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Denkmalpflege

Der Ölgeruch hängt noch in der Luft

Die im Jahr 1917 erbaute Feinmechanik-Fabrik Langel im Tal von Saint-Imier hat ihren Betrieb vor mehr als 20 Jahren eingestellt. Seither wurde kein einziges Werkzeug verrückt.

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Manuela Schnyder

Es kommt einem vor, als würden die Arbeiter jeden Moment zur Türe hereinkommen, ihre Schürzen anziehen und an die Arbeit gehen. Drehbänke, Schraubstöcke, Stanzmaschinen, Pinsel, Metallteile, Lumpen – alles ist noch genau an dem Platz, wo es die Mechaniker im Jahr 1997 bei der Schliessung des Werks liegen gelassen haben. «Nicht mal geputzt wird hier», sagt Liliane Wernli-Langel, Erbin der ehemaligen Stempelteile- und Säulenblöcke-Fabrik in Courtelary. Höchstens die Spinnweben entferne sie ab und zu. Wegen des Ölfilms setze sich hier aber ohnehin wenig Staub ab.

Sämtliche Geräte in der alten Werkstätte sind noch voll funktionsfähig. Fängt das Riemengetriebe an zu schlagen, fühlt man sich wie auf einer Zeitreise in die Industriegeschichte des Berner Jura. Blickt man südlich aus dem Fenster, sieht man über den Innenhof das dazugehörige Herrenhaus. Das ganze Anwesen verkörpert eine Tradition, die zu Beginn des 20. Jahrhundert vorherrschte: Ein Industriekomplex, in dem die Villa und die Fabrik des Patrons eine Einheit bilden.

Patentiertes System

Erbaut wurde das Fabrikgebäude mit Werkstätte, Büro und kleiner Schmiede 1917 von Robert Langel. Trotz Wirtschaftskrisen habe ihr Grossvater und nach der Übernahme Ende der 40er Jahre ihr Vater den bereits 1906 gegründeten Betrieb nie unterbrechen müssen, erzählt Wernli. In den sehr guten Zeiten waren bis zu 15 Mechaniker beschäftigt, über weite Strecken waren es sieben bis acht. Mit Säulenblöcken, eine Art Stanz- und Schneidewerkzeug, fertigten sie komplexe und hochpräzise Einzelteile für die Feinmechanikindustrie, insbesondere für Uhrenfirmen. Die Krux dabei war die Serienproduktion. Weil die Perfektion wegen des Materialverschleisses mit der Zahl der gefertigten Teile abnahm, entwickelte Robert Langel sein eigenes spezielles Säulenblocksystem, das er patentieren liess. Das Patent ist heute abgelaufen, dennoch verweisen in der Branche Hersteller auf das sogenannte Robert-Langel-System. Wie die alten Rechnungen zeigen, waren die Teile sogar über die Landesgrenze hinaus gefragt.

Wie genau das vormals patentierte System funktioniert, kann Liliane Wernli-Langel nicht sagen. Als Kind durfte sie ihrem Vater, der den Betrieb nach dem Tod von Robert Langel im Jahr 1958 übernahm, nie bei der Arbeit zuschauen. «Die Mechanik ist nichts für Mädchen», habe er ihr immer gesagt. Schon ihr Grossvater habe sie zwar stets mit einer herzlichen Umarmung und Küsschen begrüsst, nach fünf Minuten aber bestimmt fortgeschickt, damit er arbeiten konnte.

Verkaufsangebote abgelehnt

Pierre Langel arbeitete weit über sein Pensionsalter hinaus. Erst am 26. Februar 1997, als der letzte Arbeiter in den Ruhestand ging, hat der Patron das Werk geschlossen – mit 79 Jahren. Drei Jahre später ist er verstorben. So ist seither Liliane Wernli-Langel als einziges Kind die Eigentümerin des Anwesens. Seit nunmehr 20 Jahren setzt sie sich dafür ein, das Werk Langel so zu erhalten, wie es ist. Wohl wäre der Verkauf für sie die einfachere Lösung gewesen, wohnt sie doch heute mit ihrem Mann in Les Breuleux. Sie habe viele Anfragen nach den wertvollen Maschinen und Gegenständen erhalten, sagt sie. Doch die Fabrik und die gegen 1835 errichtete Fabrikantenvilla mit neoklassischer Fassade, einem Ziergarten, Springbrunnen und kunstvollem Gitter seien Teil der Geschichte ihrer Familie wie auch der Region. Sie hätte es nie über ihr Herz gebracht, das Erbe oder Teile davon zu verkaufen, auch wenn es vielleicht einfacher gewesen wäre.

Mit Preis gewürdigt

Die Investitionen in die Erhaltung des Anwesens zahlen sich für Liliane Wernli-Langel nicht aus. Sie habe nie zusammengerechnet, wie viel sie das Erbe bisher gekostet habe. Ohne die Projekte mit dem Tourismus oder dem Kulturerbe wäre die Finanzierung noch komplexer, sagt sie. Insgesamt sei die Instandhaltung der Fabrik aber weniger teuer als die Renovierung der Villa, in der heute zwei Mietwohnungen untergebracht sind. Warum sie nicht selber darin wohnt? «Das kam bislang nicht in Frage», sagt die pensionierte Lehrerin. Ihr Mann sei nicht in Courtelary verwurzelt. Allerdings würde jetzt die untere Wohnung frei. Vielleicht werde sie umziehen, sofern sie ihren Mann überzeugen könne.

Für die Erhaltung des Erbes und damit einem Stück Berner Geschichte hat der Kanton Wernli mit dem Denkmalpflegepreis ausgezeichnet, zusammen mit fünf weiteren Engagements zugunsten der hiesigen Baukultur. Eine Delegation wird deshalb morgen anlässlich des Tags der offenen Tür die Fabrik besuchen (siehe Infobox). Der Preis sei eine schöne Anerkennung nach 20 Jahren, zumal das Medienecho ihre kleine Fabrik auch einem breiteren Publikum näher bringe. Sie freue sich deshalb, morgen auch andere Interessierte zu treffen.

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Tag der offenen Tür

Morgen um 18 Uhr führt Besitzerin Liliane Wernli-Langel Interessierte durch die alte Stempelfabrik an der Grand-Rue 49a in Courtelary (auf französisch). Noch bis im Oktober ist die Fabrik Langel auch Teil des theatralischen Rundgangs «Der Lohn der Schüss», der mit szenischen Darbietungen zeigen soll, wie Männer und Fruaen früher in der Region arbeiten (auf französisch und deutsch). Mehr Infos unter www.j3l.ch msd

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