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Berufliche Vorsorge

Hohe Steuern, attraktiver Kapitalbezug

Sollen sich Versicherte ihr Geld aus der Pensionskasse auszahlen lassen oder es als Rente beziehen? Ist die Steuerlast hoch, lohnt sich gemäss einer Studie der Credit Suisse eher die Auszahlung.

Grafik: san, Quelle: Bundesamt für Statistik (SAKE, NRS), Credit Suisse

Bernhard Kislig

Die Versicherten erhalten je länger, je weniger für das Geld, das sie jahrzehntelang in ihre Pensionskasse einbezahlt haben. Der Grund: Da die Lebenserwartung steigt, verteilt sich das angesparte Kapital auf mehr Jahre. Mit den sinkenden Renten drängt sich für Versicherte zunehmend die Frage auf, ob sie ihr Guthaben tatsächlich in Form einer Rente oder lieber als einmalige Auszahlung beziehen wollen. Die Credit Suisse hat gestern zu dieser Frage eine Studie veröffentlicht.

Die Höhe der Kapitalbezüge hat zugenommen, wie die Autoren feststellen. Bei der Häufigkeit lässt sich aber kein klarer Anstieg feststellen. Dazu kam es in den vergangenen Jahren nur vorübergehend in guten Börsenjahren. Offenbar lassen sich die Versicherten von der Aussicht auf kurzfristige Renditen bei ihrem Entscheid beeinflussen. Klüger wäre aber eine Planung auf längere Sicht. Denn der Entscheid pro oder kontra Rentenbezug ist unwiderruflich. Wer sich mit dieser Frage auseinandersetzt, sollte folgende Kriterien beachten:

- Umwandlungssatz: Derzeit beträgt der Satz im obligatorischen Bereich 6,8 Prozent. Die jährliche Altersrente entspricht also 6,8 Prozent des in der Pensionskasse angesparten Guthabens. Der Umwandlungssatz dürfte in den kommenden Jahren weiter sinken. Je tiefer er liegt, desto weniger lohnt sich die Rente.

- Steuern: Eine Rente ist zu 100 Prozent als Einkommen zu versteuern. Ein Kapitalbezug wird einmal zu einem speziellen Tarif tiefer als das laufende Einkommen besteuert. Wer das Kapital nach dem Bezug zum Beispiel in Aktien anlegt, muss aber allfällige Dividenden als Einkommen versteuern. Kapitalgewinne, die meist deutlich mehr ins Gewicht fallen, sind hingegen steuerfrei. In Gemeinden mit einer hohen Steuerbelastung lohnt sich deshalb der Kapitalbezug eher, wie die Autoren der Studie feststellen.

- Flexibilität: An einer Rente gibt es nichts zu rütteln. Wem Flexibilität wichtig ist, dürfte zur Kapitalauszahlung tendieren. Dieses Geld kann er anlegen, an Kinder verschenken, eine Hypothek abzahlen oder anderes mit dem Geld tun.

- Sicherheit: Wer sich für die Rente entscheidet, hat diese auf sicher – lebenslang. Das Kapital ist hingegen irgendwann aufgebraucht. Je nach Lebensdauer und den vorhandenen Mitteln kann es finanziell eng werden. Zudem hat längst nicht jede und jeder eine glückliche Hand bei Geldanlagen: Bei risikoreicheren Investments drohen Verluste. Auch eine gute Rendite ist keineswegs garantiert. Wer auf Sicherheit bedacht ist, gibt also tendenziell der Rente den Vorzug. Wer nicht mit einer langen Lebensdauer rechnet, dürfte sich eher für den Kapitalbezug entscheiden.

- Erbschaft: Die Pensionskasse zahlt in der Regel für Ehepartner eine Hinterbliebenenrente von 50 bis 60 Prozent und für Kinder 20 Prozent. Weitere Angehörige erhalten nichts. Bei einem Kapitalbezug kommt das nicht aufgebrauchte Geld in den Nachlass und kommt so weiteren Angehörigen zugute.

In jedem Fall ist individuell zu prüfen, welche Lösung die bessere ist. Gemäss Gesetz hat jeder Versicherte das Recht, sich mindestens ein Viertel des obligatorischen Guthabens in der zweiten Säule auszahlen zu lassen. Viele Kassen erlauben jedoch, dass man das gesamte Vermögen beziehen kann. Im überobligatorischen Bereich besteht sogar oft die Pflicht zum Kapitalbezug.

 

Die Folgen von Arbeitslücken
Der Kapitalbezug wird zwar zu einem speziellen Tarif besteuert. Aber wie bei Einkommenssteuern gibt es je nach Standort grosse Unterschiede. In der Schwyzer Gemeinde Wollerau fallen für ein Altersguthaben von 100'000 Franken nur 1'938 Franken Steuern an, während Bezüger in Appenzell Ausserrhoden für den gleichen Betrag mit 7'875 Franken fast viermal so viel bezahlen müssen.

In der Studie der Credit Suisse wurde auch untersucht, wie sich Teilzeitarbeit und Arbeitslücken auf die Altersvorsorge auswirken. Fazit: Teilzeitarbeit bremst den Aufbau des Alterskapitals markant. In verschiedenen Einkommensklassen sinkt demnach das Altersguthaben um rund die Hälfte, wenn jemand 60 anstatt 100 Prozent arbeitet. Bei Arbeitslücken ist zu differenzieren: In jungen Jahren fallen sie weniger stark ins Gewicht als im höheren Alter. Gemäss einer Modellrechnung gehen in der Vorsorge etwa 10 Prozent verloren, wenn jemand zum Beispiel wegen eines Studiums sechs Jahre später ins Berufsleben einsteigt. Happiger ist demgegenüber der Ausfall bei einer Frühpensionierung. Bei einer Frühpensionierung mit 59 Jahren gehen 30 Prozent des Altersguthabens verloren.

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