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Moutier

Mehr Maschinen, weniger Ertrag

Der Drehautomatenhersteller Tornos ist letztes Jahr deutlich in die roten Zahlen gerutscht, obwohl er in Stückzahlen besser verkaufte als im Jahr zuvor. Für die Zukunft sieht sich das Unternehmen aber gut aufgestellt.

Der Blick auf die Zahlen lässt sie die Stirn runzeln: CEP Michael Hauser, Finanzchef Bruno Edelmann und Verwaltungsratpräsident François Froté (v.l.) an der gestrigen Bilanzkonferenz. Stéphane Gerber
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Tobias Graden

François Froté gebraucht klare Worte: «Mit diesen Zahlen können wir absolut nicht zufrieden sein», sagt der Verwaltungsratspräsident von Tornos gestern an der Bilanzpressekonferenz in Zürich, «auch wenn wir ein sehr unvorteilhaftes Umfeld hatten.»

Tornos müsse in der Lage sein, unbesehen vom konjunkturellen Umfeld ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Dazu dient das im Strategieplan 2012 bis 2017 konsequent angestrebte Outsourcing. Doch letztes Jahr ist das dem Drehautomatenhersteller aus dem Berner Jura überhaupt nicht gelungen.

Ein Verlust auf Ebit-Stufe von drei Millionen Franken, ein Cash Drain von 15,6 Millionen Franken – damit kann sich der Verwaltungsratspräsident nicht zufriedengeben. Für die Finanzierung des Umlaufvermögens musste Tornos auf ein Darlehen von fünf Millionen Franken von den Grossaktionären zurückgreifen.

Unsicherheit in Autobranche

Das schlechte Ergebnis hat Gründe. Die Automobil-Zulieferindustrie wie auch die Uhrenbranche haben im letzten Jahr deutlich weniger Bestellungen getätigt. Das trifft Tornos besonders empfindlich, denn so sank der Absatz der hochwertigen Mehrspindelmaschinen, die in Moutier gefertigt werden.

Einen Teil der «Schuld» trägt dabei der grosse Abgasskandal. Tornos-Drehautomaten werden beispielsweise von Herstellern von Einspritzdüsen für Dieselmotoren gebraucht. Diese Firmen sahen sich plötzlich mit grosser Unsicherheit konfrontiert und verschoben Investitionsentscheide.

Aber auch das veränderte Marktverhalten von grossen Zulieferern der Automobilindustrie trug seinen Teil bei. Tier-1-Zulieferer träten am Markt zunehmend aggressiv auf, war an der Bilanzkonferenz am Rande zu erfahren, sie entzögen ihren Zulieferern Aufträge von einer Woche auf die andere – auch das trägt nicht zur Sicherheit von Investitionsentscheiden bei.

Die Uhrenindustrie, eine weitere wichtige Absatzbranche von Tornos, hatte 2016 bekanntermassen auch ihre Probleme. Tornos-Finanzchef Bruno Edelmann nennt als Faktoren die Anti-Korruptions- und die verschärfte Steuerpolitik in China, aber auch den Einfluss der Smartwatches auf das mittlere Preissegment der Schweizer Uhrenindustrie. Gleichwohl habe Tornos auch aus der Uhrenbranche interessante Neuaufträge erhalten. Diese betreffen zu einem guten Teil die neu entwickelte Maschine «SwissNano», von der letztes Jahr 80 Prozent mehr verkauft wurden also im Vorjahr.

Service wird zum Geschäft

In der Schweiz, vor allem aber in Frankreich, wo der Umsatz um 28 Prozent gesteigert wurde, hatte Tornos darum durchaus ein gutes Jahr. Das restliche Europa entwickelte sich jedoch rückläufig, Amerika zeigte sich zurückhaltend, Asien auch. Gleichwohl: In Stückzahlen verkaufte Tornos 2016 mehr Maschinen als im Vorjahr. Allerdings sank der Durchschnittspreis – weil die Kunden zunehmend auf die in Taiwan und China gefertigten Produkte des Basis- und Mittelsegments zurückgriffen. In diesem Segment stieg der Umsatz um 23 Prozent. Zunehmendes Potenzial sieht Tornos im Bereich Service, Ersatzteileverkauf und Überholung. Weltweit stehen immer mehr Tornos-Maschinen in Betrieb, das macht ihren Unterhalt zum einträglichen Geschäft – auch dies ist übrigens eines der formulierten Ziele der Strategie 2012 bis 2017. Der Bereich Service stieg denn auch im letzten Jahr um 6 Prozent.

Ausbau in Asien

Eigentlich ist Tornos nämlich gut unterwegs, wenn man das Unternehmen an den Zielen seiner 2012 gesetzten Strategie misst. CEO Michael Hauser zeigt die Fortschritte auf: Während vor fünf Jahren 98 Prozent der Maschinen in der Schweiz hergestellt wurden, sind es heute bloss noch 36 Prozent – der Rest entstammt den Werken in China und Taiwan. Tornos hat den Output um 66 Prozent gesteigert, dabei aber 22 Prozent der Stellen gestrichen (in Vollzeitäquivalenten).

Das Werk in China, das Tornos in einem Joint-Venture betreibt, hat eine Kapazität von 1000 Maschinen pro Jahr, 2016 verliessen 150 Exemplare die Fabrik – das Potenzial ist also noch gross. In Taiwan lässt sich die Kapazität ebenfalls leicht ausbauen; die Lieferketten seien gut ausgebaut, versichert Hauser. Für den Standort Moutier heisst das: Er dürfte auch künftig nicht wachsen, sondern eher noch kleiner werden. Letztes Jahr sind zehn Prozent der Stellen abgebaut worden, im Vergleich zum September 2012 sind es fast die Hälfte.

Alte Maschinen gefragt

Die Produktion der Komponenten neuer Maschinen ist mittlerweile fast gänzlich ausgelagert. Das hält die Strukturen bei Tornos schlank und soll es eben ermöglichen, auch in Zeiten geringen Bestellungseingangs ausgeglichene Zahlen zu schreiben. 2016 kam dieser Effekt allerdings noch nicht ganz zum Tragen, da Kunden weiterhin auch ältere Maschinen bestellten, für die weiterhin auch Teile in Moutier hergestellt werden. «Angesichts der Konjunkturlage konnten wir es uns gar nicht leisten, diese Anfragen abzulehnen», sagt Michael Hauser. Künftig aber werde, was die Produktion betrifft, nur noch eine Prototypenfertigung in der Schweiz behalten, mit der Schlüsselkomponenten hergestellt werden können, sodass Tornos im Bedarfsfall nicht gänzlich abhängig ist von den Zulieferern.

«Keine Visibilität»

Der Umbau des Produktportfolios jedenfalls sei auch 2016 weiter fortgeschritten. Spätestens Ende 2018 soll er ganz abgeschlossen sein, dann wird Tornos nur noch die Automaten neuer Generation anbieten. Dieser Umbau der Fertigung verringert auch die Durchlaufzeiten: Dauerte es 2015 im Schnitt noch 11,54 Tage, bis eine Maschine fertig war, so waren es letztes Jahr noch 7,48. Hauser sagt dazu: «Wir sind für eine Steigerung der Nachfrage gerüstet und müssen dazu nicht erst neue Leute einstellen.»

Der Ausblick auf kurze Zeit ist gleichwohl äusserst schwierig. Tornos verzichtet darauf, Zielzahlen für nächstes Jahr zu nennen. «Wir haben einfach keine Visibilität», sagt CEO Michael Hauser. Die letzten Monate zeigten jedoch einen psoitiven Auftragseingang.

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Ausgewählte Kennzahlen

2016 in Mio. 2015 in Mio. Veränderung in %

Nettoumsatz 136,2 164,0 -16,9

Auftragseingang 133,5 160,0 -16,6

Ergebnis EBITDA -0,3 4,9 k.A.

Ergebnis Ebit -3,0 2,4 k.A.

Nettoergebnis -3,6 -0,9 k.A.

Free Cashflow -15,6 -2,3 k.A.

Eigenkapital 80,3 84,1 -4,5

- in % der Bilanzsumme 62,6 59,7

Mitarbeitende (FTE) 631 657 -4,0

(Zahlen gerundet auf 0,1 Mio)

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