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Edelmetallverarbeitung

Arbeitsplätze still und leise abgebaut

Das global tätige Bieler Unternehmen Cendres et Métaux antwortet auf ein schwieriges wirtschaftliches Umfeld. Der starke Frankenkurs ist nur ein Teil der Herausforderungen.

18 Mitarbeitende von Cendres et Métaux haben vergangene Woche ihre Kündigung erhalten. copyright: bt/a

von Julien Baumann/pl

Ende letzter Woche haben 18 Mitarbeitende von Cendres et Métaux Group die Kündigung erhalten. Der traditionsreiche Edelmetall-Verarbeiter mit Sitz in Biel produziert auch Komponenten für die Dentalmedizin, die Medizintechnik, die Uhren- und die Schmuckindustrie. Die Nachricht über die Entlassungen ist gestern bekannt geworden und wurde inzwischen von der Geschäftsleitung sowie von der Gewerkschaft Unia bestätigt. Die Sozialpartner konnten sich auf einen Sozialplan für die betroffenen Personen einigen.

«Massnahme notwendig»

Das Geschäftsfeld Schmuckindustrie ist besonders betroffen, aber auch andere Abteilungen von Cendres et Métaux mussten sich auf veränderte wirtschaftliche Bedingungen ausrichten, heisst es vonseiten des Unternehmens. Cendres et Métaux beschäftigt rund 340 Personen am Standort Biel. Geschäftsführer Claudio Penna erklärt den Personalabbau als «Folge einer Restrukturierung, welche Synergien geschaffen hat». Die Massnahme sei notwendig gewesen, um dem Kostendruck auf die Margen zu begegnen.

Die Aufgabe der Euro-Franken-Untergrenze durch die Schweizerische Nationalbank habe bei den Kündigungen zweifellos eine wichtige Rolle gespielt, bestätigt Penna. Allerdings sei der Wechselkurs nur ein Faktor, der dem global tätigen Unternehmen Kopfzerbrechen bereite. Der Geschäftsführer von Cendres et Métaux beobachtet noch andere Entwicklungen, welche unternehmerische Entscheide fordern: «Diesen Sommer hat sich der Luxusgütermarkt abgekühlt. Zudem macht die Medizintechnik eine Entwicklung durch, auf welche wir mit einer veränderten Strategie und angepassten Produkten antworten müssen.» Allerdings sei diese Tendenz schon seit mehreren Jahren bekannt, so der Firmenchef.

«Diskretion hat Tradition»

Werden nun weitere Entlassungen folgen? «Grundsätzlich nein», meint Claudio Penna. Er rechnet mit einer Verbesserung der Konjunktur und sieht in den durchgeführten unternehmerischen Anpassungen den Schlüssel zu einer langfristig erfolgreichen Zukunft. «Wir befassen uns recht gründlich mit den wirtschaftlichen Eckwerten und scheuen uns nicht, das Unternehmen zukunftsgerichtet für veränderte Märkte zu positionieren», bekräftigt Penna.

Aber eine Frage beschäftigt uns trotzdem: Warum hat Cendres et Métaux die Arbeitskräfte still und leise abgebaut? «Diskretion gehört zu unserer Firmentradition. Unsere Aufmerksamkeit ist vielmehr auf Meldungen zur Marktlage fokussiert», so der Geschäftsführer.

Gegen den starken Franken

Für die Gewerkschaft Unia ist jede Entlassung eine zu viel. «Auch ein Sozialplan befriedigt uns nie hundertprozentig, denn am Ende haben die Betroffenen ihre Arbeit verloren», sagt Jesus Fernandez , der Gewerkschaftssekretär für die Region Biel-Seeland. Er betrachtet den Währungsentscheid der Nationalbank als sehr problematisch und fordert von der öffentlichen Hand flankierende Massnahmen, denn alle wirtschaftlichen Sektoren seien vom starken Franken betroffen, allen voran die Exportindustrie und der Tourismus. Derzeit sei es noch nicht möglich, arbeitsmarktliche Zahlen über die Region Biel nach dem Währungsschock zu erfahren, bedauert Fernandes.

Auf Kantonsebene zeichnet sich eine starke Zunahme der Kurzarbeit ab: Zwischen Januar und Juli 2015 sind fast doppelt so viele Gesuche eingereicht worden, wie im gesamten Vorjahr. Gemäss neuesten Zahlen der Berner Volkswirtschaftsdirektion leisten heute mehr als 5000 Personen Kurzarbeit. Das Seeland und der Berner Jura sind besonders stark betroffen, denn die Hälfte der Anträge auf Kurzarbeit stammt aus diesen Regionen. Genaue Zahlen über den tatsächlichen Stellenabbau in der Industrie werden wir nicht unmittelbar erfahren. Die kantonalen Behörden führen nämlich nur über «massive» Entlassungen Buch. Das heisst: «Diskrete» Personalabgänge schlüpfen gleichsam unter dem Radar der Statistiker durch.

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