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Informatik

«Das ist wie ein logisches Rätsel»

Jasmin Studer aus Erlach hat sich für die europäische Frauen-Programmierolympiade qualifiziert. Am nationalen gemischten Wettbewerb gehörte sie zu den wenigen weiblichen Teilnehmerinnen.

Jasmin Studer aus Erlach ist gut darin, eine zündende Idee in einen Code zu verwandeln: Bild: Peter Samuel Jaggi

Manuela Schnyder

Eigentlich hat sich Jasmin Studer früher gar nicht so für Computer interessiert. Sie spielt in ihrer Freizeit Klavier, singt in einem Jugendchor und liebt das Lesen. Im letzten Jahr hat sie dann am Gymnasium Lerbermatt in Köniz im Informatikunterricht angefangen, zu programmieren: «Das ist wie logische Rätsel zu lösen. Man braucht eine zündende Idee. Und es macht dann mega Freude, wenn man nach einer Weile diese Idee hat», erklärt sie.

Und das merkt man: Die 16-jährige Erlacherin hat vor rund zwei Wochen am Schweizer Programmierwettbewerb die Bronzemedaille geholt. Damit ist sie automatisch für die europäische Informatikolympiade der Frauen qualifiziert: «Ich freue mich riesig auf den Event, vor allem auch darauf, die anderen Mädchen aus Europa kennenzulernen», sagt Jasmin Studer.

Mit drei weiteren Mädchen aus Bern, Zürich und Aarau darf sich Jasmin Studer vom 13. bis 19. Juni mit rund 160 jungen Frauen aus 40 Ländern in Zürich messen. Es ist die erste Ausgabe einer Olympiade unter Frauen im Informatikbereich. Organisiert wird der Anlass in diesem Jahr von Freiwilligen der Schweizer Informatik-Olympiade.

 

Der Austausch motiviert

Gemäss den Organisatoren machen junge Frauen an gemischten nationalen und internationalen Programmierwettbewerben nur gerade mal zehn Prozent aus: «Ich habe mich erst auch nicht so recht getraut, am nationalen Wettbewerb mitzumachen», sagt dazu Jasmin Studer. Ermutigende Worte der Eltern und das vorbereitende Girls-Camp am Neuenburgersee haben ihr aber die Ängste genommen: «Es war toll, andere Mädchen zu treffen, die dieselben Interessen teilen. Wie haben eine Velotour gemacht und uns alle sehr gut verstanden. Wir schreiben uns heute fast jeden Abend auf unserer gemeinsamen Plattform.»

Für die junge Gymnasiastin sind dieser Austausch und der Zusammenhalt unter den Mädchen sehr wichtig: «Ich habe das Gefühl, wir werden so offener, können uns gegenseitig unterstützen und trauen uns mehr zu.»

Und das ist wünschenswert. Denn noch immer entscheiden sich weit weniger Frauen als Männer dafür, im Bereich der Informatik zu studieren oder zu arbeiten. Im Jahr 2018 entfielen gemäss einer Studie des Dachverbands ICT Switzerland lediglich elf Prozent der Abschlüsse bei Informatikausbildungen auf Frauen: «Ich finde es schade, dass Frauen stark in der Minderheit sind in vielen Bereichen der Informatik. Ich fände es bereichernd, in einem gemischten Team arbeiten zu können», sagt dazu Benjamin Schmid, Informatikstudent und Mitorganisator der neuen Frauen-Informatikolympiade. «Mit dem Wettbewerb wollen wir talentierte junge Frauen sichtbar machen. So können sie ein Vorbild in ihrem Heimatland sein.»

Gemäss den Organisatoren ist die Geschlechterkluft sowohl bei der Informatik- als etwa auch der Mathematik-Olympiade am ausgeprägtesten. Allerdings wurde bereits 2012 in der Mathematik eine Frauen-Olympiade lanciert. Mit Erfolg: Gingen damals Frauen aus 19 Ländern an den Start, zählt der Wettbewerb heute Teilnehmerinnen aus mehr als 50 Ländern.

 

Die Hemmschwelle sinkt

Im Jahr 2018 haben dann auch in der Informatik Vertreterinnen und Vertreter aus 88 Ländern das Problem der Geschlechterkluft bei der internationalen Olympiade diskutiert. Inspiriert vom Frauen-Wettbewerb in der Mathematik findet nun im Juni die erste Ausgabe der «European Girls’ Olympiad in Informatics» statt. «Ich bin schon etwas nervös, auch weil es mein erster internationaler Wettbewerb ist», sagt Jasmin Studer.

Für den Anlass ist die Schweizer Delegation nun schon fleissig am Üben: «Wir trainieren einmal die Woche online zusammen, lösen Aufgaben, besprechen sie und lösen sie dann nochmals», erklärt die Schülerin. So geht es beim Programmieren darum, ein Problem mithilfe eines Algorithmus, also einer Schrittfolge, vom Computer lösen zu lassen. Und je weniger Schritte ein Algorithmus für die Lösung braucht, desto besser ist er: «Es ist ein tolles Gefühl, wenn ein Programm genau das macht, was man möchte, wenn der Code funktioniert», sagt sie.

Die 16-Jährige ist derzeit im zweiten Gymnasiumjahr. Was sie später studieren möchte, weiss sie noch nicht ganz genau: «Aber es wird wohl schon auf Mathematik oder Informatik hinauslaufen», sagt sie und schmunzelt. Dabei fällt der Apfel nicht weit vom Stamm. Ihre Eltern lehren beide Informatik an der Universität beziehungsweise an der Berufsschule. Sie habe sich davon aber nie leiten lassen oder sich gedrängt gefühlt, sagt Jasmin Studer. Im Gegenteil: Sie sei ja auch erst im letzten Jahr in der Schule auf das Programmieren gestossen. «Sie hatten aber natürlich schon Freude, dass ich am Wettbewerb teilgenommen habe», sagt die Gymnasiastin.

Im nächsten Jahr will sie dann erneut am nationalen gemischten Programmierwettbewerb antreten: «Wenn man sich mal getraut hat, anzufangen, ist die Hemmschwelle nicht mehr so gross», sagt sie.

 

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Zum Wettbewerb

Die «European Girls’ Olympiad in Informatics» (EGOI) ist ein neuer Programmierwettbewerb nur für Frauen.

  • Die erste Ausgabe findet vom 13. bis zum 19. Juni in Zürich statt und wird von Freiwilligen der Schweizer Informatik-Olympiade organisiert.
  • Es nehmen rund 160 junge Frauen aus 40 Ländern teil.
  • Die Woche besteht aus zwei Wettbewerbstagen und einem Rahmenprogramm mit Ausflügen, wobei die Teilnehmerinnen Kontakte knüpfen können.
  • In den Folgejahren wird der Wettbewerb jedes Jahr von einem anderen Gastland organisiert. msd
Stichwörter: Informatik, Olympiade, Erlach, Code

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