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Klinik Linde: Ärzte wollen zur Hirslanden-Gruppe

Die Belegärzte der Klinik Linde haben sich am Montagabend getroffen. Sie werden grossmehrheitlich nicht dem Verwaltungsrat folgen. Verwaltungsratspräsident Kurt Aeberhard mag aber nicht von einem Graben sprechen. Und Hirslanden-CEO Ole Wiesinger verspricht Investitionen, sollte es zur Übernahme kommen.

Umworbenes Objekt: Der Bieterkampf um die Klinik Linde biegt auf die Zielgerade ein. Bild: Matthias Käser

Tobias Graden

Der Übernahmekampf um die Bieler Privatklinik Linde hat am Montagabend womöglich die entscheidende Wende genommen. Nach einer langen und kontrovers geführten Diskussion hat sich die Mehrheit der Belegärzte dafür ausgesprochen, die Aktien der Hirslanden-Gruppe zu verkaufen. Das «Bieler Tagblatt» hat mit zwei Belegärzten (Namen der Redaktion bekannt) gesprochen, die am Anlass teilgenommen haben. Sie haben unabhängig voneinander angegeben, dass sich in der Abstimmung gut drei Viertel der anwesenden Belegärzte für die Hirslanden-Gruppe ausgesprochen hätten. Eine auf die vertretenen Aktienstimmen bezogene Auswertung habe zu einem praktisch identischen Resultat geführt. Die Abstimmung wurde geheim durchgeführt, nach Angaben der befragten Ärzte lasse sich also nicht auf das Stimmverhalten einzelner Mitglieder schliessen. Dieses könnte darum interessant sein, weil die Belegärzte auch im Verwaltungsrat der Klinik vertreten sind – und sich der Verwaltungsrat bislang für das Übernahmeangebot von Swiss Medical Network (SMN) aussprach.
Die Belegärzte haben am Montagabend zudem entschieden, dass auch jene Ärzte ihre Aktien an Hirslanden verkaufen werden, die für das SMN-Angebot gestimmt haben. Das Ziel des Abends sei gewesen, die Ärtzeschaft zu einen. Zwar waren nicht ganz alle Belegärzte der Linde an der Versammlung anwesend. Jedoch haben die Anwesenden 18000 Aktien vertreten. Insgesamt gibt es 35000 Linde-Aktien. Das heisst:Wenn sich tatsächlich alle am Montag anwesenden Belegärzte so verhalten wie beschlossen, dann kommt das Angebot von Hirslanden zustande. Die Frist zum Andienen der Aktien ist der morgige Freitag, 22. Juni.

Gestern haben beide Interessenten ihre Angebote noch einmal erhöht. Am Morgen gab Hirslanden bekannt, verbindlich 3100 Franken pro Aktie zu bezahlen – am Freitag hatte das Angebot noch 3000 Franken betragen. Am Nachmittag zog dann SMN nach und zog gleich, «damit die Ärzte ihre Wahl nicht basierend auf finanzielle Überlegungen treffen müssen», wie es in der Mitteilung heisst. Beide Gruppen gewähren eine Nachfrist für Aktionäre, die ihre Aktien nicht bis morgen Freitag andienen. Diese Nachfrist gilt, wenn das jeweilige Angebot zustande kommt.

 

Kurt Aeberhard: «Einen Graben gibt es nicht»

«Das ist eine ausgesprochen spezielle Situation», sagt Kurt Aeber-hard, Verwaltungsratspräsident der Klinik Linde. Am Montagabend haben sich die Belegärzte (sie haben im Aktionariat die Mehrheit an der Klinik) getroffen und darüber abgestimmt, wem sie ihre Aktien verkaufen wollen. Sie haben sich dabei für die Hirslanden-Gruppe entschieden (vgl. Titelseite). Aussagen von Belegärzten, wonach ein Graben zwischen Verwaltungsrat und Ärzteschaft bestehe, tritt Aeberhard dezidiert entgegen:«Einen solchen Graben gibt es nicht.» Der Verwaltungsrat könne dieses nun erfolgte Signal aus der Ärzteschaft aber auch nicht negieren, so Aeberhard. Deshalb und im Lichte seiner Treuepfilcht habe er seine Haltung auf «neutral» gestellt. Nun gelte es den 22. Juni abzuwarten. «Ich hoffe, wir haben dann zum Wohle der Klinik Linde einen Entscheid», sagt Aeberhard, «denn darauf hat der Verwaltungsrat hingewirkt.» Die Situation sei zweifellos sehr herausfordernd für den Verwaltungsrat.

Das Modell, das der Verwaltungsrat mit SMN, der schweizweiten Nummer Zwei, entwickelt habe, weise eine «innere Logik» auf. Dass nun die Nummer Eins ein alternatives Geschäftsmodell anbietet, ermögliche den Ärzten die Chance der Wahl. Aeberhard betont erneut, dass der Bieterkampf nicht gesucht worden sei, sondern sich so ergeben habe.

Sollte der Fall eintreten, dass am 22. Juni keines der beiden Angebote die nötige Mehrheit erhält, wird der Verwaltungsrat in einer ausserordentlichen Sitzung das weitere Vorgehen beraten. Was er nach einer allfälligen Annahme des Hirslanden-Angebots tun werde, darüber macht Aeberhard keine Angaben. Sicher ist für ihn eines:«Beide Modelle werden die Linde in eine neue Dimension bringen. Sie wird in zwei Jahren noch einmal stärker dastehen als heute.»

 

Ole Wiesinger: «Die Ärzte sind unsere wichtigsten Partner»

Ole Wiesinger, in einigen Worten: Warum will Hirslanden die Bieler Klinik Linde kaufen?
Ole Wiesinger: Die Klinik Linde ist ideal positioniert, sie schliesst für uns eine strategische und geografische Lücke zwischen unseren Spitälern in Bern und Aarau. Die bauliche Infrastruktur und das ärztliche Angebotsspektrum der Linde sind hervorragend. Und schliesslich pflegen wir schon seit vielen Jahren in einigen Bereichen eine sehr stabile und gute Zusammenarbeit mit der Linde. Unsere Angebote in Bern und Aarau ergänzen sich mit jenem der Linde, es gibt auch Synergiemöglichkeiten; nicht nur auf der administrativen, sondern auch auf der medizinischen Ebene. Vermutlich hätte die Linde beispielsweise genug Fallzahlen, um in Biel ein eigenes Brustzentrum zu gründen. Sollte dies nicht möglich sein, ist auch eine standortübergreifende Zusammenarbeit möglich. Wir glauben also fest daran, zum Wachstum der Klinik Linde beitragen zu können.

Die Linde galt ja schon länger als «Perle in der Spitallandschaft». Warum hat Hirslanden das Interesse nicht schon vorher konkret publik gemacht, sondern erst nach Bekanntwerden des Angebots von Swiss Medical Network?
Wir beobachten die Linde schon viele Jahre und hatten auch guten Kontakt, der dann aber abgebrochen ist, auch weil die Ansprechpartner aufseiten der Linde geändert haben. Wir waren hier aber bisher nicht allzu offensiv, weil von der Linde bislang eher Signale ausgingen, die auf einen Alleingang hindeuteten. In gewisser Weise sind wir also vom Angebot von SMN überrascht worden, haben uns aber entschieden, darauf einzusteigen.

Hirslanden hat zuerst ein indikatives Angebot unterbreitet. Das Vorgehen wirkte fast ein bisschen überstürzt.
Das hat vielleicht von aussen so gewirkt, doch wir mussten uns ja auf die vorgegebene Agenda mit ihren Fristen einlassen. Wir mussten uns zwar anstrengen, doch es ging bisher ganz gut.

Der Verwaltungsrat der Linde bleibt aber bei seiner Position und empfiehlt weiterhin das SMN-Angebot zur Annahme. Was sagen Sie dazu?
Dazu kann ich relativ wenig sagen. Der Verwaltungsrat hält sich an die bestehenden Spielregeln und Kommunikationsvorgaben gemäss der offenbar bestehenden Transaktionsvereinbarung mit SMN. Wir nehmen das so, wie es ist.

Nähme man die offizielle Haltung des Linde-Verwaltungsrats zum Massstab, könnte man fast zur Annahme kommen, das Hirslanden-Angebot sei eine feindliche Übernahme.
Nichts läge uns ferner! Die Aktionäre sind zur Mehrheit Belegärzte, und diese sind unsere wichtigsten Partner, mit diesen Kollegen wollen wir auch weiterarbeiten. Unser Konzept soll entscheiden, nicht der Zeitdruck und auch nicht der letzte Franken Mehrpreis.

SMN hat für die Linde weitgehende Zusicherungen gemacht. Die Klinik soll das Zentrum eines Regionalnetzwerks werden. In den Hirslanden-Plänen scheint Biel bloss eine Ergänzung zum bestehenden Netz sein.
Es ist eine Ergänzung, das stimmt, aber das gilt für SMN gleichermassen. Wir sind aber sicher, dass die Linde im Dreieck unserer Spitäler in Aarau und Bern tatsächlich vom Netzwerk profitiert. Bereits heute werden Linde-Patienten, die intensivmedizinische Behandlung brauchen, bei uns in der Hirslanden-Klinik Beau-Site operiert. Solche Kooperationen werden wir weiter ausbauen, und wir werden neue Angebote in Biel platzieren. Wir sind überzeugt, für weiteres Wachstum sorgen zu können, sonst würden wir auch nicht einen solchen Preis anbieten. Wir glauben, dass die Linde noch viel Potenzial hat.

SMN will in den nächsten Jahren 25 Millionen Franken in die Klinik Linde investieren. Was ist in dieser Hinsicht von Hirslanden zu erwarten, können Sie auch eine Zahl nennen?
Üblicherweise investieren wir gruppenweit zehn Prozent des Umsatzes in unsere Einrichtungen. In Biel wären das also zehn Millionen Franken pro Jahr, auf fünf Jahre gerechnet wären es also 50 Millionen. Matchentscheidend ist aber nicht nur der absolute Betrag, sondern dass das Geld sinnvoll und zielgerichtet in das Wachstum investiert wird.

SMN gibt auch Bestandsgarantien für die Belegärzte ab und hält fest, dass diese auch künftig in die Führung der Klinik eingebunden seien. Wie sieht das bei Hirslanden aus?
Wie gesagt: Die Ärzte sind unsere wichtigsten Partner. Hirslanden ist nur darum so gross und erfolgreich geworden, weil wir mit den Belegärzten offenbar richtig umgehen. Das gilt für alle Spitäler, die wir akquiriert haben. Wir sind es gewohnt, mit Arztvertretungen partnerschaftlich zusammenzuarbeiten, das ist eine Grund-voraussetzung für erfolgreiches Spitalmanagement.

In der Hirslanden-Gruppe müsste die Linde aber stärker sparen, was Administration und Verwaltung betrifft, weil die Synergien stärker genutzt werden können.
Ich würde es anders ausdrücken: Wir haben ein realistisches Bild von der Zukunft. Wenn sich Spitäler nicht grösseren Gruppen anschliessen, wird es schwierig. Für Hirslanden heisst das: Wenn wir als Gruppe nicht in der Lage sind, für jede einzelne Einrichtung einen Mehrwert zu bieten, dann machen wir etwas falsch. Darum haben wir vor zehn Jahren begonnen, uns weg von einer Gruppe von Spitälern, hin zu einer Spitalgruppe zu entwickeln. Dazu gehört es, dass wir die Skaleneffekte zum wirtschaftlichen Vorteil der einzelnen Kliniken nutzen.

Hirslanden hat nun das Angebot finanziell noch einmal erhöht. Das wirkt fast ein bisschen so, als würden Sie der Überzeugungskraft der inhaltlichen Pläne doch nicht ganz trauen.
Ein wichtiger Punkt in unserem Angebot ist, dass es final und endgültig ist. Wir wollten ein letztes Mal aufzeigen: Wir meines es ernst, wir sind bereit, einen sehr guten Preis zu zahlen, doch nun muss das Konzept überzeugen. Wir werden das Angebot also auf keinen Fall noch einmal erhöhen, sondern wir glauben daran, dass wir der richtige Partner für die Linde sind.

Kommentare

ligerius47

Die Weisse Gilde plündert das Gesundheitssystem solange bis es kollabiert. Gegen die Gier der Ärtze nach immer mehr Geld gibt es kein Medikament. Chirurgen die mehr als 1 Million verdienen und nebenbei noch Werbung für Schlankheitsmittel machen sind das beste Beispiel. Zusammen mit den Juristen bilden sie eine Politische Macht im Parlament. Jede Gesundheitsreform wird scheitern den die Ärtze wollen den Fünfer und das Weggli.


manolo

liebe Ärzte, denkt bitte auch an das personal! bei Hirslanden würde vieles, das heute in jahrelangen Prozessen aufgebaut wurde,-vernichtet! die angestellten müssten einbussen in kauf nehmen! wollt ihr das?


Biennensis

"Auf einmal" geben die Ärzte bei den Verhandlungen (Übernahmekampf) den Tarif an. Fazit: Die Götter in Weiss lieben die Macht und vor allem das Geld! Genau aus diesem Grund steigen die Prämien der Krankenkassen jedes Jahr auf neue Rekordhöhen.


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