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Designpreis

Der erste Ski, der sich recyclen lässt

Für seinen nachhaltigen Tourenski, den er einst in Schüpfen entwickelt hat, wurde Hanno Schwab bereits mehrmals ausgezeichnet. Nun steht er mit einem neuartigen Kleber im Rampenlicht.

Skibauer Hanno Schwab hat ein Epoxidharz entwickelt, das sich auflösen lässt. Das interessiert auch andere Hersteller. Bild: Carole Lauener/A
Manuela Habegger
 
«Wer als erster auf dem Gipfel ist und dann die ersten Spuren durch den Schnee zieht, den nennt man Earlybird», erklärt der Berner Hanno Schwab. So heissen nämlich seine selbst gebauten Tourenskis. Vor knapp zehn Jahren hat er damit angefangen. Damals noch in einer kleinen Schreinerei in Schüpfen und damals auch noch aus Spass an der Freude: «Ich wollte einfach selber einen Ski bauen, zum Eigenbedarf und für Freunde, nach meinen Vorstellungen», erzählt er. 
 
Von Anfang an hat der eigentliche Architekt und passionierte Freerider darauf geachtet, Materialien aus möglichst nachhaltigen Quellen zu verwenden. Unterstützung holte er sich bei Freunden, wie etwa einem Bieler BFH-Studenten aus dem Fachbereich Holztechnik: «Wir sind jedes Material einzeln durchgegangen und haben ökologische Alternativen gesucht, die technisch gleich gut oder sogar besser sind. Es bringt ja nichts, einen ökologischen Ski zu bauen, der nichts taugt. Die Performance steht an erster Stelle.»
 
In den BFH-Laboren haben die beiden Freunde dann die Prototypen entwickelt und getestet. Die gemeinsame Arbeit lohnt sich: Schon drei Monate nachdem die Marke Earlybird Skis Ende 2014 auf den Markt kommt, wird das Modell von der international führenden Wintersportmesse ISPO als «bester Tourenski» gefeiert. Die Folgemodelle räumen ebenfalls ab. Nun ist Earlybird Skis auch für den nationalen Designpreis Schweiz nominiert, weil Hanno Schwab einen neuartigen wieder lösbaren Epoxidharz für das Verkleben der Komponenten verwendet und so die Skis rezyklierbar macht. 
 
Epoxidharz, das sich auflöst
Ein Ski besteht heute aus ziemlich vielen Komponenten. Der Earlybird-Tourenski zählt 18, darunter verschiedene Hölzer, Kunststoffe und Stahl für die Kanten. Das Ganze wird wie auch bei anderen Skis mit Epoxidharz verklebt. Hanno Schwab verwendet dafür biobasiertes Epoxidharz aus Spanien. In der Schweiz gibt es übrigens keine Zulieferer für die Skiproduktion. Die Krux mit dem Epoxidharz ist jedoch, dass er sich für gewöhnlich nicht mehr auflösen lässt. Ist das Harz einmal mit dem Härter vermischt und die Verbundteile unter Einwirkung von Hitze verklebt, klebt das Ganze für immer: «Die Skis können nur noch in der Kehrrichtanlage verbrannt werden oder landen auf der Deponie», sagt Hanno Schwab, der einst im Allgäu aufgewachsen ist, fürs Studium aber nach Chur zog. 
 
Zusammen mit dem spanischen Epoxidharzhersteller sowie der Universität von Katalonien hat er aber jetzt, basierend auf einer früheren Masterarbeit, ein andersartiges Epoxidharz entwickelt: «Mit der neuen Technologie lässt sich das Epoxidharz im Wasserbad und mit Essigsäure wieder auflösen. Die Flüssigkeit muss einfach heisser sein, als der Ski gepresst wurde, also ungefähr bei 90 Grad.»
 
Das neue Klebematerial ist laut dem jungen Ingenieur nicht nur im Skibau interessant, sondern auch für andere sogenannte Verbundmaterialien. «Damit lassen sich etwa auch Karbonrähmen von Fahrrädern, Karosserien bei E-Autos, Schiffsrümpfe oder Rotorblätter von Windanlagen kreislauffähig machen», sagt er. 
 
Die Innovation findet auch die Jury von Designpreis Schweiz beeindruckend, die Earlybird Skis in der Kategorie «Going Circular Economy» nominiert hat. Die Preisverleihung findet am 5. November in Langenthal statt.
 
Konkurrenz zeigt Interesse
Die Ausstrahlung, die Earlybird Skis durch die Auszeichnungen hat, wird nun auch von den grossen Skiherstellern wahrgenommen: «In unseren Anfängen wurden wir freundlich ignoriert. Nun haben praktisch alle grossen Marken bei mir angerufen», sagt Hanno Schwab. Sei das Thema Nachhaltigkeit bei der Sportbekleidung nämlich schon lange ein Thema, hätten die Hersteller von «Hardware», also Sportgeräten wie Skis, diesen bislang verpasst, sagt er. Dabei gibt er sein Know-how gerne weiter, auch an die Konkurrenz: «Ich mache ja das aus Überzeugung, weil ich etwas verbessern will. Es bringt nicht viel, wenn ich nur meine paar Hundert Skis nachhaltig baue.»
 
Nach Tschechien verlagert
Hat er einst in Schüpfen noch selber die Skis gefertigt, konzentriert er sich heute vor allem auf die Prototypentwicklung und den Vertrieb: «Alle zwei bis drei Jahre wird ein Ski weiterentwickelt, da ist man nie fertig», sagt Hanno Schwab. Produziert werden die Skis heute nicht mehr in Schüpfen, sondern in einer Manufaktur in Tschechien mit vier weiteren kleinen Snowboard- und Skiherstellern: «Gemeinsam können wir die Produktion, die Mitarbeiter und die Maschinen das ganze Jahr auslasten», sagt Hanno Schwab. Auch die Liefertransportenergie können die Ski- und Snowboardhersteller so teilen, und neu wird gerade eine Solaranlage auf das Dach gebaut: «Damit können wir unseren CO2-Fussabdruck nochmals deutlich senken», sagt er.
 
Schwab besucht die Produktionsstätte mehrmals im Jahr, um dort die Prototypen zu entwickeln und Serienproduktion zu überwachen. Im Winter stellt er die fertigen Exemplare den Sportgeschäften vor. Ein Exemplar kostet je nach Modell 1190 oder bis 1390 Franken. Derzeit kämpft der Jungerunternehmer allerdings mit den globalen Materialengpässen, vor allem bei den Kunststoffen: «Normalerweise sind die Skis im August fertig. Jetzt wird es November.»
 
Authentisch sein 
Support hat Hanno Schwab auch von sogenannten Ambassadoren, die dem Wintersport verbunden sind und ohnehin in verschiedenen Regionen der Welt gerade Touren begleiten: «Es ist ja auch authentischer, wenn ein Bergführer oder eine Bergführerin den Ski im Sportgeschäft vorstellen, als ein Vertreter mit Aktenkoffer.»

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