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Luxusobjekte

Juweliere gegen Spekulanten

Luxusuhren sind knapp geworden. Das nutzen Spekulanten aus – doch die Uhrenhändler wehren sich dagegen.

Bild: Nicole Philipp

Rahel Guggisberg

Zu Weihnachten eine Luxusuhr zu schenken, liegt voll im Trend. Das Geschäft mit wertvollen Zeitmessern boomt aber auch aus anderen Gründen: «Die Kunden möchten sich in der Pandemiekrise eine Freude bereiten und einen bleibenden Wert erwerben», sagt Gerd Hilbich, Verkaufsdirektor der Berner Bijouterie Zigerli + Iff. Obwohl ausländische Touristinnen und Touristen als wichtige Kundschaft wegen Corona nach wie vor fehlen, sei die Nachfrage grösser als vor der Pandemie.

Viele verzichten laut Hilbich wegen des Coronavirus auf Reisen und geben weniger Geld für Ferien aus. Darum wollen sie in Luxusgüter investieren. Dies bestätigt auch die Juwelierkette Bucherer Schweiz. Die Luzerner Juweliergruppe ist die bedeutendste Verkäuferin der Luxusuhrenmarke Rolex, die in Biel und Genf hergestellt wird.

Der Begriff «investieren» ist durchaus passend. Viele Kunden sehen Luxusuhren heute auch als Wertanlage, da der Preis stabil ist oder der Wert sogar noch steigt. Die Nachfrage ist so gross, dass Wartezeiten bestehen. Je nach Uhrenmodell können diese mehrere Jahre betragen, sagt Jean-Philippe Bertschy, Uhrenspezialist der Bank Vontobel. Die begehrtesten Marken seien derzeit: Rolex, Tudor, Patek Philippe, Audemars Piguet und Breitling. Aber auch die kleinen Marken wie F.P. Journe oder H. Moser & Cie freuen sich steigender Beliebtheit. Bei Luxusuhren sind die Umsätze im laufenden Jahr bereits Ende November über dem Niveau von 2019.

 

Garantie zurückbehalten

Oliver Müller vom Beratungsunternehmen Luxeconsult hält fest: «Luxusuhren haben einen neuen Status bekommen. Gewisse Marken wie Patek Philippe, ­Audemars Piguet oder Rolex haben zusätzlich zum Kultstatus den Wert eines Spekulationsobjektes bekommen.»

Aufgrund der grossen Nachfrage und des begrenzten Kontingents führen viele Händler neuerdings keine Wunsch- und Wartelisten mehr. «Allerdings nutzen einige Spekulanten diese Situation aus und versuchen, solche raren Objekte zu einem überhöhten Preis zu verkaufen», sagt Hilbich. Ein Beispiel: Eine Rolex GMT II kostet im Laden derzeit 9200 Franken. Sie wird laut Hilbich im Internet teilweise für über 20 000 Franken angeboten. Bertschy von der Bank Vontobel weiss von Modellen, die für drei- bis viermal höhere Preise verkauft werden als der Ladenpreis. Genau diesen Schwarzmarkt wollen die Händler nun unterbinden.

Zigerli + Iff in Bern hat einen Weg gefunden, um gegen diesen Markt anzukämpfen. Hilbich sagt: «Um der unerfreulichen und negativen Entwicklung mit dem Graumarkt entgegenzuwirken, wird bei raren Uhren die Garantie befristet bei uns einbehalten und erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgehändigt.» Für Trägerinnen und Träger der ­Uhren sei dies kein Problem. Spekulanten hätten es aber schwerer, die Uhren schnell weiterzuverkaufen.

Der Schmuckhändler Bucherer geht einen anderen Weg. Peter von Gunten, Direktor der Berner Niederlassung, sagt, dass die Angestellten den Markt im Internet überwachen: «Wir haben schon im Internet Uhren zurückgekauft, um zu sehen, wer der Verkäufer ist.» Wer eine bei Bucherer gekaufte Uhr kurz danach zu sehr hohen Preisen verkaufe, werde in der Schweiz vorläufig für den Bezug von weiteren Uhren gesperrt.

 

Viele Produktionsschritte

Rolex hat sich selbst einen Qualitätsanspruch auferlegt und liess sich in seiner 116-jährigen Firmengeschichte kaum zu leichtfertigen Entscheidungen hinreissen. Sogar während der grössten Krise der Luxusuhren, beim Siegeszug des Quarz-Werks in den 1980er-Jahren, setzte Rolex auf stoisch laufende mechanische Werke.

Teilweise ist es schlicht das viele vorhandene Geld, das die Preise hebt. Aber die Hersteller sind auch geübt darin, ihre Uhren besonders begehrenswert zu machen. Bei neuen Uhren etwa ist die Limitierung eine beliebte Strategie, um bei der Kundschaft eine Konsumdringlichkeit auszulösen. In der Uhrenbranche ist es ein offenes Geheimnis, dass Rolex gewisse Modelle bewusst verknappt. Rolex gilt als sehr verschwiegen und publiziert keine Geschäftszahlen. Das Unternehmen stellt nach Schätzungen von Juwelieren rund 800 000 Uhren im Jahr her und erwirtschaftet einen Umsatz von rund 5,1 Milliarden Franken.

Derzeit sieht es nicht danach aus, als ob sich die Preise bei Uhren rasch beruhigen würden. Zu viel Geld und wohl auch zunehmend Spekulation wirken weiter preistreibend. Laut der NZZ wurden beispielsweise kürzlich an einer Versteigerung von 166 Uhren, die das Auktionshaus Phillips zusammen mit Bacs & Russo in New York durchgeführt hatte, Preise gelöst, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wären. Siebenstellig war der Preis beispielsweise auch bei einer seltenen Rolex Daytona aus dem Jahr 1969 (1,24 Millionen US-Dollar).

Eine Rolex-Uhr ist das Ergebnis von mindestens 500 Produktionsschritten, von denen für viele immer noch Handarbeit notwendig ist. Und trotzdem ist sie mehr als die Summe ihrer Präzisionsteile. Der Name setzt bei manchen Emotionen frei, nicht nur bei denen, die die Uhren begehren, sondern auch bei jenen, die sie aus Prinzip ablehnen.

Stichwörter: Luxus, Uhren, Schmuck, Wirtschaft

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