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Gebührenordnung

«Das sind völlig überrissene Preise»

Wie auch Cheminées müssen private Öl- und Gasheizungen regelmässig geprüft werden. In Biel kostet diese Kontrolle 150 Franken, in anderen Gemeinden nur 80 bis 100 Franken.

Heizungsanlagen belasten die Luft. Deshalb werden ihre Abgase regelmässig kontrolliert. Bild: Keystone

Manuela Schnyder

Öl- und Gasheizungsanlagen für private Haushalte müssen alle zwei oder vier Jahre kontrolliert werden – es geht um Abgase. Das ist in der Luftreinhalte-Verordnung vom Bund so festgelegt. Denn sauber betriebene Feuerungen leisten einen wesentlichen Beitrag an eine gute Luftqualität.

Die Aufsicht über diese sogenannten Feuerungskontrollen obliegt dem Kanton. Für die Umsetzung sind dagegen die Gemeinden zuständig und sie können deshalb auch die Gebühren für diese Kontrollen festlegen. Deshalb können die Gebühren von Gemeinde zu Gemeinde variieren: «Biel verlangt völlig überrissene Preise. In den umliegenden Gemeinden sind die Kontrollen um fast die Hälfte günstiger», ärgert sich Stefan Maurer, Eigentümer einer Gasheizungsanlage.

So stellt die Gemeinde Biel für die Feuerungskontrollen 150 Franken in Rechnung (ohne Mehrwertsteuer). In der Gemeinde Aarberg kostet dieselbe Prüfung beispielsweise 85 Franken, in Orpund 90 Franken und in Arch oder in Diessbach 80 Franken. Dass Biel bei den Feuerungskontrollen am obersten Ende der Preisskala zu finden ist, ist denn auch nicht neu: Bereits im Jahr 2014 hat der Preisüberwacher die Gebühren für Feuerungskontrollen in der Schweiz verglichen und schon damals war die Gemeinde Biel die teuerste im ganzen Land.

 

Die Stadt rechtfertigt sich

Geprüft wird bei den Feuerungskontrollen der Ausstoss an Luftschadstoffen wie Kohlenmonoxid, Stickoxid und bei Ölheizungen zusätzlich Russ.

Die Messwerte werden danach mit den Grenzwerten der Luftreinhalte-Verordnung des Bundes verglichen. Für diese Arbeit wählt die Gemeinde amtlich geprüfte Feuerungskontrolleure. In Biel sind die Experten Sascha Dietrich und Roland Ulmann zuständig: «Wir haben zusammen mit der Feuerwehr vor zwei Jahren versucht, den Preis in Biel wieder zu drücken. Dies ist aber am Gemeinderat gescheitert», sagt Sascha Dietrich und bestätigt: In den meisten Gemeinden lägen die Preise zwischen 80 und 100 Franken.

So kostete die Kontrolle einst auch in Biel «nur» 100 Franken. Im April 2012 hatte der Gemeinderat «im Rahmen einer Totalrevision der städtischen Gebührenordnung» dann aber beschlossen, die Pauschalabgabe für Feuerungskontrollen per Januar 2013 zu erhöhen, und zwar auf 150 Franken. «Nur schon das geografische Einzugsgebiet der Stadt Biel inklusive der Gemeinden Twann-Tüscherz und Ligerz ist wesentlich grösser als in den meisten anderen Gemeinden, was die zurückzulegende, pauschal abgegoltene Fahrstrecke pro Kontrolle länger werden lässt», sagt Babette Neukirchen, stellvertretende Generalsekretärin der Stadt Biel. Zudem stellten sich in einer Stadt wie Biel im Vergleich zu anderen wesentlich kleineren Gemeinden weitere Herausforderungen.

So sind die Heizanlagen und Liegenschaften laut Neukirchen teilweise schwieriger zugänglich, es gibt weniger Parkierungsmöglichkeiten, es entstehen Parkgebühren und den Kontrollpersonen werden andere Anforderungen an ihre Fähigkeit gestellt wie etwa die Zweisprachigkeit.

 

Rückendeckung vom Kanton

Mit dieser Begründung erklärt die Stadt Biel zumindest den höheren Kostenanteil für den Kontrolleur. Gemäss dem Mustertarif des Kantons, den er den Gemeinden für die Gebührenfestsetzung empfiehlt, liegt der Richtwert für die Entschädigung an die Kontrollperson nämlich bei 55 Franken (für einstufige Brenner). In Biel werden dafür 63 Franken verrechnet.

Dazu kommt der Kostenanteil für den Kanton, unter anderem für die bereitgestellten Unterlagen, die jährlichen Informationsveranstaltungen für die Kontrollpersonen und die Unterstützungsleistungen für die Gemeinden bei besonderen Vorfällen im Vollzug. Dieser beläuft sich auf 16 Franken. Damit bleibt noch der Kostenanteil für die Gemeinde beziehungsweise für die Stadt. Dazu gehören beispielsweise der administrative Aufwand und eine allfällige Amortisation und Wartung der Messgeräte, wenn diese von der Gemeinde zur Verfügung gestellt wird. Als eine der einzigen Gemeinden im Kanton hat Biel die Messgeräte selber angeschafft, weshalb Biel gemäss Tarifempfehlung eine zusätzliche Entschädigung zwischen 3 und 10 Franken berechnen darf, je nach Anzahl der zu messenden Feuerungen im Einzugsgebiet.

Und dennoch: Mit 71 Franken ist der Kostenanteil für die Gemeinde in Biel vergleichsweise hoch: «Wir empfehlen eine Gebühr um die 125 Franken pro Kontrolle», sagt Christoph Baltzer, Fachbereichsleiter Messungen bei der Umweltdirektion des Kantons. Rechnet man also die empfohlenen 55 Franken für den Kontrolleur, maximal 10 Franken für die Messgeräte und den Kantonsanteil von 16 Franken zusammen, ergibt sich eine Gebühr von 81 Franken. Ausgehend von 125 Franken Gesamtaufwand, wie das Amt für Umwelt und Energie empfiehlt, würden der Gemeinde also rund 45 Franken zustehen.

«Biel ist aber auch eine Gemeinde, die alles richtig macht», sagt dazu Baltzer und nimmt Biel bei seiner Gebührenordnung teilweise in Schutz. Wie der Experte erklärt, müssten die Gemeinden aufgrund des vom Kontrolleur ausgestellten Messberichts eine Beurteilung vornehmen und den Eigentümern schriftlich mitteilen, ob die Feuerung einwandfrei funktioniere, oder bei Mängeln entsprechende Massnahmen verfügen. «Und das tut Biel. Denn der Messbericht alleine reicht juristisch gesehen eigentlich nicht», sagt Baltzer. Deshalb liege in Biel der administrative Aufwand höher.

Ob damit die höheren Gebühren gerechtfertigt sind oder nicht, bleibt offen. Jedenfalls bleibt Biel diesbezüglich eine der teuersten Gemeinden im Land, wie bereits eine Rüge des Preisüberwachers im Jahr 2016 zeigte. Der Gemeinderat habe sich seither mehrmals mit dieser Frage befasst, sagt dazu Babette Neukirchen. Ein Entscheid über eine Anpassung der Gebühren habe aber noch nicht gefasst werden können, weil in der Zwischenzeit die eidgenössische Luftreinhalte-Verordnung revidiert worden sei und die Auswirkungen auf die Situation im Kanton Bern abgewartet werden sollten.

 

Liberalisierung im Gange

Im Kanton Bern ist eine Liberalisierung im Gange. Der Grosse Rat hat 2018 beschlossen, dass künftig die Eigentümer von Feuerungsanlagen für die Kontrolle zuständig sind und selber wählen können, welche Prüfstelle sie dafür einsetzen wollen. Der Hintergrund: Viele Eigentümer von Ein- oder Mehrfamilienhäusern schliessen für ihre Heizungsanlagen Verträge über den periodischen Unterhalt ab. Beim jährlichen Service wird die Heizungsanlage in diesem Fall vom Hersteller bereits kontrolliert. Um doppelte Prüfungen zu vermeiden, soll nun das Ganze liberalisiert werden. Wann der Beschluss in Kraft tritt, ist allerdings noch offen.

Für die betroffenen Haushalte, die keine solchen Serviceverträge haben, dürfte die Gebühr hingegen steigen: «Wie die Erfahrungen in anderen Kantonen zeigen und aus dem Bericht des Preisüberwachers hervorgeht, wird für die Feuerungskontrolle dann wesentlich mehr verrechnet», sagt Baltzer dazu. Es entstünden höhere Kosten, wenn die Kontrollperson anhand der Aufgebote in seinem Einzugsgebiet punktuell kontrolliere, als wenn er strassenweise gleich alle Heizungen auf einmal prüfen könne.

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