustraumspiegelung), der Gynäkologie, der Urologie und auch der Orthopädie bei Gelenkoperationen eingesetzt. Häufig werden per Schlüsselloch-Chirurgie auch Operationen oder Untersuchungen im Bauchraum durchgeführt: Zur Entfernung der Gallenblase, des Blinddarms, für Leisten-, Narben-, Nabel- oder Zwerchfellbrüche oder für Magen-Bypässe. Auch für Eingriffe am Dick- und Enddarm und sogar bei der Entfernung von bösartigen Tumoren ist die MIC geeignet. Aktuelle Studien zeigen laut Viehl, dass Tumoren im Darmbereich per MIC genauso sicher entfernt werden können, wie per konventioneller Operation.

 

Die Vorteile

Und worin liegen die Vorteile der minimal-invasiven Chirurgie? Carsten Viehl: «Es gibt nur winzige Narben. Das ist erstens aus ästhetischer Sicht von Vorteil, zweitens ist das Zugangstrauma wesentlich kleiner.» Will heissen, der Patient hat nach der Operation weniger Schmerzen und der Heilungsprozess ist kürzer. Der Patient ist schneller wieder fit und mobil.

Die Erholungsphase wird im Spitalzentrum mit einem speziellen Programm, einer postoperativen Rehabilitation, noch unterstützt. Das Programm beinhaltet ein Bündel von Massnahmen wie Atemtherapie, Ernährungstipps, gezielte Schmerzbekämpfung usw. «Es ist oft erstaunlich, wie schnell sich die Patienten von einer solchen OP wieder erholen», sagt der Chefarzt.

Ein Beispiel: Bleibt eine Person nach einer konventionellen Dickdarmteilentfernung zirka zehn Tage lang im Spital, sind es nach einem laparoskopischen Eingriff mit postoperativem Rehabilitationsprogramm nur rund fünf Tage.

 

Die Grenzen

Natürlich kennt die MIC auch Grenzen und gewisse Nachteile. So kann ein Chirurg bei einer Laparoskopie seinen Tastsinn weniger einsetzen. Ausserdem gibt es Patienten, bei denen es aufgrund von Lungenproblemen nicht angezeigt ist, den Bauchraum aufzublasen. Es gibt auch Patienten, die keine Vollnarkose wollen. Das alles gilt es, zu berücksichtigen. Für Viehl ist klar: «Wenn ich vor oder während der Operation das Gefühl habe, ich müsse einen Kompromiss eingehen, ist die MIC nicht die richtige Methode. In einem solchen Fall muss auf eine konventionelle Operationsmethode umgestiegen werden. Eine sichere Behandlung hat immer Vorrang», betont der Chirurg.

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