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Mikron

Hoffen auf Asien und Amerika

Die ehemalige Bieler Firma hat sich am konzentrierten Standort Boudry gut eingelebt. An den Tech Days gewährte Mikron einen Blick hinter die Kulissen.

Alle zwei bis drei Jahre lädt Mikron Kunden zu den Tech Days nach Boudry, um ihnen einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren. Bild: zvg

Lukas Rau

Sie entwickeln schon fast eine hypnotische Wirkung, die Maschinen von Mikron. Die hüpfenden Bewegungen der Greifer und Stanzer, die rhythmischen Geräusche, die von den hier gefertigten Produktionslinien ausgehen.

Im Rahmen der Mikron Tech Days führt Jean-Marc Fischer durch die Fabrik in Boudry am Neuenburgersee. Als Engineering Manager kennt er die Maschinen in und auswendig, seit Jahren, aber wenn er ins Reden kommt, drückt die Faszination noch immer durch.

Produktionslinien, die voll automatisiert 400 zusammengesetzte Produkte auswerfen; pro Minute.

Eine Eins mit vielen Nullen
Fischer spricht von der unvorstellbaren Menge an Dingen, die in der ganzen Welt verteilt von Mikron-Fertigungslinien laufen, 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. «Handylautsprecher und Mikrofone werden zum Beispiel so hergestellt», erklärt Fischer. «Wir sprechen hier nicht mehr von Millionen. Wir sprechen von Milliarden.»

Weitere Beispiele sind Auslöserkapseln für Airbags, Asthmageräte oder Kugelschreiberspitzen. Immer eine Eins mit vielen Nullen. Immer muss das Produkt perfekt sein, bereit für den Markt, bereits in der Maschine getestet. Alle zwei bis drei Jahre lädt Mikron Kunden zu den Tech Days nach Boudry, um ihnen einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren und Entwicklungen zu präsentieren. Gut 60 Personen haben sich dieses Jahr eingefunden, es gibt Gespräche, Referate, Führungen.

Globale Strategie
Der Standort Biel ist Vergangenheit, auch wenn die Generalversammlung auch in diesem Frühjahr im Bieler Kongresshaus stattgefunden hat (das BT berichtete). Nur mehr ein kleines Büro blieb in Biel zurück. Bei Mikron ist man zufrieden mit der Entwicklung des Standortes Boudry. «Wenn wir irgendwo in der Schweiz die Leute finden, die wir brauchen, dann hier», sagt Rolf Rhis, COO von Mikron Automation. «In Zürich wäre das schlicht unmöglich.» Von den 320 Angestellten am Platz Boudry sind nämlich über die Hälfe ausgebildete Ingenieure, auch sonst legt Mikron Wert auf solid aus- und weitergebildete Arbeitskräfte. Dennoch bewegt man sich bei Mikron immer globaler, etwa 1100 Angestellte zählt Mikron weltweit. Werke in Denver in den USA, Shanghai (2010) in China oder in Singapur (2007) zeugen davon.

Vergangenes Jahr kam auch ein Standort in Berlin dazu. Service- und Verkaufsstellen findet man Dutzende auf dem Erdball. Rhis ist von dieser globalen Strategie im Automationssektor überzeugt. «Wenn wir eine Maschine herstellen, besteht diese nur aus etwa 20 Prozent Grundbausteinen, auf die wir immer wieder bauen», sagt er. «80 Prozent sind immer kundenbezogen.» Daher ist gerade in der Projektierungs- und Bauphase die Kundennähe unerlässlich.

Acht bis zehn Monate braucht Mikron, um eine Fertigungslinie zu bauen, in dieser Zeit sind rund 20 Meetings mit dem Kunden nötig. Die Ingenieure würden nur im Flieger sitzen. «Den Kunden verstehen und ihm die richtige Lösung anzubieten, ist daher unser eigentliches Kerngeschäft», meint Rhis.

Für den Standort Singapur wurde denn auch ein eigens auf den asiatischen Markt zugeschnittenes Grundbausteinset entwickelt.

Noch nicht richtig erholt
Rolf Rhis setzt denn auch grosse Hoffnungen auf Asien. «Handarbeit wird auch in China immer teurer, die Automatisierung wird zunehmen», ist er sich sicher. «Auch in den USA beobachten wir Trends, wonach die Herstellung von bestimmten Produkten wieder aus Asien zurückgeholt wird.» In Europa gehört Mikron zwar zur Spitze, aber der Markt ist kaum wachstumsfähig. Die Firma registriert knapp drei Viertel ihrer Bestellungen aus Europa. Über die Hälfte der Bestellungen kommen aus der Autobranche, was in den Jahren der Finanzkrise Folgen hatte. Wie an den Fliessbändern der Autohersteller war es auch in den Hallen von Mikron still in dieser Zeit. Bis jetzt hat sich die Lage noch nicht richtig erholt. Die Abhängigkeit von dieser Industrie zu reduzieren, ist denn auch ein Ziel der Strategie. Eine starke Alternative ist die Pharmabranche. Da die stärkste Konkurrenz von Mikron aus Deutschland stammt, traf auch der hohe Frankenkurs die Firma empfindlich. «Unsere Konkurrenz hatte plötzlich einen Preisvorteil von 23 Prozent, ohne auch nur einen Finger zu rühren», sagt Rhis. Obwohl Mikron Automation eigentlich nicht auf Kosten konkurriere, sondern auf Innovation und Technik, wie Rhis klarstellt. Als Konsequenz begann Mikron trotzdem, Zulieferer aus der Schweiz gegen europäische Lieferanten auszutauschen. Stolz ist man darauf aber nicht.

Stabilität durch Investoren
Auf den Einbruch des Ebit von 2009, knapp 32 Millionen Franken, führt Martin Blom, der CFO der Mikron Group, auch heute noch bestehende Probleme zurück. «Dieser Ausschlag war Gift für den Wert der Firma», sagt er. «Solche Jahre müssen in Zukunft dringend vermieden werden.» Heute sei die Mikron an der Börse etwa 90 Millionen Franken wert. «Das ist nicht viel», sagt Blom. Auch die Profitabilität ist kein richtiges Zugpferd. «Unsere Branche ist nun mal nicht hochprofitabel», meint Rhis dazu. Man könne nicht schnell wachsen, wenn es nötig ist, und ein missglücktes Projekt kann den ganzen Jahresabschluss verregnen. Aber es ist wie bei den Maschinen: Investiert man langfristig, wird man auch übermorgen noch zufrieden sein. Dieses Jahr rechnet Mikron mit einem ähnlichen Ergebnis wie 2012. Die starke Investorengruppe um die Amman Group, die 70 Prozent der Firma hält, gibt Mikron die Stabilität, die in diesen Zeiten dringend nötig ist. Denn manchmal hilft auch die Hypnose durch die Maschinen nicht.

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