von Philippe Oudot/pl
Im Januar 2015 hatte die Nationalbank (SNB) beschlossen, den Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro nicht mehr durch Devisenkäufe zu verteidigen. Ohne die aktive Geldpolitik der SNB stieg der Wert des Frankens massiv an. Wer eine Schweizer Uhr im Ausland kaufen wollte, musste deshalb mehr Geld auf den Ladentisch legen. In der Folge brachen die Exporte der Uhrenbranche ein.
Doch heute blicken die Uhrenhersteller wieder zuversichtlich in die Zukunft: «Anfang 2017 durften wir annehmen, dass die Talsohle überschritten war und wir auf dem Weg zur Stabilisierung waren», sagt Jean-Daniel Pasche, der Präsident des Verbandes der schweizerischen Uhrenindustrie (Fédération horlogère, FH). Tatsächlich hat sich die Wirtschaft stärker und schneller erholt als ursprünglich angenommen. Die FH rechnet für das Jahr 2017 mit einem Wachstum von 2 Prozent.
Auch wenn in der Branche allgemein Optimismus herrscht, warnt Pasche vor allzu viel Euphorie. Nicht alle Akteure in der Uhrenindustrie können in gleicher Weise vom Aufschwung profitieren: Die grossen und etablierten Marken dürften sich zweifellos über die Entwicklung freuen, aber kleinere Unternehmen sowie viele Zulieferbetriebe würden weiterhin unter den Folgen des Frankenschocks leiden.
Anpassung gefordert
Der währungspolitische Entscheid von 2015 hat tiefe Spuren in der Uhrenindustrie hinterlassen. Einige Firmen sind in den Turbulenzen für immer verschwunden. Aber es sind auch neue Unternehmen entstanden, wie die Marke FA in Saint-Imier. Trotz allem zieht Jean-Daniel Pasche heute eine versöhnliche Bilanz: «Gesamthaft betrachtet, hat unsere Branche die Krise nicht allzu schlecht überstanden.»
Wenn kleinere Unternehmen derzeit vor grossen Herausforderungen stünden, liege das nicht nur an der Währungskrise von 2015, erklärt der Präsident der FH: «Diese Firmen kämpfen mit Schwierigkeiten beim Vertrieb ihrer Produkte und beim Kundendienst.» Heute gehe es darum, rasch auf die wechselnden Gewohnheiten der Kundschaft zu reagieren. Viele Käufer achten auf den günstigsten Wechselkurs und wählen den Standort ihres Uhrengeschäftes danach aus. «Die Unternehmen müssen die volatilen Kundenströme zumindest aufmerksam beobachten, noch besser voraussehen. Global tätige Uhrenmarken kommen mit derartigen Herausforderungen selbstverständlich besser zurecht», sagt Pasche.
Eine weitere Erschwernis sieht der Präsident des Branchenverbandes im E-Commerce. Zum einen erleichtere das Internet die Distribution der Produkte, aber zum anderen entständen neue Probleme: «Wenn ein Parfümfläschchen aus einem Webshop leer ist, dann bestellen sie einfach ein neues. Aber was passiert, wenn ein Internetkunde seine Uhr zur Reparatur oder zur Revision bringen möchte?»
Unterschiedliche Entwicklung
Die verschiedenen Produktsegmente der Uhrenbranche kennen unterschiedliche Erfolge auf den Märkten. Die Uhren im unteren Preissegment waren besonders stark von der Frankenkrise betroffen. Sie stehen zwar heute ein wenig besser da, aber die Verkaufszahlen sind nach wie vor unbefriedigend. Bedeutend besser entwickeln sich die Zahlen für das mittlere und vor allem für das Luxussegment. Auch in den traditionellen Märkten zeichnen sich verschiedene Entwicklungen ab: Hongkong, der wichtigste Umschlagplatz für Schweizer Uhren, vermeldete mehrere Trimester ein rückläufiges Verkaufsvolumen. Heute hat sich die Lage in der ehemaligen Kronkolonie wieder verbessert. Aber die Zahlen vor 2015 werden nicht erreicht.
Auch in den Vereinigten Staaten und in China hat das Geschäft wieder angezogen. Im Reich der Mitte hatte sich die Konjunktur bereits 2016 erholt. Grossbritannien ist auf den vierten Rang zurückgefallen. Hier spielt der tiefe Kurs des britischen Pfunds nach der Brexit-Abstimmung eine Rolle. «Aber die Währungssituation könnte sich durchaus wieder verbessern», glaubt Pasche. Japan liegt bei den Uhrenverkäufen an der fünften Stelle.
Die Zahlen auf dem amerikanischen Markt sind rückläufig. So zeigen es die Verkaufsstatistiken. Allerdings stellt die FH fest, dass viele Amerikaner ihre Uhren über das Internet kaufen. Weil diese Verkaufsplattformen nicht unbedingt in der Schweiz angesiedelt seien, würden die statistischen Erhebungen verfälscht, erklärt Pasche.
Überhöhte Preise?
Kürzlich hat der Genfer Uhrmacher Yvan Arpa vor laufender Kamera fünf teure Schweizer Uhren eingeschmolzen. Mit dieser Provokation wollte er auf die angeblich überhöhten Preise der helvetischen Zeitmesser aufmerksam machen. Arpa sagte im Fernsehen, dass sich der Preis dieser Uhren in den letzten 15 bis 20 Jahren mehr als verdoppelt, in gewissen Fällen sogar verdreifacht habe. Der Präsident der FH wehrt sich: «Diese Aussage ist eine Halbwahrheit.» Tatsächlich hat der Export von teuren und sehr teuren Luxusuhren in diesen Jahren zugenommen. Genau dieser gewachsene Anteil an Premiumprodukten habe den Durchschnittspreis in die Höhe getrieben. «Der Durchschnittspreis der exportierten Uhren ist nicht geeignet, Arpas These zu beweisen», argumentiert der Branchenvertreter.
Tatsächlich sind einige Marken in ein höheres Preissegment aufgestiegen. Demgegenüber haben andere Hersteller unter dem Druck der Krise günstigere Kollektionen auf den Markt gebracht.
Jean-Daniel Pasche blickt zuversichtlich auf das Jahr 2018, denn nach Ansicht der FH dürften sich die Exportzahlen weiter verbessern: «Ich hoffe sehr, dass alle Akteure der Branche von der Entwicklung profitieren werden.»
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Uhren
Exporte befinden sich wieder im Aufwind
Der Verband der schweizerischen Uhrenindustrie blickt dem neuen Jahr mit Zuversicht entgegen. Trotz erfreulicher Aussichten warnt Verbandspräsident Jean-Daniel Pasche: Nicht alle Akteure der Uhrenindustrie würden gleichermassen vom Aufschwung profitieren.
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