Tobias Graden
Es war immer bekannt, dass der Schritt dereinst erfolgen würde. Nun ist es so weit:Michael Pieper, der Grossaktionär von Feintool mit einem Anteil von knapp 80 Prozent, wird seine Beteiligung an der Lysser Technologiegruppe reduzieren. In einem ersten Schritt wird Piepers Artemis Beteiligungen IIIAG die Beteiligung auf 50,1 Prozent reduzieren. «Es ist das Ziel von Feintool, zu einem grösseren Streubesitz zu kommen», sagt Sprecherin Karin Labhart, «das funktioniert nur, wenn der Grossaktionär seinen Anteil reduziert.» Dieses Vorgehen hat Feintool in den letzten Monaten öfters angekündigt, offen blieb jeweils der Zeitpunkt.
Mit dem Aktiensplit Mitte März wurden aber Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich auch Kleinaktionäre wieder leichter am Unternehmen beteiligen können. Dies wird nun auch damit erleichtert, als dass zusätzlich zu Piepers Aktien neue Feintool-Anteile auf den Markt kommen. Die Firma gibt gemäss gestriger Mitteilung bis zu 557871 neue Namenaktien mit einem Nennwert von je 10 Franken aus genehmigtem Kapital zum Bezug aus. So nimmt Feintool eine Kapital-erhöhung im Umfang von bis zu 45 Millionen Franken vor.
Wenn diese beiden Prozesse abgeschlossen sind, wird der Streubesitz, der so genannte «FreeFloat», nicht mehr nur neun Prozent wie heute, sondern um 40 Prozent betragen.
Vorteile des Streubesitzes
Warum ist es für ein Unter-nehmen wie Feintool überhaupt wichtig, einen gewissen Streubesitz in sinnvoller Höhe zu haben? Verkürzt gesagt geht es darum, die Vor- und Nachteile einer Börsenkotierung im Gleichgewicht zu halten. «Seit der Übernahme durch Michael Pieper hatten wir zwar den ganzen Aufwand und die damit verbundenen Kosten der Börsenkotierung», sagt Finanzchef Thomas F. Bögli, «konnten uns aber dennoch nicht über den Kapitalmarkt Geld beschaffen.» Denn einerseits waren im freien Handel gar nicht viele Feintool-Aktien erhältlich, anderseits waren diese für Anleger nicht sonderlich attraktiv – der Kurs bewegt sich bei geringem Handel nur wenig, und auf die Entscheide über den Gang des Unternehmens bestanden keine Einflussmöglichkeiten.
Der Aufwand einer Börsenkotierung ist dabei nicht zu unterschätzen. Die Firma muss ihre Rechnungslegung nach bestimmten Standards durchführen, sie ist zu regelmässigen Offenlegungen verpflichtet, und sie hat gesetz-liche Regelungen zu beachten, etwa was die Kommunikation betrifft.
(Noch) keine Übernahmen
Feintool wird aber auch das neue Kapital gut gebrauchen können. «Damit sinkt die Fremdverschuldung, und wir sind besser finanziert», sagt Finanzchef Bögli. Einsetzen wird Feintool das neue Kapital für weiteres Wachstum. Verwaltungsratspräsident Alexander von Witzleben wird in der Mitteilung dahingehend zitiert, dass mit der Kapitalerhöhung die Strategie der Fokussierung auf Feinschneiden und Umformen forgesetzt werde, «einhergehend mit umfangreichen Investitionen». Es lägen bereits «vielversprechende Anfragen aus den USA, China und Deutschland vor».
Sprecherin Karin Labhart präzisiert, dass es sich dabei bis heute nicht um Übernahmeprojekte handelt. Vielmehr werden an den bestehenden Produktionsstandorten in den genannten Ländern die Kapazitäten ausgebaut, da Grosskunden Interesse an einer vertieften Zusammenarbeit hätten. Insbesondere in den USA sei die Auftragslage sehr gut.
Rasches Verfahren
Wann genau die Ausgabe der Aktien erfolgt, wird noch nicht kommuniziert. Die definitiven Bedingungen und der Zeitplan würden im Juni kommuniziert, heisst es seitens Feintool. Klar ist der Ablauf: Auf Input der Analysten der involvierten Banken legen Feintool und die Artemis Beteiligungen III AG eine Preisspanne für die zu verkaufenden Aktien fest. Die Banken führen anschliessend ein so genanntes «book building» durch: Sie nehmen Kontakt mit potenziellen Investoren auf und führen Buch über deren Offerten. Nach bereits zehn Tagen ist diese Phase abgeschlossen. Voraussichtlich gegen Ende Juni müssen Feintool und Artemis entscheiden, ob die Aktien zu den gebotenen Preisen verkauft werden. Als Abnehmer für Piepers Anteile sieht Feintool laut Bögli vor allem grössere institutionelle Investoren, sicher aber sollen es Käufer aus der Schweiz, Deutschland oder dem europäischen Raum sein.
Die Phase gegen Ende Juni ist denn auch die Stunde der Wahrheit, wie der Markt den eingeschlagenen Weg von Feintool seit der Machtübernahme durch Pieper beurteilt.
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