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Grenchen

BMC organisiert sich um

Die Umstrukturierung bei der Grenchner Gruppe schreitet voran. Der langjährige Produktmanager verlässt BMC, die einzelnen Marken werden «desintegriert». Laut Mitbesitzer Thomas Binggeli stehen «alle Optionen offen».

Ein Bild, das es so bald nicht mehr geben wird: Rolf Singenberger als Produktmanager bei BMC (Aufnahme von 2007). Bild: ky/a

Tobias Graden

Am Montag lud David Zurcher die Belegschaft des Grenchner Veloherstellers BMC zur Information. Er hatte eine gewichtige Personalie mitzuteilen: Rolf Singenberger werde BMC verlassen.
Singenberger ist für BMC lange eine prägende Figur gewesen. Über 13 Jahre lang war er Produktmanager, er hat in dieser Zeit die Entwicklungen zu verantworten, die Rennräder, mit denen erst das Team Phonak und später das BMC Racing Team die grossen Rundfahrten wie die Tour de France bestritten, entstanden unter seiner Führung. Der Abgang ist erst intern kommuniziert, er dürfte in der Velobranche für Aufmerksamkeit sorgen.


«Keine Entlassung»
Es ist nicht davon auszugehen, dass der Abgang in Minne erfolgt. Singenberger selber enthält sich dem BT gegenüber der Kommentare, Erwin Steinmann, der neue CEO der BMC-Gruppe, sagt, es handle sich nicht um eine Entlassung, sondern um einen Entscheid, den Singenberger zusammen mit dem neuen Chef der Marke BMC gefällt habe. Dieser Chef, David Zurcher, hat sein Engagement erst zu Beginn dieses Jahres angetreten. Er war zuvor bei der grossen Marke Specialized tätig und dort als leitender Direktor für das Produktmanagement Rennrad in Europa verantwortlich – also in sehr ähnlicher Funktion. Insider erkennen ein Déjà-vu: Als Andy Rihs anfangs der Nuller-Jahre den Velohersteller übernommen und Andy Kessler als CEO eingesetzt hatte, musste der damalige Produktmanager und Mitgründer Hans Ledermann gehen. Singenberger arbeitet noch, er bringt die Produktepalette des Modelljahres 2015 zum Abschluss.
Erwin Steinmann bedauert auf Anfrage den Abgang von Singenberger: «Wie bei jedem Abgang von langjährigen Führungskräften geht selbstverständlich auch mit ihm viel Know-how verloren. Gleichzeitig kommt aber durch neue Leute und langjährige Kenner der Industrie neues und frisches Know-how in die Firma, was bei einer Neuausrichtung durchaus auch von grossem Nutzen sein kann», teilt er mit.


Das Wachstum hat gekostet
Der Personalwechsel ist vor dem Hintergrund der Umstrukturierung zu sehen, welche die BMC-Gruppe mit den Marken BMC, Stromer und Bergamont zurzeit durchläuft (zumal weitere Personalwechsel zu verzeichnen sind, wie etwa der Wechsel des Chefs Marketing und Kommunikation, Matt Heitmann, zur deutschen Marke Canyon). Mitte Dezember zog sich CEO und Miteigentümer Thomas Binggeli nach nur gerade zwei Jahren von der operativen Leitung zurück und wechselte ins Verwaltungsratspräsidium (das BT berichtete). Sein Nachfolger Erwin Steinmann trat mit der Aufgabe an, das Unternehmen profitabel zu machen. «Wir wechseln von einer Wachstums- zu einer Ertragsstrategie», so Binggeli zum BT. Die Details über «operative Prozessanpassungen und ein umfassendes Programm zur Kostensenkung», wie es im Dezember in der Medienmitteilung hiess, werden noch nicht bekannt gegeben. Dem Vernehmen nach ist zurzeit ein neuer Businessplan in Vorbereitung, der spätestens Ende März dem Verwaltungsrat präsentiert werden wird. Die BMC-Gruppe ist in den letzten Jahren zwar stark gewachsen, war aber auch stark abhängig von den Investitionen des Mehrheitsbesitzers Andy Rihs. Über 100 Millionen Franken habe er seit 2001 investiert, sagt Rihs letzten Frühsommer gegenüber dem BT. Der Chefwechsel im Dezember wurde darum weitherum so aufgefasst, dass Rihs seinen Finanzaufwand verringern wolle. «Andy Rihs sagt nicht, er wolle nicht mehr investieren», sagt Präsident Thomas Binggeli, «aber es muss Sinn machen.»

In der Velobranche gehen Gerüchte um, wonach die Marke Bergamont verkauft werde, um die andern Firmenteile zu unterstützen. Das sei so nicht korrekt, sagt Binggeli. Er bestätigt aber, dass die einzelnen Marken «desintegriert» würden, da sich Synergien in der Vergangenheit nicht wie erhofft hätten realisieren lassen. Konkrete Pläne lägen zurzeit nicht vor, «doch wir halten uns für alle Marken alle Optionen offen». Intern geprüft würden auch Zusammenlegungen von einzelnen Bereichen. Wie hoch die Einsparungen sein müssen, wird nicht kommuniziert.


Carbonrahmen-Fabrik bleibt
Die von Branchenbeobachtern vermutete Schliessung der Impec-Carbonrahmenfabrik in Grenchen steht dagegen laut Binggeli zumindest in diesem Jahr nicht zur Diskussion: «Impec ist 2014 voll ausgelastet», sagt der Mitbesitzer.
Dass Steinmann grössere Umbauarbeiten anzugehen hat, zeigt der interne Brief des Kaders mit Datum vom 13. Dezember, der dem BT vorliegt. Darin werden zahlreiche Fragen aufgeworfen und auch Vorwürfe formuliert – zur gleichen Zeit wurde dann der Chefwechsel kommuniziert. Thomas Binggeli ist jedenfalls überzeugt, dass der Wechsel zur «Ertragsstrategie» gelingen wird: «Ich wäre der falsche Mann für den Posten des Verwaltungsratspräsidenten, wenn dem nicht so wäre.»    

Stichtag: 11. März
Am 11. März präsentiert Stromer offiziell das neue Modell «ST2». Dieses wird dem Vernehmen nach an der technologischen Spitze der E-Bikes mitmischen, allerdings auch preislich im Highend-Segment angesiedelt sein. Im Markt ist derzeit eine Konsolidierung und Konzentration im Gange. Stromer-Gründer Thomas Binggeli sieht denn auch für die Marke nicht eine Volumen-, sondern eine Nischenstrategie.     tg

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