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Uhren

Hybrider Zeitmesser mit Potenzial

Der südkoreanische Jungunternehmer Sam Yang bringt eine revolutionäre Armbanduhr auf den Markt. Seine Idee: Die Verbindung eines bewährten mechanischen Zeitmessers mit Smartphone-Technik.

Sam Yang beschreitet mit der Marke Kairos neue Wege: Er kombiniert eine klassische mechanische Uhr mit den Vorzügen der elektronischen Vernetzung, Bild: Julie Lovens/bt

Letzte Woche feierte sich ein erlesener Kreis von Uhrenherstellern an der pompösen Genfer Messe SIHH. Fernab vom Glanz und Glamour an der Rhonestadt traf sich unsere Zeitung mit dem südkoreanischen Jungunternehmer Sam Yang in Biel, wo er von der Berner Wirtschaftsförderung empfangen wurde. 

Yangs Team besteht aus einer international zusammengesetzten Truppe von jungen Ingenieuren und Designern. Nun stellt das rührige Startup unter dem Markennamen Kairos eine revolutionäre hybride Smartwatch vor. Die «Kairos» präsentiert sich als mechanische Uhr. In ihrer stilvollen Schale aus Edelstahl arbeitet ein Automatikwerk. Ein Fenster im Zifferblatt gibt den Blick auf die pulsierenden Bewegungen der Unruh frei. Aber hinter dem traditionellen Zeitmesser verbirgt sich ein zusätzlicher technischer Leckerbissen, welcher die bewährte Mechanik zur vernetzten Smartwatch erweitert.   

Halbtransparenter Bildschirm
Das schützende Saphirglas über dem Zifferblatt funktioniert zugleich als berührungsempfindlicher Bildschirm. Dank Bluetooth-Verbindung mit dem Smartphone leuchten im Uhrglas die Masken verschiedener Applikationen auf: SMS, Email, Facebook, Twitter oder WhatsApp. Mit der Touchscreen-Funktion kann der Nutzer Telefonanrufe entgegennehmen, die Musikwiedergabe steuern oder Fotoalben betrachten. Ebenso lassen sich die persönlichen Leistungskurven von Trainingsprogrammen oder anderen Körperfunktions-Daten darstellen.

Das Kairos-Uhrglas ist mit zwei Bildschirmfunktionen ausgestattet: Die erste Darstellungsoption arbeitet bei 60 Prozent Transparenz. Diese reicht zur Anzeige von statischen Informationen (Text, Ziffern und Symbole), wie sie zum Beispiel in Mails oder auf Twitter verwendet werden. Die zweite Bildschirmeinstellung verringert die Durchsichtigkeit auf 40 Prozent. In diesem Modus mutiert das Uhrglas zur vollwertigen Darstellungsfläche für farbige Bilder und Videoclips.

Ebenso flexibel wie die Bildschirmfunktionen ist auch die Software der hybriden Smartwatch. «Das System ist mit Android, IOS, Windows und bald auch mit Blackberry kompatibel», versichert Sam Yang.

Der Hersteller legt wert auf den sparsamen Stromkonsum der Kairos. Obwohl die Uhr weniger Batteriekapazität als die Konkurrenz besitzt, soll eine Aufladung doppelt so lange halten, nämlich fünf bis sieben anstatt der üblichen drei Tage. Diese Ausdauer verdankt die Smartwatch einerseits dem stromsparenden Prozessor, andererseits verbraucht der Bildschirm der Kairos nur dann Energie, wenn er eingeschaltet ist.

Das südkoreanische Startup lässt bei der Umsetzung der Technik nichts dem Zufall. Für die Fabrikation der einzelnen Komponenten kommen nur renommierte Hersteller infrage: Der Touchscreen sowie die eingebauten Sensoren stammen aus Südkorea; der elektronische Rechner wird in Taiwan produziert; die Batterien kommen aus China. Die mechanischen Uhrwerke von Kairos werden für die Basismodelle aus Japan bezogen; in den hochwertigen Ausführungen tickt ein Schweizer Kaliber. Die Schale wird in Hongkong hergestellt. Dort werden auch die meisten Uhren zusammengebaut. Die Spitzenmodelle stammen allerdings aus Schweizer Fertigung. Jedenfalls gibt sich Yang sicher, das sein Unternehmen die fähigsten Hersteller für seine Kairos verpflichten konnte.

Uhrwerk aus Berner Jura
Das Unternehmen Kairos wurde im Jahr 2013 lanciert, nachdem die ersten Prototypen gelungen waren. Heute bietet die Marke zwei mechanische Uhrwerke an. Das erste Kaliber mit der Bezeichnung MSW 115 stammt vom japanischen Hersteller Miyota, das zweite Werk wird von Soprod im bernjurassischen Les Reussilles gebaut. Beide verfügen über eine Gangreserve von 42 Stunden. Das japanische Herz hat eine Frequenz von 21 600 Schlägen pro Stunde, beim Schweizer Werk sind es deren 28 800.

Der Verkauf soll nach der Baselworld – «wahrscheinlich im Juli oder Juli» – beginnen, so Yang. Der Unternehmer weiss, dass Technikfans derzeit auf die Apple Watch und ähnliche Produkte blicken. Bleibt da noch Raum für die Kairos? «Ja, denn die genannte Kundschaft ist nicht unsere Zielgruppe. Unser Hybridprodukt richtet sich an Liebhaber mechanischer Uhren, die aber trotzdem nicht auf die elektronische Vernetzung verzichten wollen», erläutert Jungunternehmer Yang.

Deshalb wird die Kairos auch nicht über den Internethandel oder in Elektronikshops angeboten. Vielmehr wird Yang sein Produkt in Uhren- und Bijouteriegeschäften verkaufen. Dazu meint er: «Wir bieten eine vollwertige Uhr an. Dafür ist das Fachgeschäft am besten geeignet.» Zudem sei es auch für die Verkäufer interessant, über Kairos den Einstieg in die Welt der Smartwatches zu finden, so der Unternehmer.  

Den Markennamen hat sich Sam Yang wohl überlegt. Vordergründig hätte sich «chronos», der griechische Begriff für «Zeit», aufgedrängt. So betrachtet sei eine Uhr im wahrsten Sinne des Wortes ein «Chronometer», sagt der Firmenchef. Er sieht in seinem Produkt allerdings eine zusätzliche Dimension, wenn er erklärt: «’Kairos’ bedeutet auf Griechisch in etwa ‘günstiger Zeitpunkt für eine Entscheidung’.»

Auch Konkurrenz beliefern
Und in welchem Preissegment bewegt sich die revolutionäre Uhr?  Der Zeitmesser mit dem Uhrwerk von Miyota soll zwischen 1200 und 1500 Dollar kosten. Für ein Schweizer Innenleben von Soprod werden 1900 bis 2300 Dollar fällig.
Kairos will sich als eigenständige Marke auf dem Markt etablieren. Trotzdem verrät Sam Yang, dass die von seinem Unternehmen entwickelte Technik auch anderen Herstellern zur Nutzung offensteht. In diesem Zusammenhang stehe Kairos in Gesprächen mit Fabrikanten in der Schweiz und in Amerika. Auch das japanische Unternehmen Citizen, dem der Uhrwerkhersteller Miyota gehört, werde einen Teil seiner Uhrenmodelle mit der Kairos-Technik anbieten, so Yang.

Der Südkoreaner bereist derzeit die Schweiz, wo er sein Hybridkonzept der Uhrenbranche vorstellt. Zudem will er hier die eine Basis für den europaweiten Kundendienst von Kairos aufbauen. Daneben gilt es für Yang, Fachgeschäfte für den Verkauf seiner Uhren zu gewinnen.

Aber eine Antwort ist der Südkoreaner uns noch schuldig: Wie kann man sein eigenes Produkt gleichzeitig der Konkurrenz anbieten? «Die von uns angefragten Hersteller sind keine Konkurrenten, denn sie spielen in einer ganz anderen Liga», sagt Yang und ergänzt, dass sein Startup auf anderen Märkten tätig sei als die etablierten Marken.     pho/pl

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