Sie sind hier

Abo

Innovation

Cleantech-Revolution im Waschbecken

Das Bieler Unternehmen Smixin SA bietet eine revolutionäre Handwaschanlage an, die pro
Waschgang nur einen Deziliter Wasser verbraucht. Bis 2022 sollen weltweit 250 000 Geräte installiert sein.

Neue Sanitärtechnik aus Biel: Beim Händewaschen möglichst viel Wasser sparen. Bild: zvg

Julien Baumann/pl

Sie nähern sich einem modern anmutenden Waschbecken und halten die Hände unter den Wasserhahn. Automatisch setzt der Wasserstrahl ein. Flüssige Seife ist bereits beigemischt. Dann stoppt der Fluss für kurze Zeit. Schliesslich strömt wieder klares Wasser über die Hände. Das war’s. Aber was soll nun an dieser Apparatur so revolutionär sein, wie seine Erfinder vorgeben? Ähnliche technische Lösungen kennen wir doch von anderen aktuellen sanitären Einrichtungen, könnte man meinen.

Tatsächlich aber hat das System des Bieler Unternehmens Smixin SA (steht für Smart Mixing Inside) einen entscheidenden Vorteil gegenüber allen anderen Anlagen: Für einen Waschgang wird nur ein Deziliter Wasser benötigt. Händewaschen unter einer traditionellen Mischbatterie benötigt auch bei sparsamem Umgang über einen Liter Wasser. Daraus ergibt sich mit dem neuen System von Smixin eine Einsparung an Trinkwasser von gut 90 Prozent. Das Startup-Unternehmen wurde 2009 gegründet und ist heute zu einem KMU angewachsen. Nun sind die Smixin-Handwaschsysteme auf dem Weg, nach und nach die Weltmärkte zu erobern.

Smixin AG hat zwei Handwaschapparate entwickelt. Der neueste Gerätetyp heisst «Compact». Er kann bereits heute von der Kundschaft des Tea Rooms «Chez Rüfi» in Biel benutzt werden. Fünf weitere Apparate stehen in den Büros der Bieler Bau-, Energie- und Umweltdirektion von Gemeinderätin Barbara Schwickert. Die Politikerin bestätigt, dass die Anlagen sehr zufriedenstellend arbeiten. Deshalb will sie weitere städtische Gebäude mit den neuen Waschstationen ausrüsten. Auch Tom Rüfenacht vom Tea Room «Chez Rüfi» weiss nur Gutes über die Bieler Innovation zu berichten. Er freut sich, dass er mit Smixin einen Teil seiner variablen Betriebskosten senken kann.

 

Trinkwasser sparen
«Ressourcenschonende Produkte sind wirtschaftlich besonders interessant, wenn man mit ihnen auch Geld sparen kann», sagt Eric Ballestraz, kaufmännischer Leiter von Smixin SA. Sein Unternehmen rechnet mit einem Return on Investment in etwa einem Jahr. Das System «Compact» kostet ohne Installationsaufwand 990 Franken. Wie lange muss nun eine solche Anlage in Betrieb stehen, bis sich die Investition ausgezahlt hat? Zur Beantwortung dieser Frage sind zwei Faktoren ausschlaggebend: die Häufigkeit der Nutzung des Waschbeckens und der örtliche Trinkwasserpreis. Selten stehen dem Einzelanwender Erfahrungswerte über den Verbrauch seiner alten Mischbatterie zur Verfügung. Dann wird der Vergleich schwierig. Immerhin hat Smixin SA ausgerechnet, dass die Anlagen im Bieler Verwaltungsgebäude in etwa zwei bis drei Jahren so viel Trinkwasser und Heizenergie einsparen werden, dass sich der Kauf gelohnt hat. Genauere Zahlen konnte Smixin in einem Schweizer Bahnhof gewinnen, wo sich eine Anlage dank der hohen Benutzungsrate innerhalb von einem Jahr amortisiert hatte. In Raststätten zahle sich die Investition nach rund 14 Monaten aus, sagt Ballestraz.

 

In Hongkong genutzt
In der Schweiz strömt ein grosser Teil unseres Trinkwassers von den Bergen, aber in vielen Metropolen dieser Welt muss sauberes Wasser mit grossem Aufwand aufbereitet werden. Global betrachtet ist gutes Trinkwasser vielerorts ein seltenes und wertvolles Gut. Kein Wunder will die Bieler Smixin SA mit ihrem wassersparenden Handwasch-System die Welt erobern. Im Blickpunkt stehen öffentliche sanitäre Anlagen und Unternehmungen. In Hongkong haben sich schon mehrere Restaurants für die Schweizer Waschstationen entschieden. Auch in Deutschland wurden einige Bahnhöfe damit ausgerüstet. Sogar die SBB hat sich bei Smixin SA erkundigt, auf welche Weise Zugstoiletten mit dem Sparwunder ausgestattet werden könnten, verrät Thomas Dechorgnat, der Qualitätsverantwortliche des Bieler Unternehmens. «Aber die technischen Voraussetzungen und die behördlichen Auflagen sind derart komplex, dass wir vorläufig auf eine Entwicklung im Transportsektor verzichten müssen», bedauert Dechorgnat.

 

Auch Seife wird gespart
Smixin SA will bis 2022 weltweit 250 000 Waschsysteme verkaufen. Damit liessen sich insgesamt 10 Milliarden Liter Trinkwasser pro Jahr einsparen.

Aber wo liegt denn das Geheimnis, welches dem Nutzer erlaubt, mit nur einem Deziliter Wasser die Hände zu waschen? Im Innern des Wasserhahns versteckt sich ein besonderer Mischkopf, der das Wasser zuerst mit Seife und Luft mischt. Das Abspülen der Hände erfolgt mit einem Wasser-Luft-Gemisch. «Wenn man die Hände darunter hält, hat man tatsächlich das Gefühl von einem kräftigen Wasserstrahl», so Eric Ballestraz. Der besondere Smixin-Mischkopf wird durch eine elektrische Pumpe mit Wasser versorgt. Trotzdem soll sich der Stromverbrauch in engen Grenzen halten, versichern die Verantwortlichen von Smixin SA. Zudem arbeitet das System ausschliesslich mit kaltem Wasser. «Unter diesen Umständen wird der Energieaufwand im Vergleich zu herkömmlichen Mischbatterien bei weitem kompensiert», ergänzt Ballestraz.

Auch beim Seifenverbrauch schneiden die neuen Waschstationen glänzend ab: Eine Füllung Seife reicht für 2500 Waschgänge. Zudem können die Anlagen über ein kabelloses Netzwerk überwacht und gesteuert werden. Auf diese Weise erhalten die Eigentümer wertvolle Daten über die Auslastung und die Wartung ihrer Geräte.

 

Fabrikation in Malaysia
Das Bieler Unternehmen achtet bei der Herstellung seiner Produkte zudem auf ressourcenschonende Prozesse – auch wenn die Fabrikation in Malaysia stattfindet. Dazu sagt Qualitätsmanager Dechorgnat: «In der Schweiz lassen sich derartige Maschinen kaum zu vernünftigen Preisen herstellen.» Allerdings will Smixin SA mittelfristig wenigstens die Seife in unserem Land produzieren lassen. Dennoch seien alle Partner des Unternehmens nach der internationalen Umweltmanagementnorm ISO 14001 zertifiziert. Damit wird eine kontinuierliche Verbesserung der Umweltleistung bei der Produktion angestrebt. «Wir wollten von Anfang an keinen Partnerbetrieb tolerieren, welcher den Umweltschutz nicht respektiert», ergänzt Dechorgnat.

Nachrichten zu Wirtschaft »