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Messebetreiberin ist im Krisenmodus

Das Basler Unternehmen MCH Group erwartet für 2018 einen markanten Verlust, möglich ist gar ein 
Stellenabbau. Für den im August per sofort freigestellten Chef springt vorübergehend der ehemalige Davidoff-Chef ein.

Grund für die Verluste sind unter anderem hohe Abschreibungen fürs Messegebäude. Bild: Alamy Stock Photo

Christoph Hirter und 
Christian Egli

Die Krise der Messebetreiberin MCH Group ist eng mit ihrem ehemaligen Chef René Kamm verknüpft, der fast zwanzig Jahre das Unternehmen leitete. Unter ihm stieg die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld zur Weltmesse empor – und durchlebte in den vergangenen Jahren ihre schwersten Zeiten, als das klassische Geschäft unter anderem durch digitale Vertriebskanäle unter Druck geriet. Die Zahl der vertretenen Marken ging von 1500 auf 650 zurück. Im August wurde René Kamm per sofort freigestellt. Die Probleme haben sich derweil nicht in Luft aufgelöst: Der Gewinn sank im Halbjahr um 17 Prozent auf 21,9 Millionen Franken, was auf den Niedergang der Baselworld zurückzuführen ist.

In der Zwischenzeit ist es der Messeleitung auch nicht gelungen, die aufgebrachte Kundschaft zu beruhigen. Georges Kern, Chef der Traditionsmarke Breitling, sagte dieser Zeitung vor wenigen Tagen, dass er noch nicht wisse, ob Breitling im Jahr 2020 teilnehmen werde, und erklärte: «Ich brauche keine Messe, um Uhren zu verkaufen.» Ein Austausch zwischen dem Uhrenchef und der Messe hat offenbar nicht stattgefunden: «Herr Kern hat uns bisher nicht darüber informiert», sagte Ulrich Vischer gestern. Er ist Präsident der MCH Group. Vom Courant normal ist man noch weit entfernt.

 

Hohe Abschreibungen
Vischer ist sich bewusst, dass sich die Messe bewegen muss: «Die Kosten sind für die Aussteller insgesamt zu hoch. Das betrifft nicht nur die Standmieten, sondern den ganzen Aufwand für eine Messebeteiligung – von den Standbauten über die Personalkosten bis hin zu den Übernachtungen.» In der Folge soll es für die Aussteller in den nächsten Jahren unter anderem zu Preissenkungen kommen. Doch der Schaden, den unter anderem der Rückzug von Swatch hinterlässt, kann so schnell nicht geradegebogen werden: Für das Finanzjahr 2018 wird ein dreistelliger Millionenverlust erwartet, wie das Unternehmen gestern bekannt gab. Auch in diesem Jahr ist der Hauptgrund eine hohe Wertberichtigung auf dem Messegebäude. Bereits im Vorjahr musste das Unternehmen über 100 Millionen Franken abschreiben. Ausserdem wird das zweite Halbjahr noch schwächer ausfallen, weil zwei Messen vom Herbst ins Frühjahr 2019 verschoben werden mussten.

Für die Eigentümer sind das keine erfreulichen Nachrichten: Die Kantone Zürich, Basel-Stadt und Basel-Landschaft sowie die Stadt Zürich halten zusammen 
49 Prozent des Aktienkapitals und sind entsprechend im Verwaltungsrat vertreten. Unter der Leitung Ulrich Vischers wurden in den vergangenen Wochen Reformen angestossen. So soll die Organisation gestrafft werden. Ob es dabei zu einem Stellenabbau kommt, konnte Vischer nicht sagen.

Die nächsten Schritte im Transformationsprozess soll ab sofort Hans-Kristian Hoejsgaard leiten. Der 60-Jährige wird die operative Leitung bis zur definitiven Neubesetzung innehaben.

Hoejsgaard ist kein Unbekannter. Der Däne führte mit Oettinger Davidoff bereits eine andere internationale Basler Firma – während fast sieben Jahren, bis es im August 2017 zum grossen Knall kam. Der Zigarrenkonzern trennte sich damals unerwartet sowohl von Hoejsgaard als auch vom damaligen Präsidenten. Zu den Gründen der Trennung schweigen alle Beteiligten bis heute. Die Umstände lassen darauf schliessen, dass es zu einem Zerwürfnis zwischen den Besitzerfamilien und dem Führungsduo gekommen war.

Die MCH Group macht sich nun kurzfristig zunutze, dass Hoejsgaard das Unternehmen von seinen früheren Funktionen bei Davidoff, der LVHM-Gruppe oder dem Uhrenhersteller Timex Group kennt – sowohl aus Sicht der Aussteller als auch der Sponsoren. Hoejsgaard entspricht genau dem Profil des zukünftigen Chefs, fällt jedoch als Kandidat ausser Traktanden. «Herr Hoejsgaard wird aus Altersgründen definitiv nicht neuer CEO werden», bestätigte Vischer.

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