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Biel

Arbeiten zwischen zuhause und Büro

Wer hier arbeitet, teilt seinen Bürostuhl mit Gleichgesinnten: Am gestrigen Home Office Day öffnete das Coworking Space Dufour West seine Türen für die Öffentlichkeit.

Das Dufour West (im Bild die Leiterin Ursula Spycher) ermöglicht das Arbeiten ausserhalb der eigenen vier Wänden. Bild: Jonathan Liechti

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von Thomas Uhland

Die Laptops aufgeklappt vor sich, die Handys daneben auf dem Schreibtisch, arbeiten konzentriert mehrere meist jüngere Leute. Irgendwo hört man, wie jemand telefoniert, ein Drucker surrt. Ein ganz normales Büro? Nicht ganz. Denn die Arbeitenden gehören nicht der gleichen Firma an. Sie sind Selbstständigerwerbende mit eigenem Unternehmen, Studierende an der Abschlussarbeit oder Leute, die zwar angestellt sind, aber regelmässig in der Nähe ihres Wohnortes arbeiten wollen, statt täglich nach Zürich, Genf oder Basel zu fahren.

Am gestrigen Home Office Day (siehe Zweittext) hat das Coworking Space Dufour West, mitten in der Stadt Biel, seine Türen für die Öffentlichkeit geöffnet. Wie es seinem Geist entspricht, wurde der Tag mit einem gemeinsamen Frühstück begonnen. Coworking ist das neudeutsche Wort, welches bedeutet: Eine Anzahl Arbeitsplätze steht zur Verfügung, die halbtage- oder tageweise gemietet werden können. Im Preis inbegriffen ist die Büroinfrastruktur, der Internetzugang - und die Kaffeemaschine.

 

Networking beim Znüni

Denn diese erfüllt eine wichtige Funktion: Wer im Dufour West arbeitet, macht um 9.30 Uhr Pause - gemeinsam mit den anderen Arbeitenden. «Wer irgend ein Problem hat, wirft es in die Runde. Meist findet sich innerhalb kürzester Zeit eine Lösung», sagt Ursula Spycher, Leiterin von Dufour West. Denn durch die verschiedenen Personen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Hintergründen kommt ein breites Know-how und ein grosses Netzwerk zusammen. Oder man beauftragt gleich ein anderes Kleinunternehmen unter demselben Dach mit Aufgaben, die man selbst nicht machen will oder kann.

Die Idee, Büroarbeitsplätze mit anderen zu teilen und nur dann zu nutzen und zu bezahlen, wenn man sie braucht, ist zwar nicht ganz neu. Neu ist die Zwanglosigkeit, mit der dies im Dufour West geschieht. Reservieren eines Arbeitsplatzes ist nicht nötig, «es hat immer genug Platz», wie Ursula Spycher sagt. Einige, die fix hier arbeiten, melden sich ab, wenn sie auswärts sind, einfach um die Kollegen ins Bild zu setzen. Wer regelmässig im Dufour West arbeitet, kennt die Kollegen, man grüsst sich. «Die Stimmung ist familiär», sagt Spycher.

Einen Widerspruch zwischen dem Tag, der das Arbeiten zuhause propagiert, und dem Dufour West, das gerade das Arbeiten ausserhalb der eigenen vier Wände ermöglicht, sieht Leiterin Ursula Spycher nicht. «Bei uns arbeiten auch viele, die sonst einen langen Arbeitsweg hätten, und nun einige Minuten von zuhause entfernt arbeiten können.» Schliesslich hätten nicht alle die Einrichtung und die Ruhe, um zuhause effizient arbeiten zu können.

 

Zwischen weg und daheim

Und so profitiert eine wachsende Zahl von Kleinstunternehmen davon, ein komplett eingerichtetes Büro, Sitzungs- und Schulungsräme nutzen zu können, ohne gleich grosse Investitionen tätigen zu müssen. Dufour West ist Teil des Bildungs- und Beratungsunternehmens Sanu Biel und im gleichen Gebäude untergebracht. Und wer genug gearbeitet hat, bleibt gleich noch fürs Hobby: Selbst über Nähmaschinen verfügt man hier.

 

Home Office ist praktisch und effizient

Gestern fand der fünfte nationale Home Office Day statt. Damit sollen die Vorteile des Arbeitens in den eigenen vier Wänden propagiert werden. Denn arbeiten von zuhause aus bietet fast nur Vorteile: Arbeitnehmer sparen sich die unproduktive Zeit auf dem Arbeitsweg und richten ihre Arbeitsumgebung so ein, wie es ihnen entspricht; für viele von ihnen bedeutet Home Office mehr Lebensqualität. Arbeitgeber profitieren von der höheren Effizienz und Motivation der Arbeitnehmer. Unter Umständen sparen sie sogar Arbeitsplätze. Schliesslich wird auch der öffentliche und der private Verkehr entlastet.

Von den insgesamt 4,5 Mio. Beschäftigten in der Schweiz haben 54 Prozent aufgrund ihrer Arbeitstätigkeit die Möglichkeit, mobil zu arbeiten. Rund ein Viertel tut dies bereits regelmässig, das sind rund eine Million Menschen. Um dem zunehmenden Mobilitätsbedürfnis gerecht zu werden, bieten inzwischen 300 Gastronomiebetriebe Plätze mit Infrastruktur wie Strom oder WLAN an, darunter die Migros- und Coop-Restaurants. Allerdings ist nicht jede Tätigkeit für Home Office geeignet. Angestellte in der Pflege oder im Gastgewerbe fallen ebenso ausser Betracht wie viele in gewerblichen oder industriellen Berufen.

Für mehr als die Hälfte der Beschäftigten ist aber arbeiten von zuhause (oder einem anderen Ort) aus in den vergangenen Jahren dank modernen Kommunikationsmitteln möglich geworden. Die meisten Berufstätigen verfügen auch zuhause über einen Computer mit Internetanschluss. Sie nehmen über Telefon oder Videotelefonie an Sitzungen teil und sind jederzeit erreichbar.

 

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Stichwörter: Home, Office, Arbeiten, zu, Hause, Zuhause

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