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Feintool

Der Neue kennt die Strategie

Beim Lysser Technologiekonzern kommt es überraschend zu einem Wechsel an der Spitze. Nach bloss gut einem Jahr verlässt CEO Bruno Malinek Feintool. Sein Nachfolger Knut Zimmer ist aber bereits gut eingearbeitet.

Bruno Malinek, abtretender CEO, an der Präsentation der Halbjahreszahlen in Lyss im August.  copyright: stefan leimer/bieler tagblatt

Tobias Graden

Diese Neuigkeit ist ziemlich überraschend gekommen – anderseits aber auch nicht so sehr:So lautete gestern ungefähr der Tenor, wenn man sich zum Thema Führungswechsel bei Feintool umhörte. Am frühen Morgen, vor Handelsbeginn an der Börse, teilte das Lysser Technologieunternehmen mit, dass es mit einer neuen Führung ins nächste Jahr starten werde. Der bisherige CEOBruno Malinek übernehme eine «beratende Funktion» bei Mubea, der Firmengruppe von Thomas Muhr, der bis im September diesen Jahres selber Grossaktionär von Feintool war. Malineks Nachfolger werde Knut Zimmer, hiess es in der Mitteilung weiter, der seit 2017 für das gesamte europäische Teilegeschäft von Feintool zuständig sei.

Die Nähe zu Mubea
Überraschend kommt der Führungswechsel darum, weil bis gestern wohl kaum jemand ausserhalb von Feintool damit gerechnet hatte. Immerhin war Bruno Malinek erst seit gut einem Jahr an der Spitze des Unternehmens. Weder von ihm noch von Feintool war gestern mehr über den Abgang zu erfahren.
«Definitiv überraschend»sei dieser, sagt Michal Lichvar, Analyst bei der Bank Vontobel: «Ma-linek war nicht sehr lange CEO, er tritt sehr plötzlich ab, und schon hat man einen Ersatz.»
Allerdings sei die Nähe Malineks zu Muhr schon länger bekannt gewesen, sagt Alexander Koller, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. Ob Malinek von Muhr abgeworben worden sei, darüber lasse sich jedoch nur mutmassen. «Muhr war ja einer der Gründe, warum Malinek zu Feintool gekommen war», sagt Lichvar, «ich denke, es geht hier um ein zufälliges Zusammentreffen verschiedener Ereignisse.»
Eines dieser Ereignisse ist der Ausstieg des Grossaktionärs. Thomas Muhr, Gründer und Besitzer des deutschen Automobilizulieferers Mubea, war über seine Muhr und Bender Verwaltungs-GmbH im Sommer 2013 bei Feintool eingestiegen. Seit November 2014 hielt er 13,8 Prozent und war damit der zweitgrösste Aktionär hinter Mehrheitseigner Michael Pieper. Gegen Ende September stiess Muhr dann aber alle seine Aktien ab. Zuvor war zeitweise gar gemutmasst worden, Feintool könnte Teil von Mubea werden;zumindest wurde das Engagement als strategische Beteiligung aufgefasst.

Feintool wächst auch 2017...
Wie ist denn Malineks Leistungsausweis an der Feintool-Spitze zu bewerten? «Das ist kaum möglich», sagt Alexander Koller, «dafür war er zu kurz im Amt.» Gemessen an den Zahlen, sagt Michal Lichvar, sei an Malineks Wirken nichts auszusetzen. Feintool ist auch im laufenden Jahr deutlich gewachsen. Allerdings, gibt Lichvar zu bedenken, sei dafür das ganze Team und nicht nur der CEO verantwortlich. Zudem profitiere Feintool von der Marktsituation:Die Autobranche weist ein strukturelles Wachstum auf, und die technische Entwicklung spielt Feintool in die Hände: Es kommen zwecks Minderung des Ressourcenverbrauchs zunehmend mehr Automatikgetriebe zum Einsatz, und diese haben heute mehr Gänge als früher, was mehr Feinschneidteile von Feintool nötig macht. Die letzte positive Meldung von Feintool kam erst kürzlich:In Tschechien erfolgte der Spatenstich zum jüngsten Werk des Konzerns.

...und hat weiter Potenzial
Alexander Koller wendet ein, dass Feintool im Urteil der Anleger jedoch zu langsam auf das Aufkommen von elektrischer Motorentechnologie reagiert haben könnte: «Dies könnte auch den Ausstieg von Muhr erklären – Mubea hat sich womöglich einen rascheren Umstieg auf die E-Mobilität gewünscht.» Auch die unterdurchschnittliche Entwicklung des Aktienkurses von Feintool in diesem Jahr könnte darauf zurückzuführen sein, dass Zweifel bezüglich der Zukunftsaussichten der Lysser Feinschneidtechnologie bestehen (ein Elektromotor hat kein Getriebe). Doch Koller relativiert gleich selber:«Feintool hat genug Potenzial, um auch mit der herkömmlichen Verbrennungstechnologie noch weiter zu wachsen.»Dies werde mindestens bis 2025 so sein, ergänzt Michal Lichvar, und vom Aufkommen der Hybridtechnologie profitiere Feintool gar.
Kontinuität gewährleistet
Grundlegende Änderungen seien denn auch mit dem neuen CEO Knut Zimmer nicht zu erwarten. Die aktuelle Strategie, vorgegeben von Hauptaktionär Michael Pieper und Verwaltungsratspräsident Alexander von Witzleben, werde auch mit Zimmer weiterverfolgt. «Zimmer kennt das Unternehmen ja gut», sagt Alexander Koller. «Er kennt das Unternehmen, die Strategie, die Kunden», sagt Lichvar, «für Investoren ist der CEO-Wechsel also nicht mal besonders relevant.»
Wie Bruno Malinek ist auch Knut Zimmer, Jahrgang 1963, deutscher Nationalität. Er ist im Jahr 2012 zu Feintool gestossen, als der Lysser Konzern die damalige Herzing + Schroth gekauft hatte (heute firmiert diese als Feintool System Parts Obertshausen GmbH). Zimmer hatte diese seit dem Jahr 2000 geleitet. Aus der Akquisition entstand der Bereich Forming Europe, dem Zimmer vorstand. Und seit diesem Jahr leitet Zimmer wie erwähnt das gesamte europäische Teilegeschäft von Feintool.
Wie gut Zimmer die Feintool-Strategie umzusetzen weiss, zeigte sich im August 2016, als Feintool anlässlich der Halbjahreskonferenz zu einer Besichtigung des Standorts Ohrdruf einlud. Zu diesem Zeitpunkt war Ohrdruf das einzige Unternehmen in Europa, das sämtliche Umformtechnologien anbieten konnte, und Zimmer sagte: Seit der Übernahme durch Feintool habe man sich auf die Profitabilität konzentriert. «Wir sind grösser geworden und können leichter Investitionen tätigen», meinte Zimmer, «wir haben dank Feintool die besseren Marktchancen.»
 

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