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Bewerbungen

Die BLS macht gute Erfahrungen
 mit Lohnangaben im Stelleninserat

Bei der BLS können Bewerberinnen und Bewerber ihre Lohnbandbreite berechnen. Auch der Kanton Bern und die SBB sind daran, ein solches System zu entwickeln.

Symbolbild: Keystone

Damaris Hohler

Beim Bewerbungsgespräch ist er oftmals der Elefant im Raum: der Lohn. «Der Arbeitgeber sitzt bei der Lohnverhandlung klar am längeren Hebel, da er die Lohnvorstellungen des Unternehmens kennt», sagt Corinne Moser, die bei der BLS als Expertin im Personalwesen arbeitet. Dies führe im Bewerbungsgespräch häufig zu einer unangenehmen Situation für die Bewerbenden.

Darum hat die BLS gehandelt: Seit einem Jahr finden Stellensuchende auf Anzeigen der BLS einen Lohnrechner. Sie müssen bloss das Alter und das gewünschte Pensum eingeben und erhalten als Resultat eine Lohnbandbreite.

Wer sich beispielsweise als 30-jährige Person für ein 80-Prozent-Pensum als Finanzbuchhalter interessiert, kann mit einem Jahreslohn zwischen 74 712 und 84 457 Franken rechnen. Auch für Kaderstellen, wie den kürzlich neu besetzten CEO-Posten, spuckt der Lohnrechner eine Bandbreite aus.

 

«Ein entspannteres ­Bewerbungsgespräch»

BLS-Personalfachfrau Corinne Moser sagt: «Bei der Personalgewinnung richten wir uns nach den Bedürfnissen der Bewerbenden.» Gemäss Studien gehöre der Lohn zu den drei wichtigsten Informationen, die Stellensuchende wissen wollen. Der Lohnrechner soll dabei Transparenz schaffen. Nach gut einem Jahr kann die HR-Expertin eine positive Bilanz ziehen: Viele Bewerbende seien mit einer grösseren Gelassenheit in das Bewerbungsgespräch gekommen.

Auch Pascal Oppliger hat die konkrete Lohnangabe geschätzt. Der Flotten- und Systembetreuer, seit einem halben Jahr bei der BLS, hat sein Bewerbungsgespräch positiv in Erinnerung: «Das Gespräch verlief entspannter, da beide Seiten wussten, dass man sich beim Lohn einig wird.» Ausschlaggebend für seine Bewerbung sei der Lohn allerdings nicht gewesen.

Das Bahnunternehmen habe bereits erste Anfragen von Firmen erhalten, die sich für die Erfahrungen mit dem Lohnrechner interessierten. Transparente Löhne könnten jedoch nicht nur zu mehr Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern beitragen, meint Moser. «Auch für Personen, die Mühe haben mit Verhandeln, ist eine frühzeitige Transparenz über das Gehalt wertvoll», fügt sie an.

Noch nicht so weit wie die BLS sind die SBB. In einem Pilotversuch, der seit einem Jahr läuft, gibt das grösste Schweizer Bahnunternehmen bei einigen Stelleninseraten – etwa für Lokführende oder Zugverkehrslenkende – ebenfalls die Lohnbandbreiten an. Die Angabe des Alters ist bei den SBB nicht erforderlich. Bei der Ausschreibung einer Monteurstelle wird beispiels­weise für ein 100-Prozent-Pensum ein Bruttojahreslohn von 58 400 bis 66 000 Franken angegeben.

«Mit Bekanntgabe der Lohnbandbreiten bei der Stellenausschreibung ist der Rahmen für die Lohnverhandlungen von Beginn an bekannt. So lassen sich Enttäuschungen und Leerläufe im Rekrutierungsprozess aufgrund falscher Lohnvorstellungen vermeiden», sagt SBB-Mediensprecherin Ottavia Masserini. Sie sieht in der Bekanntgabe von Lohnbändern ebenfalls einen möglichen Beitrag zu mehr Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern.

Die Ergebnisse des Pilotversuchs der SBB seien derzeit noch ausstehend. Laut Masserini ist auch eine Publikation der Lohnbandbreiten bei Kaderstellen denkbar.

 

Kanton wird nachziehen, 
Skepsis bei der Stadt Bern

Neben den Bahnunternehmen will auch der Kanton Bern auf mehr Lohntransparenz im Bewerbungsprozess setzen. «Es besteht ein gewisser Druck, den Lohn aufzuführen, da Firmen wie Google diesen Trend setzen», sagt André Matthey, Leiter des Personalamts des Kantons Bern. Matthey spielt auf die Jobfunktion in der Google-Suche an, die vor zwei Jahren auch in der Schweiz eingeführt wurde. Der Kanton will deshalb seine Stellenanzeigen noch in diesem Jahr mit einem Lohnrechner, ähnlich demjenigen der BLS, versehen.

Im Gegensatz zu den beiden Bahnunternehmen und dem Kanton gibt es bei den öffentlichen Verwaltungsstellen der Stadt Bern und beim Bund keine Bestrebungen, die Lohnbandbreite bereits auf der Stellenanzeige auszuweisen, wie Anfragen bei den Personalämtern zeigen.

«Eine Veröffentlichung dieser Angaben in Stelleninseraten kann kontraproduktiv für den Bewerbungsprozess sein», sagt Roland Nydegger, Leiter des Personalamts der Stadt Bern. Die Stadtverwaltung biete neben dem Lohn weitere attraktive Anstellungsbedingungen, wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Diese, so Nydegger, würden in einer einfachen Angabe von Bandbreiten nicht widergespiegelt.

Gerade im Vergleich zu direkten Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt wie dem Bund und dem Kanton wolle sich die Stadt Bern als Arbeitgeberin nicht über den Lohn definieren. Die Lohnstufen werden zwar in einer öffentlich zugänglichen Lohntabelle ausgewiesen. Diese sei für die Bewerbenden jedoch häufig kompliziert zu verstehen, wie Roland Nydegger einräumt. Zudem können die Stellensuchenden meist nicht im Voraus wissen, in welcher Lohnklasse ihre künftige Stelle eingestuft ist.

Stellensuchende müssen sich bei der Stadt Bern darauf gefasst machen, dass diese die Lohnvorstellungen der Bewerbenden teilweise schon vor den ersten Bewerbungsgesprächen einholt. «Damit wollen wir einschätzen, ob ein Einstieg in den Prozess überhaupt sinnvoll ist», sagt Nydegger.

 

Auch beim Bund 
heisst es nachfragen

Auch beim Bund gibt es ein Lohnklassensystem, das für Externe nicht ganz einfach zu durchschauen ist. Bewerbende müssen deshalb bei der Personalabteilung des entsprechenden Bundesamtes nach der Lohnklasse der ausgeschriebenen Funktion fragen, wenn sie sich Anhaltspunkte zu ihrem künftigen Lohn wünschen. Genauere Angaben zu ihrem Anfangslohn erhalten sie in der Regel im ersten Vorstellungsgespräch.

Trotz der Neuerungen bezüglich Lohntransparenz wird eines gleich bleiben: Auch künftig wird der Lohn am Ende Verhandlungssache sein.

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