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Die beste Pfanne war nicht gut genug

Eric Meyer hat eine Bratpfanne entwickelt, wie es sie bislang nicht gibt. Sie wird komplett in der Region hergestellt und soll quasi ewig halten.

Eric Meyer wird im August seine Craftware-Bratpfanne auf den Markt bringen. copyright: raphael schaefer/bieler tagblatt

Tobias Graden

Die Bratpfanne ist erfunden, dürften wohl die meisten Menschen denken. Seit der Erfindung von Pfannen, die mit dem Kunststoff Teflon beschichtet sind, ist das Braten noch leichter. Doch der Lysser Eric Meyer, gastronomisch bewandert, gab sich damit nicht zufrieden. «Mit der Zeit löst sich die Beschichtung von Teflonpfannen auf», sagt er, «und man muss ständig neue Pfannen kaufen.»
Also machte er sich auf die Suche nach Alternativen und kaufte sich die beste handelsübliche Bratpfanne eines französischen Herstellers, aus Eisen gefertigt. Aber auch diese vermochte ihn nicht zu befriedigen: «Es ist ein gestanztes Massenfabrikat.» Eine Alternative wäre eine Gusseisenpfanne, doch diese sind dann schon sehr schwer, und die Antihaft-Eigenschaften sind nicht ideal.
Was nun?

70 Stunden Arbeit pro Woche
Eric Meyer war in den letzten Jahren hauptsächlich damit beschäftigt, die Lysser Brauerei Dear Beer zu führen. Er war auf gutem Wege, doch dann kam Corona. Mit der Absage zahlreicher Feste fiel die Haupteinnahmequelle weg. Meyer liess sich nicht entmutigen und suchte neue Absatzquellen. Mit Erfolg: Letztes Jahr erzielte Dear Beer gar mehr Umsatz als im Jahr zuvor. Die Kehrseite: Dies erforderte enormen Einsatz. Meyer arbeitete bis zu 70 Stunden pro Woche. Schliesslich musste er sich eingestehen: «So kann es nicht weitergehen, sonst werde ich krank.»
Meyer fuhr den Betrieb hinunter und hatte nun Zeit, sich einer alten Idee wieder zu widmen: Der Entwicklung der aus seiner Sicht besten Bratpfanne der Welt. Massiver musste sie sein als das französische Modell, langlebiger als eine Teflonpfanne, und gleichzeitig sollte sie ebenso gute Antihaft-Eigenschaften aufweisen.
Nun steht Eric Meyer in den Räumlichkeiten seiner Brauerei, hält die Pfanne seiner neuen Marke Craftware in den Händen und sagt Sätze, die wie Werbeslogans klingen: «Sie ist der beste Kompromiss aus beiden Welten», zum Beispiel.

Rapsöl statt Teflon
Meyers Pfanne ist massiv und schwer. Sie ist einen Millimeter dicker als das erwähnte französische Modell. «Das macht viel aus», sagt der Tüftler, «die Wärmespeicherkapazität ist deutlich höher.» Zweieinhalb Kilogramm wiegt die Craftware-Pfanne bei einem Durchmesser von 28 Zentimetern. Es ist dies das meistgebräuchliche Mass, es ist die Pfanne für die grosse Platte auf dem Herd.
Gefertigt ist die Pfanne aus so genanntem Carbonstahl. Das klingt nach Hightech, ist aber keine Hexerei. Das Material ist eine Legierung, es besteht zum allergrössten Teil aus Eisen, dem ein kleines bisschen Kohlenstoff hinzugefügt wird. Dieser ermöglicht den Ersatz der Teflonbeschichtung und sorgt dafür, dass die Pfanne Antihaft-Eigenschaften hat. Dazu wird die Pfanne vor dem Gebrauch mit Öl eingerieben und eine Stunde lang im Backofen erhitzt. Das Öl verbindet sich mit dem Kohlenstoff und sorgt dafür, dass das Bratgut nicht haften bleibt. Eric Meyer empfiehlt dazu Raps-, oder noch besser Traubenkernöl. Diese natürliche Beschichtung lässt sich bei Bedarf auch immer wieder erneuern.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Modellen wird die Craftware-Pfanne nicht gestanzt, sondern gedrückt. Man kann sich das vorstellen wie Töpfern mit Eisen. Dazu braucht es eine entsprechende Maschine. Fabian Bühler  von der Johann Eichler AG in Büren, den Eric Meyer an einem Bierfestival kennengelernt hat, besitzt eine solche Maschine. Bis die Pfanne auf dieser in Form gebracht ist, dauert es zweieinhalb Minuten – ein Produktionsschritt, der bei herkömmlicher Fertigungsweise bloss zwei Sekunden dauert. Der Vorteil: Die Pfanne ist anschliessend spannungsfrei. Dies und ihre massive Bauweise sorgen für Langlebigkeit. Meyer sagt: «Sofern Sie diese Pfanne nicht unter einen Zug werfen, können Sie sie dereinst den Grosskindern vererben.»

Nach fünf Jahren amortisiert
Eine solche Swiss-made-Pfanne hat ihren Preis. 240 Franken veranschlagt Meyer pro Stück. Das sieht erst einmal nach viel aus, doch relativiert sich die Investition, wenn man sie auf die gesamte Lebensdauer rechnet. Nach etwa fünf Jahren sei die Anschaffung amortisiert, wenn man sie mit dem Gebrauch herkömmlicher hochwertiger Teflonpfannen vergleiche. Hinzu kommt: Meyer ist bei der Margenberechnung sehr zurückhaltend. «Würde ich branchenübliche Margen verwenden, wäre die Pfanne deutlich teurer», sagt er. Und noch ein Vergleich: Meyer hat aus Neugier bei einem Hersteller in China eine Offerte für 1000 Eisen-Bratpfannen aus dünnem Blech eingeholt – sie hätten 2500 US-Dollar gekostet, also 2.50 pro Stück.
Um die Entwicklungskosten zu decken, hat Meyer anfang Monat ein Crowdfunding auf der Plattform Crowdify gestartet. Nach 37 Stunden war das Ziel von 6000 Franken erreicht, die Kampagne läuft aber derzeit noch weiter. Die Markteinführung ist für August vorgesehen, die Nachfrage im Voraus schwer einzuschätzen. Profis aus der Gastronomie zeigen jedenfalls Interesse, allerdings dürfte sich die Branche mit Investionen derzeit eher noch zurückhalten. Doch  Meyer kennt das Beispiel eines Herstellers in Australien, der handgefertigte Eisenpfannen anbietet. Sein Webshop ist jeweils für anderthalb Stunden offen – in dieser Zeit verkauft er seine ganze Jahresproduktion.
Gerade so dürfte es bei Meyer nicht ablaufen, doch er ist für einen allfälligen Schub gewappnet. Vorerst setzt er auf Direktverkauf, die Zusammenarbeit mit einem Versandpartner ist aufgegleist. Beliebig skalieren lässt sich die Produktion allerdings nicht. Die Kapazität beim Drücker in Büren hat ihre Grenzen, und eine zusätzliche Maschine bedeutete eine Investition in sechsstelliger Höhe.

Die Röstaromen von Spargeln
Die Brauerei ist vom Pfannengeschäft nicht tangiert, sie läuft derzeit ohnehin erst auf 50 Prozent ihrer Kapazität. Dafür hat Eric Meyer für seine neu gegründete Einzelfirma Craftware Meyer – Swiss Culinary Tools schon weitere Produkte ausfindig gemacht. So zum Beispiel eine «Hacki» aus der Drechslerei Weibel in Merzligen. Die Schale besteht aus einheimischem Nussbaumholz, Weibel fertigt sie seit 50 Jahren gleich. In all dieser Zeit sei ihm gerade mal ein Fall von einer kaputten Schale bekannt geworden, sagt der Drechslermeister.
Er sei ja nicht «obergrün», sagt Meyer, aber man müsse doch auf Nachhaltigkeit achten. Und wenn man schon Fleisch esse, dann solle man dieses doch richtig zubereiten, wozu seine Pfanne geeignet sei. Aber es muss nicht zwingend Fleisch sein. Die Röstaromen gebratener Spargeln seien auch nicht zu verachten.

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