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Epidemie

«Die Verzweiflung ist sehr gross»

Epidemie Wegen des Coronavirus' sind viele Veranstaltungen abgesagt. Das trifft insbesondere jene Betriebe hart, die die Events bedienen. Auch Bieler Unternehmen hoffen auf die Hilfe des Bundes.

Die Veranstaltungstechnikerinnen und -techniker sind von den Event-Verboten besonders betroffen. Bild: Peter Samuel Jaggi
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Manuela Schnyder

Dutzende Events sind abgesagt, täglich kommen neue hinzu: «Es ist eine Katastrophe», sagt Markus Walther von der Walther Licht- und Tontechnik AG. Von der Fasnacht über Firmenkongresse bis hin zum Schuldance-Award sei alles abgesagt, also auch Anlässe weit unter 1000 Personen und auch Anlässe nach dem 15. März. Zum Beispiel sei auch noch ungewiss, ob der Kerzerslauf am 21. März stattfinde, sagt Walther. Auch dort wären die Bieler Techniker auf Platz. Die Veranstalter seien momentan extrem verunsichert, zumal man nicht abschätzen könne, wie lange die Restriktionen anhalten.

Was macht man denn, wenn einem von heute auf morgen die Erträge wegbrechen? Man versuche nun, für die Mitarbeiter Kurzarbeitsentschädigung zu beantragen. Das Team sei zum Glück klein und das Unternehmen könne noch von Reserven zehren. Doch alles hänge davon ab, wie lange die Aufträge ausblieben. Besonders schlimm ist die Situation laut Walther auch für die vielen Freelancer, die in der Branche tätig sind. Wie auch sein Betrieb jeweils für Anlässe freischaffende Techniker aufbietet, tun das viele andere auch: «Die trifft es natürlich unmittelbar.»

Freelancer sind arbeitslos

Das vom Bund ausgesprochene Verbot von Anlässen ab 1000 Personen erschüttert die Eventbranche gleich zu Beginn ihrer Saison. Eigentlich würde man jetzt voll loslegen, sagt Philippe Bernoulli, Geschäftsführer von Future Audio AG, einem Grossanbieter von Ton- und Showtechnik aus Pieterlen. Doch fortlaufend kämen Absagen herein. Dabei sei man mit den Veranstaltern in engem Kontakt und habe auch Verständnis für ihre Situation: «Soll man einen Anlass noch organisieren und noch mehr Geld ausgeben, oder besser absagen, um den Schaden einzugrenzen oder verschieben, ohne zu wissen, welche Regeln dann im April gelten?» Es sei auch schwierig bei Anlässen die eine Bewilligung hätten, erkärt Bernoulli. Wenn der Veranstalter alle Personalien der Besucher aufnehmen müsse, weil das der Kanton verlange, blieben auch die Leute teilweise fern. So passiert bei einem Konzert: Rund 80 Prozent der üblichen Gäste hätten das Konzert nicht besucht, sagt Bernoulli. Es sei einfach sehr schwierig, in einem solchen Umfeld zu planen. Auch er prüfe, für seine neun Mitarbeiter Kurzarbeitsentschädigung zu beantragen, falls die Lage andauern sollte. Für die Freelancer gebe es diese Möglichkeit nicht, die seien zurzeit bis zu einem Monat ohne Job: «Die Verzweiflung ist sehr gross.»

Hilfe vom Bund gefordert

Gemäss dem Dachverband Expo Event finden schweizweit rund 80 Prozent der geplanten Veranstaltungen nicht statt. Wie schlimm die Folgen für die Betriebe im Bereich der Veranstaltungstechnik sind, kann der Präsident des Schweizerischen Verbands technischer Bühnen- und Veranstaltungsberufe (SVTB) beziffern: Nach aktuellen Zahlen seien bis Ende März Aufträge im Wert von 20 Millionen Franken abgesagt worden, sagt Jörg Gantenbein. Auch wenn Anlässe verschoben würden, sei das für die Firmen momentan das Gleiche wie eine Absage. Das Problem sei zudem, das auch kleinere Veranstaltungen abgesagt würden.

Im Gegensatz zum Verband der Schweizer Konzert-, Show- und Festivalveranstalter (SMPA) kritisiert der SVTB aber nicht das Verbot an sich, sondern fordert vom Bund eine schnelle und unbürokratische Unterstützung für die betroffenen Betriebe. So ist der Verband, dem rund 350 Mitglieder angeschlossen sind, laut dem Präsidenten in einem ersten Schritt daran, die Fakten zusammenzutragen, um das Schadensausmass zu eruieren, bevor dann mit dem Bund über mögliche Massnahmen diskutiert werden soll: Man sei diesbezüglich bereits mit dem Staatssekretariat (Seco) in Kontakt, so Gantenbein.

«Die Kantone sind zu streng»

Nicht nur die Eventtechniker sind von den vielen abgesagten Anlässen betroffen, sondern auch jene, die die Infrastruktur, das Catering oder den Gastro- und Getränkehandel bereitstellen. Dazu gehört etwa die Fotra AG aus Grenchen: Die Ertragsausfälle seien schon im sechsstelligen Bereich, sagt Geschäftsführer Peter Traub. Und soeben sei eine Generalversammlung mit 700 Besuchern abgesagt worden. Dabei sei man anfänglich noch froh gewesen, dass der Bund «nur» Anlässe mit über 1000 Personen untersagt habe, denn solche habe man wenige. Doch wegen den viel strengeren Regeln in gewissen Kantonen werden laut Traub nun teilweise sogar Anlässe mit 50 Besuchern abgesagt. «Wenn man über die Grenze blickt, sind solche Massnahmen doch übertrieben, in Deutschland zum Beispiel werden nicht so viele Events gestrichen.» Das Unternehmen versucht nun, die entgangenen Ertäge zu kompensieren, indem es die Fixkosten senkt und geplante Investitionen etwa in neue Küchengeräte streicht und auch Anträge auf Kurzarbeitsentschädigung für seine 12 bis 15 Angestellten prüft. Doch wenn sich die Lage bis im Frühling nicht bessert, müsse man wahrscheinlich auch personelle Massnahmen ergreifen, sagt Traub. «Das schmerzt schon, daran denken zu müssen».

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