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Finanzen

Beim Zahlen lässt sich die BLS Zeit

Die BLS gibt sich neu 30 Tage mehr Zeit, um Rechnungen zu begleichen. Selbst betreibt sie ein happiges Inkasso. Bei der ersten Zahlungserinnerung setzt es eine Gebühr von 40 Franken.

Durch ihr grosses Investitionsvolumen kann die BLS den Bauherren die Modalitäten diktieren. Bild: Keystone

Quentin Schlapbach

In der Schweizer Baubranche herrscht Unmut über die BLS. Im März 2019 teilte das Bahnunternehmen mit, dass es sich für die Bezahlung von Rechnungen ab sofort 30 Tage mehr Zeit lässt. Statt einer Zahlungsfrist von 30 Tagen gelte neu eine Frist von 60 Tagen. Weil die BLS einer der grössten Kunden des Baugewerbes ist – das Unternehmen investiert jährlich mehrere 100 Millionen Franken in seine Infrastruktur –, haben die Firmen im Prinzip keine andere Wahl, als die neuen Zahlungsmodalitäten so hinzunehmen.

Die Nachfragemacht der BLS

30 Tage mögen auf den ersten Blick eine kurze Zeit sein. In der Baubranche, wo die Margen tief sind und die Ausgaben für Personal und Material unmittelbar ausfallen, können sich 30 Tage aber wie eine Ewigkeit anfühlen. Wer auf eine Millionenzahlung eines Grosskunden wartet, kann kurzfristig in einen Liquiditätsengpass geraten. Diesen zu überbrücken, geht oft nur mittels eines teuren Bankkredits.

Entsprechend empfiehlt die Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB), dass Auftraggeber der öffentlichen Hand Rechnungen stets innerhalb von 30 Tagen bezahlen sollten. «Dass die BLS diese Frist ihrerseits erhöht, ist unüblich», sagt Peter Sommer, FDP-Grossrat aus Wynigen und Geschäftsführer des Kantonal-Bernischen Baumeisterverbands. Der Aufschrei in der Branche ob des Vorgehens der BLS sei deshalb gross gewesen. «Als Unternehmen ist man hier der Macht eines dominanten Kunden ausgeliefert.»

Sommer hat deswegen im Parlament kürzlich einen Vorstoss eingereicht. Darin fragte er den Regierungsrat an, ob der Kanton Bern als Mehrheitsaktionär der BLS nicht beim Unternehmen intervenieren müsse, um es auf seine «volkswirtschaftliche Verantwortung und ein nachhaltiges Geschäftsgebaren hinzuweisen».

Berner Regierung schaut zu

Die Antwort des Regierungsrats liegt seit wenigen Tagen vor. Die BLS habe dem Kanton gegenüber mitgeteilt, dass die Zahlungsfrist von 60 Tagen nur bei «internen Prozessverzögerungen oder bei unklaren Rechnungen» zum Zuge komme, schreibt die Regierung. Generell strebe das Unternehmen eine Frist von 30 Tagen an. Deshalb sehe der Regierungsrat keinen Handlungsbedarf. «Er wird die weitere Entwicklung jedoch aufmerksam verfolgen und ist bereit, das Thema aktiv bei der BLS einzubringen, sollte die Situation dies erfordern», heisst es abschliessend.

Sommer rechnete zwar nicht damit, dass die Regierung der BLS Vorgaben machen wird. «Der Vorstoss ist aber ein direkter Ausdruck des herrschenden Unmuts in der Branche.» Es könne nicht sein, dass sich die Bauherren an die Vorgaben der KBOB hielten, die Unternehmen der öffentlichen Hand hingegen nicht. Die BLS sagt auf Anfrage, dass die neuen Konditionen nicht nur gegenüber der Baubranche gelten, sondern gegenüber allen Leistungserbringern. «Sie sind eine Massnahme aus dem Programm zur Effizienzsteigerung», sagt BLS-Mediensprecher Stefan Dauner. Auch er betont noch einmal, dass die BLS klar das «30-Tage-Zahlungsziel» verfolge. «Die Zahlungsfrist von 60 Tagen bleibt die Ausnahme.»

Ein happiges Inkasso

Die laxe Zahlungspraxis steht im Widerspruch dazu, wie die BLS mit säumigen Bahnreisenden umgeht. Wer vergisst, ein Ticket zu lösen, und den Selbstkontrollzuschlag nicht fristgerecht bezahlt, erhält vom Inkassocenter des Unternehmens mit der ersten Zahlungserinnerung gleich eine Mahngebühr von 40 Franken aufgebrummt.

Auch wenn es sich dabei um eine nicht bezahlte Busse handelt, sei solch ein Aufschlag ungewöhnlich hoch, sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz. «Erstmalige Mahngebühren über 20 Franken sind grundsätzlich nicht angebracht», sagt sie. Aber auch, dass diese hohe Gebühr bereits mit der ersten Zahlungserinnerung erfolge, sei unüblich.

Die BLS verteidigt ihr Vorgehen. «Die Mahngebühr von 40 Franken gilt für Bussen an Reisende ohne gültigen Fahrausweis. Es handelt sich also um bezogene Leistungen ohne Bezahlung», sagt Mediensprecher Stefan Dauner. Rund 40 Prozent der Betroffenen würden diese Rechnungen auch nach einer Mahnung nicht bezahlen. «Der BLS entgehen durch nicht bezahlte Bussen mehrere 100 000 Franken pro Jahr.»

Gegenüber allen anderen Schuldnern ist das Unternehmen derweil etwas gnädiger. Dort werden Gebühren erst mit der zweiten Mahnung erhoben.

Stichwörter: Wirtschaft, BLS

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