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Berner Jura

Europas modernste Waschanlage

In Péry-La Heutte entsteht eine Hightech-Anlage zur Reinigung von Bauabfällen. Es handelt sich um ein Gemeinschaftswerk der Vigier-Zementfabrik und eines Ostschweizer Recyclingunternehmens.

Mit dem offiziellen Spatenstich ist der Startschuss zum Bau der zukünftigen Hightech-Waschanlage gefallen. Bild: Peter Samuel Jaggi

Sébastien Goetschmann/pl

Der Zementhersteller Vigier Holding AG und das Bau-Dienstleistungsunternehmen Toggenburger AG erstellen in Péry-La Heutte die modernste Anlage Europas zur Reinigung von schadstoffbelasteten mineralischen Bauabfällen. Am Mittwoch wurde der Grundstein für das neue Gemeinschaftsunternehmen VITO Recycling AG in Anwesenheit von Regierungspräsident Pierre Alain Schnegg und Vertretern der lokalen Behörden gelegt. Der Bau soll bis Ende 2022 fertiggestellt sein.

Der Standort der sogenannten Bodenwaschanlage wird von der Projektleitung als «ideal» bewertet, denn er ist mit der Zementfabrik Vigier direkt an das Strassen- und Schienennetz angebunden, was eine ökologische Optimierung der Transportwege ermöglicht. VITO Recycling AG will Schlüsselpartner der Schweizer Kreislaufwirtschaft bei der Verwertung von schadstoffbelasteten mineralischen Bauabfällen und Sammelschlämmen werden.

Die Partnerunternehmen entsprechen mit ihrer bedeutenden Investition dem Wunsch des Kantons Bern, Abfälle nachhaltig zu bewirtschaften. «Diese innovative Anlage entspricht den kantonalen Zielen», bestätigte Pierre Alain Schnegg. Es sei «mehr denn je vordringlich, Ressourcen zu schonen und Rohstoffe mehrfach zu nutzen».

 

Das kann die Anlage

Die neue Bodenwaschanlage ist in technischer Hinsicht revolutionär: Das Verfahren ist geeignet, fast 100 Prozent der angelieferten Abfälle in Wertstoffe für die Zement- und Betonproduktion zu verwandeln. Olivier Barbery, Geschäftsführer von Ciments Vigier AG und Verwaltungsratspräsident von VITO AG, stellte die Abfallverwertung in Péry-La Heutte als «Modell von europäischer Dimension» dar. Schwerpunkte seien die Rückgewinnung einer Vielzahl von Wertstoffen und die Verwendung von Regenwasser, das laufend filtriert und aufbereitet wird.

Der Recyclingprozess umfasst verschiedene Stufen: Neben der Aussiebung des Materials durch Schwerkraft hilft eine optische Erfassung der Bestandteile bei der Ausscheidung von Metallen und Glasrückständen. Die Gesamtkapazität der Anlage beträgt 200 000 Tonnen pro Jahr. Mit einer besonderen Vorrichtung wird zusätzlich Strassensammel- und Bohrschlamm verarbeitet.

Auf diese Weise werden belastetes Aushub- und Abbruchmaterial, Schlämme aus der Strassenreinigung oder Geleiseschotter einem neuen Lebenszyklus zugeführt. Nach dem Auswaschen und Sortieren entstehen vollwertige Rohstoffe für die Bauwirtschaft. Brennbare Bestandteile dienen bei der Zementherstellung.

«Die beachtliche Investition wird der Gemeinde Péry-La Heutte, dem Berner Jura und dem ganzen Kanton einen Mehrwert bringen», ist sich Olivier Barbery von der Ciments Vigier AG sicher.

 

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Umweltschutz steht an erster Stelle

Das Gebäude der zukünftigen Recyclinganlage wird 60 Meter lang und 30 Meter hoch. Das Gesamtvolumen beträgt 27 000 Kubikmeter. Das nach Süden ausgerichtete Pultdach eignet sich für die spätere Montage einer Photovoltaikanlage. Damit werden 15 Prozent des Energiebedarfs für die Abfallbehandlung erzeugt, sagt Vigier-Geschäftsführer Olivier Barbery.

Die Nebenräume für das Personal und die Betriebsleitung werden mit einer Wärmepumpenanlage beheizt.

Die Betriebshalle ist unbeheizt. Die Frostsicherung wird durch Dämmung der Fassade sichergestellt. Damit wird die Abwärme der grossen Zahl von Elektromotoren im Sinne einer indirekten Wärmerückgewinnung genutzt.

In der ersten Phase bis 2025 wird ein Aussen-Lagerplatz mit einer Fläche von 3600 Quadratmetern benötigt. Er dient als Materialaufgabestation, von wo aus das angelieferte Material über ein Förderband zur Waschanlage gelangt.

Für den Betrieb ab 2025 wird ein zweiter Lagerplatz mit 6500 Quadratmetern gebaut. Eine Betonplatte und bauliche Massnahmen stellen sicher, dass kein Oberflächenwasser den Platz unkontrolliert verlässt und in die Schüss gelangt.

Für den eigentlichen Betrieb der Anlage, das heisst beim Auswaschen des Materials, wird kein Wasser aus dem öffentlichen Netz benötigt. Es kommt nur Regenwasser zum Einsatz, das in einem geschlossenen Kreislauf permanent gereinigt und wiederverwendet wird. Ein umgenutzter Stehtank mit 10 000 Kubikmetern Inhalt dient als Zwischenlager für überschüssiges Wasser. Gross dimensionierte Retentionsbecken und technische Barrieren sorgen dafür, dass kein Prozesswasser unkontrolliert in die ARA oder in die Schüss abgeleitet wird.

Das Projekt trägt der Tier- und Pflanzenwelt Rechnung. Geschützte und gefährdete Pflanzenarten werden ausgestochen und an geeignete Standorte umgesiedelt. Als Ersatzmassnahme für die 3637 Quadratmeter grosse Naturfläche, die dem Bau weichen muss, wird eine Parzelle in Frinvillier, die dem Zementhersteller gehört, ökologisch aufgewertet. Damit wird Lebensraum für wärmeliebende Tiere wie Zauneidechsen, Blindschleichen und Insekten geschaffen. Zur Sicherstellung dieser Massnahmen hat Ciments Vigier mit dem Amt für Naturförderung einen verbindlichen Vertrag abgeschlossen. SGO/pl

 

Zwei Spezialisten haben sich gefunden

 

VITO Recycling AG ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Vigier Holding AG und der Winterthurer Toggenburger AG. 
Vigier ist Herstellerin von Zementspezialitäten, Frischbeton Recycling-Granulat und Bahntechnik-Elementen. Das Unternehmen entwickelt kundenspezifische Lösungen und verfügt über eine eigene Lastwagenflotte. Die 1927 gegründete 
Toggenburger AG bewirtschaftet bereits zwei Bodenwaschanlagen und gilt als Kompetenzzentrum für Umwelttechnologie bei der Sanierung von belasteten Böden. Zudem ist das Unternehmen im Rückbau von Gebäuden, im Tiefbau und beim Aushub von komplexen Baugruben aktiv. Die Toggenburger AG betreibt eine Transportfirma und erbringt Dienstleistungen mit Spezial-Kranfahrzeugen. SGO/pl

Stichwörter: Europa, Bau, Waschanlage, Wirtschaft

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