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Hotellerie

Ein Einbruch 
um fast 50 Prozent

Geschlossene Hotels, abgesagte Kongresse, fehlende Touristen: Die Pandemie hat die Beherbergungsbranche auch im Dreiseenland schwer getroffen.

Die Hotellerie hat wegen Corona einen massiven Einbuss verzeichnet. Bild: Aimé Ehi/A

Jérôme Burgener/pl

Der Branchenverband Hotelleriesuisse spricht in seiner Anfang des Monats veröffentlichten Bilanz über das Pandemiejahr von einem «historischen Einbruch». 2020 generierte die Branche nur 23,7 Millionen Logiernächte. Das entspricht einem Rückgang von 15,8 Millionen Logiernächten oder 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Gemäss Tourismus Biel Seeland (TBS) sind die Zahlen in der Stadt Biel noch alarmierender. 2019 zählte das lokale Beherbergungsgewerbe 130 000 Übernachtungen, 2020 waren es noch 70 000, was einem Einbruch von 47 Prozent entspricht. Der Rückgang sei auf die Schliessung von Hotels und den Ausfall von Kongressen und Seminaren zurückzuführen, erklärt TBS-Geschäftsführer Olivier von Allmen. Er zeigt sich besorgt: «Wir hoffen, dass bald wieder eine gewisse Normalität einkehrt. Wenn nicht, müssen wir mit Konkursen rechnen.»

 

Nicht jeder Bereich gleich betroffen

Von Allmen und Hotelleriesuisse stellen fest, dass Städte mit ausgeprägtem Geschäftstourismus besonders stark von der Krise gebeutelt sind. Andere Beherbergungsmärkte hätten sich im Pandemiejahr besser behauptet.

Beim Bieler Hotel Villa Lindenegg hielt sich der Schaden in Grenzen, wie Lucie Kunz vom Pächterinnentrio erklärt: «Wir haben nur acht Zimmer und sind deshalb rasch ausgebucht.» Die «Lindenegg» sei nicht von Geschäftsleuten, grossen Messen und Kongressen abhängig: «Wir haben wenige ausländische Gäste, die gelegentlich zu einem Arbeitseinsatz nach Biel kommen», präzisiert Lucie Kunz.

 

Dringend neue Angebote erschliessen

Wie es mit der Hotellerie weitergeht, hänge von verschiedenen Umständen ab, erklärt Olivier von Allmen: «Wir rechnen mit der zügigen Impfkampagne und den zukünftigen Covidregeln des Bundesrates. Darauf haben wir allerdings wenig Einfluss.»

Daneben gelte es, neue Angebote für Einzelreisende zu erschliessen. Allerdings brauche es viel Zeit, bis sich daraus eine verlässliche Umsatzquelle entwickle. Dafür sei jetzt eine Marketingoffensive gefragt, «aber die finanziellen Mittel sind bescheiden oder inexistent», bedauert der Geschäftsführer von TBS.

Lucie Kunz erkennt Potenzial vor allem im nationalen Tourismus: «Wir wünschen uns, dass möglichst viele Landsleute ihr Umfeld aufmuntern, im Seeland Ferien zu machen. In Zürich und Winterthur ist unsere Region noch viel zu wenig bekannt.»

 

Staatlich gestützter Arbeitsmarkt

Pandemiebedingt mussten Gastgewerbe und Hotellerie im Jahr 2020 rund 35 000 Stellen abbauen, meldet Hotelleriesuisse. Die Arbeitslosenquote im Gastgewerbe stieg von 4,8 auf 7,9 Prozent. In der Beherbergung erreichte die Quote sogar 9,2 Prozent. Im Kanton Bern stellte das Gastgewerbe letzten Monat mit einem Anteil von 14,6 Prozent die grösste Gruppe an Arbeitslosen.

Auf den ersten Blick passen diese Prozentzahlen nicht zu den Totalausfällen in weiten Teilen der Gastronomiebranche. Hier wird die finanzielle Unterstützung des Bundes sichtbar, die unzählige Arbeitsverhältnisse durch Kurzarbeitsentschädigung für die Zukunft sichert.

 

Wiedereröffnung benötigt viel Personal

Olivier von Allmen gibt sich im Hinblick auf den absehbaren Neustart zuversichtlich: «Die Wiedereröffnung der Betriebe wird mit einem hohen Personalbedarf einhergehen. Deshalb rechnen wir mit vielen Anstellungen.»

Die grossen Bieler Hotels haben sich auf Anfrage dieser Zeitung nicht zu ihrer wirtschaftlichen Lage geäussert.

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