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Uhrenbranche

Der Abstieg aus der Börsen-Nati A

Die Swatch Group gehört ab Herbst nicht mehr zu den 20 mächtigsten Schweizer Unternehmen. Analysten erklären, was der Rauswurf aus dem Schweizer Aktienindex SMI bedeutet.

Der Uhrenpatron hält nicht viel von den Finanzmärkten: "Die Börse sollte eigentlich Casino heissen", sagte Swatch-Chef Nick Hayek (l.) einmal im Jahr 2015 gegenüber Medien. Bild: Matthias Käser/a

Manuela Schnyder

Die Swatch Group muss am 17. September nach 23 Jahren den Swiss Market Index (SMI) verlassen. Das hat die Schweizer Börse Anfang Juli bekannt gegeben. Der Grund: Der Bieler Uhrenhersteller unterliegt mit der momentanen Börsenkapitalisierung von rund 16 Milliarden Franken dem Waadtländer Unternehmen Logitech (rund 20 Milliarden Franken). Die Indexkommission überprüft die Zusammensetzung der Schweizer Top 20 der obersten Börsenliga jährlich (siehe Infobox). «Man muss das im Zusammenhang sehen. Logitech hat im vergangenen Jahr wirklich sehr stark zulegen können, während die Swatch Group in der Covidsituation stark gelitten hat», erklärt Jean-Philippe Bertschy, Analyst bei der Bank Vontobel.

So waren Logitech-Produkte wie Computermäuse, Tastaturen und anderes Computerzubehör angesichts von Homeoffice während der Pandemie stark nachgefragt. Während sich Luxusgüter wie eben Uhren unter anderem durch die Schliessungen der Läden und dem fehlenden Tourismus schlechter verkaufen liessen. So hat die Swatch Group für das Pandemiejahr im Januar erstmals in der Firmengeschichte rote Zahlen ausweisen müssen. Zu Jahresbeginn lag deshalb die Marktkapitalisierung mit rund 14 Milliarden Franken sogar noch tiefer. Doch was bedeutet das Ausscheiden aus dem wichtigsten Aktienindex der Schweiz für die Swatch Group konkret: «Die Aktie verliert bei gewissen Investoren an Attraktivität», erklärt Bertschy die Situation.

Ein Klumpenrisiko

Für ein Unternehmen ist das Ausscheiden aus den Top 20 der wichtigsten Börsenliga also quasi wie ein Abstieg aus der Nationalliga A. Es wird weniger über das Unternehmen berichtet und man hat auch weniger Sponsoren. Solche Sponsoren beziehungsweise Investoren springen der Swatch Group nun schon aus technischen Gründen ab. So bilden einige Fonds oder andere Instrumente den SMI in ihrem Portfolio ab, beziehungsweise werden daran gemessen: «Passive Fonds oder Anleger, die nur die Titel aus dem SMI-Index im Portfolio halten dürfen, diese Anleger müssen die Swatch-Aktie nun verkaufen», erklärt Thomas Fischer von der BEKB. Gemäss Fischer lassen sich für solche Verkäufer aber auch Anleger finden, zum Beispiel jene, die an weniger stark börsenkapitalisierten Unternehmen interessiert sind und bei der Swatch-Aktie einen günstigen Einstiegsmoment sehen.

Der Chef der BEKB-Investmentabteilung relativiert zudem die Bedeutung des SMI in Anlegerkreisen, weil er ein Klumpenrisiko in sich trägt: «Für viele Investoren ist der SMI mit 20 Titeln zu eng gefasst und mit den drei Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis zu wenig diversifiziert», sagt Thomas Fischer. So ist das Gewicht eines Unternehmens im SMI zwar auf 18 Prozent gedeckelt. Nestlé, Roche und Novartis machen aber gleichwohl mehr als die Hälfte der gesamten SMI-Marktkapitalisierung aus. Ein wichtiger Index ist laut dem Berner Analysten daher der Swiss Performance Index (SPI), der die Top 50 der Schweizer Unternehmen abbildet: «Und hier ist die Swatch Group nach wie vor mit dabei», sagt Thomas Fischer. So ist die Swatch Group künftig in den Medien und bei gewissen Investoren vielleicht weniger stark auf dem Radar, dürfte aber im Aktienkurs und damit im Börsenwert nur kurzfristig unter den Folgen des SMI-Ausstiegs leiden. «Längerfristig übernehmen die Fundamentaldaten wieder das Ruder. Also betriebswirtschaftliche Grössen wie beispielsweise Umsatzentwicklung, der Gewinn oder wie viele marktfähige Produkte in der Pipeline des Unternehmens sind», sagt der Analyst.

Und was meint die Swatch Group zu ihrem Rauswurf aus dem SMI: «Das ist und bleibt nur ein Index und hat nichts mit der Gesundheit und den Kräften eines Unternehmens zu tun», sagt Mediensprecher Bastien Buss. Für die Swatch Group ändere sich damit nichts. Man sei auch ohne Zutun in den SMI aufgenommen worden. Wichtig für die Swatch Group seien die Halbjahreszahlen. Übrigens: Das Unternehmen hatte für das erste Semester ein starkes Umsatzumsatzwachstum und die Rückkehr in die Gewinnzone bekannt gegeben und damit die Erwartungen der Analysten übertroffen.

Kriterien angezweifelt

Dennoch moniert der Bieler Uhrenhersteller die Vorgehensweise der Schweizer Börse: «Wir denken, die massgeblichen Kriterien sollten sich nicht nur auf das Handelsvolumen und die Kapitalisierung beschränken, beides war wegen Covid ja aussergewöhnlich tief», sagt Buss. Als eines der grössten industriellen Arbeitgeber in der Schweiz, der mit seinen Marken das «Swiss Made» weltweit positiv vertrete, sei das zudem eher ein Verlust für den SMI, der ja Swiss Market Index hiesse, fügt er hinzu.

Vergleicht man die Zahl der Mitarbeitenden der Swatch Group mit jener von Logitech, zeigt sich diesbezüglich tatsächlich ein gegensätzliches Bild: Die Swatch Group beschäftigt von insgesamt 32 000 Mitarbeitenden rund 16 000 in der Schweiz, bei Logitech müssten es ungefähr 200 der 6600 Angestellten mit Schweizer Arbeitsvertrag sein.

Aber die Rangliste an der Börse wird eben nicht danach gemacht, sondern einzig nach dem Aktienkurs und damit an der Marktkapitalisierung sowie dem Handelsvolumen. Und dort ist die Swatch Group aus den Top 20 abgerutscht.

Wie die Analysten erklären, dürfte das nun aber beschränkte Auswirkungen auf die Swatch Group haben. Die Swatch-Aktie ist ab Juni nach einer Erholungsphase zwar wieder unter Druck geraten, konnte aber insgesamt seit Jahresbeginn 25 Prozent zulegen und notiert aktuell bei 302 Franken.

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