Tobias Graden
Dario Pirovino hatte diese Woche wenig Grund zur Freude. Die SRF-Sendung «Kassensturz» hatte den Schlauchschal seines Unternehmens Muntagnard auf Herz und Nieren getestet. Resultat: ungenügend. Er könne sich das nicht erklären, sagte Pirovino in der Sendung. Doch Ernest Weingartner, Professor für Mess- und Sensortechnik bei der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), der sich seit über 20 Jahren mit Aerosolen beschäftigt und den «Kassensturz»-Test durchführte, blieb unerbittlich: «Unsere Messungen sind wasserdicht.»
Daniel Peter dagegen konnte sich am Dienstagabend entspannt zurücklehnen. Er wusste: Der «goSnow» Schlauchschal der Petertools GmbH würde als «genügend» eingestuft. Eine Stunde vor der Sendung wurde ihm diese Neuigkeit mitgeteilt – eigentlich war es nur halb eine gute. Denn Peter ging von einem «gut» aus. Schliesslich zeigten die Tests: Der Schlauchschal mit eingebautem Filter weist eine sehr gute Filterleistung auf, Aerosole dringen im Bereich des Filters nicht durch. Gleichzeitig aber ist die Luftdurchlässigkeit etwas erschwert. «Das ist eben der Zielkonflikt», sagt Peter, «eine Maske, die gut filtert, ist für den Atem etwas weniger durchlässig.»
Von Schuhbändeln zur Maske
Dass Peter überhaupt ins Maskengeschäft eingestiegen ist, hat natürlich mit der Coronapandemie zu tun – allerdings im zweifachem Sinne. Er kommt aus der IT- und Werbebranche, hat sich nun aber zuletzt der Entwicklung von Hilfsmitteln für beeinträchtigte Menschen verschrieben. Unter den Produkten ist auch ein Schnürsenkelsystem, das sich mit einer Hand bedienen lässt. Es war im Frühling marktreif, das Echo war positiv, Peter war guter Dinge, Vertreter hätten das Produkt im Handel vorstellen sollen. Doch dann kam die Pandemie und in Polen ein harter Lockdown. Der Fabrikationspartner in Polen, der grösste Schnürsenkel-Hersteller in Europa, musste die Produktion stoppen.
Also sattelte Peter um: Zusammen mit der Nidauer Schneiderin Sandra Saxer entwickelte er nun eine Gesichtsmaske, die sich mit einer Hand anziehen und einstellen lässt. Diese kam im Juni auf den Markt, «sie lief sehr gut», bislang wurden etwa 10000 Stück davon verkauft.
97 Prozent der Aerosole
In der zweiten Pandemiewelle in den letzten Wochen aber hat sich die Diskussion verschoben. Vielen Menschen ist es wichtig, nicht irgendeine Maske zu tragen, sondern eine, die auch richtig schützt – also dem FFP2-Standard entspricht. Peter und Saxer suchten mögliche Materialien und liessen sie beim Spezialisten Weingartner an der FHNW testen. Das Ergebnis: Die «One-Hand Mask 2.0», eine der ganze wenigen Stoffmasken auf dem Markt, die dem FFP2-Standard entspricht. Sie filtert 99 Prozent der Tropfen und 97 Prozent der Aerosole.
Das Prinzip kommt nun auch beim Skischal zum Tragen. In diesen ist der selbe Filter eingearbeitet wie bei den FFP2-Stoffmasken. Der «Kassensturz»-Test zeigt: Die Schutzfunktion ist deutlich höher als bei manch anderen Schals, die als «ungenügend» taxiert wurden. Dass die Luftzirkulation etwas geringer ist, nimmt Daniel Peter in Kauf: «Im Gedränge vor und in der Gondel ist die Filterleistung wichtig.»
Im Gefängnis wird genäht
Gerade günstig sind Masken und Schals mit 26.95 und 44.95 Franken pro Stück nicht. Der Preis erklärt sich jedoch auch dadurch, dass die Petertools GmbH, die Peter und Saxer auf dieses Jahr gegründet haben und an der beide hälftig beteiligt sind, möglichst viele Arbeiten in der Schweiz ausführen lässt und mit hiesigen Zulieferern arbeitet. Sandra Saxer übernimmt die Arbeitsvorbereitung, sie schneidet die Stoffe zurecht und ist für die Bereitstellung des Materials besorgt.
Genäht werden die Masken im Frauengefängnis Hindelbank. «Es gibt in der Schweiz sehr wenig Kapazitäten, die auf hohem Produktionsniveau fertigen können und fähig sind, allenfalls eine grosse Nachfrage befriedigen zu können», sagt Daniel Peter. Für die Skischals arbeitet die Petertools GmbH mit sechs Ateliers von Biel bis Steckborn TG zusammen. Die Stiftung Dammweg etwa übernimmt kleinere Zuschnittsarbeiten. Klar ist für Saxer und Peter jedenfalls, dass sie nicht wie andere Marken einfach Kontingente in Portugal oder Bangladesh einkaufen wollen. Heimische Wertschöpfung, kürzere Wege und damit mehr Flexibilität und raschere Reaktionszeiten machen die höheren Kosten wett.
Vertriebspartner gesucht
Masken und Schals von Petertools sind derzeit online oder in Biel in der Casa Cucina erhältlich. Bei grösseren Bestellungen sinkt der Stückpreis, Unternehmen oder Vereine können die Produkte mit ihrem Logo bedrucken lassen. Derzeit suchen Saxer und Peter weitere Vertriebspartner, sie peilen etwa die Drogerien als Absatzkanal an. Sowohl Sandra Saxer wie Daniel Peter sind froh, wenn dereinst die Pandemie eingedämmt ist. Dann wird auch die Nachfrage nach ihren Produkten abnehmen. Für diese Zeit planen die beiden bereits jetzt: «Wir überlegen uns natürlich, was unsere nächsten Produkte sein sollen», sagt Daniel Peter, «aber dazu kann ich jetzt noch nicht mehr verraten.»
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Nidau
Gut geschützt in die Gondel
Die Petertools GmbH bietet neu einen Skischal an, der den FFP2-Vorgaben entspricht – und Swiss made ist. Sandra Saxer und Daniel Peter haben auch schon Ideen für die Zeit nach der Pandemie.
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