Sie sind hier

Tiefkühl-Temperaturen gehen ins Geld

Schwitzen muss auf den Baustellen im Seeland beim derzeitigen Wetter niemand. Wo überhaupt noch gearbeitet wird, sind häufig besondere Massnahmen nötig. Und die sind teuer.

(tul) Es ist kalt auf den Baustellen. Saukalt. Nicht nur die Finger der Arbeiter frieren ein. In den ersten beiden Blocks der Sabag-Überbauung entlang der Mattenstrasse müsste eigentlich die Heizung in Betrieb genommen werden, sagt Jusuf Alili vom Bau- und Planungsbüro Udro in Biel, verantwortlich für die Grossbaustelle. Doch dazu müssen die Heizungsrohre mit Wasser gefüllt werden. Und dieses gefriert bei den sibirischen Temperaturen, bevor die Heizanlage für Wärme sorgen kann. Nun klärt Alili ab, ob das Gebäude vorübergehend mit einer mobilen Anlage erwärmt werden kann, bis die Heizung in Betrieb ist. Doch dies kostet eine Stange Geld. Geld, das letztlich der Auftraggeber zu zahlen hat.<br><br style="font-weight: bold;"><span style="font-weight: bold;">Risiko beim Bauherrn</span><br>Häufig ruht im Winter die Arbeit auf den Baustellen. Will der Bauherr, dass die Arbeiten trotz Frost und Schnee weitergeführt werden, müsse er die sogenannten Wintermassnahmen selber finanzieren, sagt Hermann Wüger. Er ist Geschäftsführer des Kantonal-Bernischen Baumeisterverbands KBB. «Damit liegt das Risiko beim Bauherrn.» Vorbehalten sind anderslautende Abmachungen im Vertrag.<br>Dies hat keineswegs nur damit zu tun, dass die Bauarbeiter nicht frostfest wären. Die Arbeit auf vereisten Baustellen kann gefährlich sein, es kann aber auch die Qualität der Arbeit leiden. So erreicht Beton die verlangte Festigkeit nicht, wenn er während des Abbindens gefriert. Strassenbeläge, die bei Minustemperaturen eingebaut werden, werden innert Minuten von 150 Grad auf unter Null Grad abgeschreckt; die Folge sind Frostschäden.<br>Für die Unternehmen ist vor allem das Risiko, im Winter gar keine Arbeit zu haben, existenzbedrohend. «Darum ist unser Gewerbe sehr saisonal», erklärt Wüger. In früheren Jahren wurden deswegen oft Saisonniers angestellt, heute sind es häufig ausländische Teilzeitangestellte. <br><br><span style="font-weight: bold;">Betriebsferien</span><br>Der Anruf des Bieler Tagblatts hat Hermann Wüger gestern auf der Skipiste erreicht. Kein Zufall, denn im Gegensatz zum Sommer haben Bauleute im Winter viel Zeit. Einige Bauunternehmen, besonders im Tiefbau, stellen den Betrieb im Winter deshalb mehr oder weniger ein. So hat Implenia ihren Angestellten während der kältesten Zeit gleich ganz frei gegeben; dafür müssen sie eine Woche ihrer Ferien drangeben, der Rest ist Überzeitkompensation. «Es hat keinen Wert, bei diesen Temperaturen zu arbeiten», sagt Michael Hilfiker, Projektleiter der Arbeiten, die in der Bieler Zentralstrasse durchgeführt werden. <br>Implenia hat ihre Angestellten vor Weihnachten in die Ferien geschickt, erst am 26. Januar treten sie wieder zur Arbeit an. «Den Leuten passt das», sagt Hilfiker. Die Ausländer reisen in dieser Zeit oft in ihre Heimat, aber auch Schweizer schätzten es, die im Sommer angesammelte Überzeit auf diese Weise abzufeiern. <br><br><span style="font-weight: bold;">Ersatz bei Hudelwetter</span><br>Ist das Wetter so garstig, dass die Arbeiten nicht weitergeführt werden können, springt die Schlechtwetter-Entschädigung ein. Allerdings nur dann, wenn der Ausfall nicht absehbar war. «Im Mittelland muss man davon ausgehen, dass es im Winter mal schneit», sagt Anton Bolliger, Fachbereichsleiter Arbeitsmarkt beim beco Berner Wirtschaft. Führt dieser Schnee dazu, dass die Arbeiten nicht weitergeführt werden können, gibt es keine Entschädigung. Spielt der Winter aber verrückt, und es gibt so viel Schnee, dass trotz getroffenen Winterschutzvorkehrungen ein Arbeiten zeitweise nicht mehr möglich ist, sei eine Entschädigung denkbar, sagt Bolliger. Dies so lange, bis der Arbeitgeber umdisponieren und den Arbeitern andere Arbeit zuweisen konnte.<br>Versichert sind Arbeitnehmer, welche der Arbeitslosenversicherung unterstehen. Allerdings erhalten nicht sie, sondern der Arbeitgeber den Erwerbsausfall vergütet - natürlich unter der Voraussetzung, dass sie die Löhne ihrer Arbeiter im selben Umfang weitergeben. Der Ersatz beträgt 80 Prozent des versicherten Lohns. <br>Das aktuelle Wetter ist wohl für die meisten Unternehmen nicht so, dass Ansprüche geltend gemacht werden können. Das komme ohnehin «fast nie» vor, sagt Hermann Wüger. Und daran wird sich auch in den nächsten Tagen kaum etwas ändern. Obwohl die Meteorologen auch für die nächste Woche mit Dauerfrost rechnen.

Stichwörter: Baustellen

Nachrichten zu Vermischtes »