Sie sind hier

Abo

Papizeit

Hier bekommen Väter mehr Urlaub

Viele Firmen haben bisher schon Vaterschaftsurlaub angeboten. Sie verlängern diesen jetzt aber nicht – sondern lassen sich nun das, was sie bisher selbst finanziert haben, vergüten. Mit drei Ausnahmen.

Jetzt ist der Vaterschaftsurlaub beschlossen - und mancher Firmenchef steht vor einer moralisch kniffligen Frage. Bild: Keystone

Maren Meyer

Am Sonntag hat das Schweizer Stimmvolk Ja gesagt zu zwei Wochen gesetzlichem Vaterschaftsurlaub. Frischgebackenen Vätern stehen statt einem Tag nun zwei Wochen bezahlte Zeit mit ihrem Nachwuchs zu. In Kraft treten soll die Neuregelung Anfang 2021.

Bereits heute gewähren Grossunternehmen in der Schweiz ihren Mitarbeitern oft mindestens eine bis zu acht Wochen bezahlte Papi-Zeit – in Ausnahmefällen sogar 14 bis 18 Wochen –, wie eine Umfrage der Tamedia bei verschiedenen Firmen zeigt.

Doch werden die Unternehmen die zwei Wochen nun zusätzlich an ihre Mitarbeiter weitergeben und die bereits bestehende Auszeit aufstocken? Nein, die Mehrzahl der befragten Unternehmen gibt an, dass sie die Ferientage nicht zusätzlich gewähren wird. So profitieren die Väter weiterhin von ihrem bisherigen Urlaubsanspruch – und die Unternehmen sparen Kosten ein.

Finanziert wird der Vaterschaftsurlaub nun über die Erwerbsersatzordnung. Die Entschädigung beträgt 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens vor der Geburt des Kindes, höchstens aber 196 Franken pro Tag. Bei 13 Monatslöhnen entspricht dies einem Monatslohn von 6784.60 Franken.

Migros prüft Änderung

Zwei Wochen bezahlte Papi-Zeit bieten heute zum Beispiel schon die Mobiliar-Versicherung, die Kioskbetreiberin Valora, der Lebensversicherer Swiss Life oder die Swiss. Ändern wird sich daran nichts, nur Valora gibt an, sich über «allfällige Änderungen nach eingehender Analyse des Sachverhalts» zu äussern.

Bei der Credit Suisse stehen frischgebackenen Vätern 12 Tage zu, die innerhalb eines Jahres bezogen werden müssen. Bei den Grossverteilern Migros und Coop erhalten Väter drei Wochen bezahlten Papi-Urlaub und können zusätzlich noch zwei Wochen unbezahlte Zeit nehmen. Bei Coop sind nach dem Ja keine Änderungen geplant, die Migros will dies hingegen noch prüfen.

Noch eine Woche mehr bieten die deutschen Discounter Aldi und Lidl oder die SBB: Vier Wochen bezahlte Zeit mit dem neugeborenen Kind erhalten dort Väter. Doch auch hier ist eine erneute Aufstockung nicht vorgesehen. Ab 1. Januar 2021 wird bei der Schweizerischen Post der Vaterschaftsurlaub unabhängig von der Initiative von bisher zwei auf vier bezahlte Wochen verdoppelt. Er kann zusätzlich um vier unbezahlte Wochen verlängert werden. Diese Regelung gilt auch bei Mehrlingsgeburten, Adoption und auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften.

Deutlich mehr bezahlte Tage mit dem neugeborenen Kind gewähren internationale Konzerne in der Schweiz: Acht Wochen bietet Johnson & Johnson, Pharmariese Novartis geht noch einen Schritt weiter und hat die Auszeit des nicht gebärenden Partners an jene des gebärenden Partners angepasst: 14 Wochen bekommen frischgebackene Väter. «Somit gibt es keine Veranlassung, die Dauer anzupassen, da damit wieder eine Ungleichheit geschaffen würde, was absolut widersinnig wäre», sagt ein Sprecher.

Nestlé hat in diesem Jahr eine weltweite genderneutrale Regelung zur elterlichen Unterstützung eingeführt. In der Schweiz wurde im Juni 2020 die voll bezahlte Elternzeit von 16 auf 18 Wochen für primäre Betreuungspersonen und von fünf Tagen auf vier Wochen für sekundäre Betreuungspersonen erhöht. Diese Elternzeit-Regelung bleibe bis auf weiteres bestehen.

Ikea und UBS stocken auf

Roche bietet einen sogenannten Partnerschaftsurlaub: 18 Wochen erhält die Mutter, 10 Wochen der Partner, die im ersten Jahr nach der Geburt oder Adoption bezogen werden müssen. «Roche wird die Entscheidung des Bundes prüfen und über etwaige Anpassungen entscheiden», heisst es auf Anfrage. Unter den befragten Unternehmen geben einzig Ikea, die UBS und der Telecomanbieter Sunrise an, die zwei Wochen gewonnene Papi-Zeit an ihr bestehendes Angebot anzuhängen. Bei Ikea heisst das acht statt bisher sechs Wochen, und Sunrise stockt von bisher 8 auf 18 Tage auf.

Vier Wochen sind es bei der UBS. Hier haben Väter zusätzlich das Anrecht, während des ersten Jahres nach der Geburt des Kindes einen zwei- bis vierwöchigen unbezahlten Urlaub zu beziehen oder das Arbeitspensum während ein bis sechs Monaten auf 80 Prozent zu reduzieren – ohne Änderung des versicherten Gehalts bei der Pensionskasse.

Arbeiten Mutter und Vater beide bei der UBS, ist es neu möglich, dass sie nach den gesetzlich vorgegebenen Urlaubstagen ab Geburt frei wählen können, wer wie viel des bezahlten Elternschaftsurlaubs bezieht. Für Väter bedeutet dies: Sie können auch einen bis zu 18-wöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaub beziehen.

Mitarbeit: ali, jb, phf, rm, jnm, kst

Nachrichten zu Wirtschaft »