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Exportindustrie

Die Zulieferer sollen helfen

Die Aufhebung des Mindestkurses trifft die Unternehmen in der Region stark. Maschinenhersteller fordern darum Zugeständnisse von ihren Lieferanten. Diese kalkulieren ihre Margen aber bereits jetzt äusserst knapp.

Yves Beaumann, Geschäftsführer von Acrofil, einem Zulieferer der Uhrenbranche, Bild: Blaise Droz/a

Rolf Muster, Patron von Schaublin Machines SA, gab kürzlich in Interviews mit dem «Journal du Jura» und dem «Bieler Tagblatt» seiner wahren Sorge Ausdruck - der Sorge des Patrons eines Exportunternehmens, das so stark wie möglich bestrebt ist, mit Zulieferern aus der Region zu arbeiten.

Rolf Muster sagt derzeit jedem, der es hören will, dass die Situation nach der Aufhebung des Franken-Euro-Mindestkurses schlimmer sei, als es die breite Öffentlichkeit vermute. Dass das industrielle Netz in der Region zu reissen drohe, wenn nicht konkrete Hilfsentscheide zur Unterstützung der Exportindustrie beschlossen würden: «Wir verlangen drastische Massnahmen zugunsten des Exports. Manche haben die Unternehmen direkt zu treffen, andere betreffen die Politik auf hohem Niveau, die das wahre Ausmass der derzeitigen Vorgänge nicht zu erkennen scheint.»

Laut Muster erzielt Schaublin 30 Prozent des Umsatzes in Osteuropa, vor allem in Russland. «Die Russen kaufen unsere Maschinen weiterhin, obwohl sie wegen des Rubelzerfalls teurer geworden sind. Wie lange sie sich das leisten können, weiss ich nicht, aber zurzeit behelfen sie sich damit, Maschinen mit weniger Zubehör zu kaufen, um die Kosten zu limitieren.»

 

«Rabatte gewährt»

Die Eurozone dagegen ist für die Exporte von Schaublin Machines finsteres Gebiet, es ist für das Unternehmen nötig, asiatische Märkte zu erobern oder zu reaktivieren, um die substanziellen Verluste im europäischen Markt zu kompensieren. Nun hat sich aber auch gegenüber den dortigen Währungen der Franken aufgewertet. Rolf Muster fürchtet, «dass der Schweizer Franken mehr denn je zur Fluchtwährung von Missetätern und gewissen Spekulanten wird und so im Gegenzug zum Unglück für die Schweizer Industrie und ihre Bevölkerung wird».

Sollte sich die Lage nicht bessern, stellt Muster in Aussicht, er werde Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit schicken müssen - und zwar nicht bloss in die Kurzarbeit. Er fordert klar: «Es ist nötig, dass die Zulieferer beim Effort der Exportindustrie mithelfen.»

Zurzeit sind die Bestellbücher bei Schaublin für die nächsten Monate nicht schlecht gefüllt. Seit der Aufhebung des Mindestkurses sah sich Muster aber mit Anfragen nach Abbestellungen konfrontiert: «Ich konnte verhandeln, habe Rabatte gewährt und gleichzeitig um ein Entgegenkommen seitens der Kunden gebeten. Man ist sich einig geworden, aber das hat mich 150 000 Franken gekostet.»

 

Die Konkurrenz im Vorteil

Yves Beaumann ist der Patron von Acrofil, einem wichtigen Zulieferer der Uhrenbranche. Er sagt: «Es ist schwierig vorauszusagen, was in den nächsten Monaten oder Jahren noch auf uns zukommt. Ich schätze, wir haben noch nicht genug Abstand, um die Ereignisse korrekt zu analysieren.» Er erzählt eine eher entmutigende Anekdote: «Ich hatte soeben einem Kunden angekündigt, dass ich den Preis eines Produkts erhöhen müsse. Praktisch zur gleichen Zeit konnte mein französischer Konkurrent seine Produkte ohne Effort 20 Prozent günstiger offerieren. Uns bleibt nichts anderes als aufzuzeigen, dass unser Service exzellent bleibt, komme was wolle.»

Beaumann kennt die Position Musters, der von den Zulieferern einen gemeinsamen Effort zur Stützung der Exporte verlangt. «Die Erwartung unserer Kunden ist die gleiche wie jene von Schaublin Machines, und wir haben auch schon ähnliche Forderungen vernommen. Allerdings sind unsere Margen bereits bis aufs Äusserste kalkuliert. Wir müssen uns an allen Fronten schlagen, zweifellos an jener der Kosten, aber auch in Bezug auf Präzision und Lieferfristen. Wir müssen an einer noch effizienteren Nutzung der Ressourcen arbeiten.»

Schliesslich ist Beaumann überzeugt von der Notwendigkeit, eine hochwertige Produktion in der Schweiz zu unterstützen: «Wir haben das uhrmacherische Erbe, das uns qualifizierte und leistungsstarke Arbeitskräfte garantiert. Strengen wir uns an, um es zu bewahren.» pho/bd/tg

 

Hier wird mehr gearbeitet

 

• Mikron: Bei der Mikron mit Sitz in Biel gehen 60 Prozent der Exporte in die Eurozone. Martin Blom, CFO und Kommunikationsverantwortlicher, fordert auch von den Gewerkschaften Zugeständnisse: «Es geht um die industrielle Zukunft des Landes.» Kurzarbeit ist für Mikron zurzeit kein Thema. Am Standort Agno im Tessin hat Mikron gemeinsam mit der Belegschaft eine Erhöhung der Arbeitszeit um zehn Prozent beschlossen sowie die Anpassung der Löhne der Grenzgänger. Diese erhalten ihr Salär weiterhin in Schweizer Franken, jedoch unter Berücksichtigung des Eurokurses.

• Steinegger AG: Das KMU in Orpund beschäftigt 40 Mitarbeiter. Es stellt Motoren und Steuerungen her und beliefert vor allem Exportfirmen oder exportiert direkt. Laut CEO Martin Glauser hat das Unternehmen mit Unterstützung der Belegschaft die Arbeitszeit pro Tag um eine halbe Stunde erhöht. Den Rückgriff auf das Mittel der Kurzarbeit will Glauser aber möglichst vermeiden.

• Georg Fischer: Die Angestellten des Schaffhauser Industriekonzerns Georg Fischer müssen ab sofort länger arbeiten. Grund für die Massnahme ist die Aufwertung des Frankens, wie der Konzern gestern mitteilte. Die Verlängerung der Arbeitszeit auf durchschnittlich 44 Stunden gelte für alle Schweizer Standorte bis Ende 2015, und damit auch für die GF Agie Charmilles in Nidau. Sie sei zusammen mit den Personalvertretungen beschlossen worden. Nach sechs Monaten solle überprüft werden, ob die Massnahme noch nötig sei. pho/tg/sda

 

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